Lesungen Das Mädchen mit den Orangenpapieren
Berlin ist zu groß für Berlin

Hanns Zischler liest Auszüge seiner beiden, vor kurzem in französischer Übersetzung erschienenen Bücher.
 
Moderation durch Jean-Philippe Rossignol, Schriftsteller und Literaturkritiker

Das Mädchen mit den Orangenpapieren
Verlag Christian Bourgeois, 2016
 
Es ist eine Geschichte, so zart, schimmernd und fragil wie ein Orangenpapier: Sie handelt von Elsa, einem Mädchen, das es Mitte der 50er-Jahre mit seinem Vater von Dresden nach Bayern verschlagen hat. Auf die Idee, Orangenpapiere zu sammeln, hat Kapuste, Elsas Lehrer sie gebracht. Vielleicht, weil er ahnt, dass sie einen Fluchtpunkt benötigt, und eine Brücke, um mit anderen über die Dinge zu sprechen, die sie tief in sich verschlossen hält. Als eine Neue in die Klasse kommt, beginnt für Elsa – langsam und tastend – ein Aufbruch.
Hanns Zischlers Erzählung ist ein literarisches Kleinod von enormer erzählerischer Kraft. Durch die Genauigkeit der Beobachtung und die Konzentration auf das Einzelne gelingt es Hanns Zischler, die Atmosphäre einer Zeit einzufangen, in der sich – trotz Traumatisierung und Verlust – eine tiefe Würde und Stärke verbarg.
 

Berlin ist zu groß für Berlin
Verlag Macula, 2016
 
Seit gut vierzig Jahren bewegt sich Hanns Zischler fast ausschließlich zu Fuß, mit dem Fahrrad oder der S-Bahn durch Berlin. Kein Wunder, dass er einen ganz eigenen Blick auf die Stadt und ihre Geschichte entwickelt hat. Da ist vor allem eine Beobachtung: Zu der Stadt, die einst auf Sand und Sumpf gebaut wurde, gehört seit je eine gewisse Mischung aus Ausdehnungshunger, Größenwahn und Lust an der Selbstzerstörung.

Hanns Zischler entführt seine Leser in ein weniger bekanntes Berlin, wenn er seine Spaziergänge mit denen des Stadtgeografen Friedrich Leyden, der Dichterin Gertrud Kolmar und des Passfälschers Oskar Huth verschränkt und dank der Aufzeichnungen der drei Stadtwanderer ein untergegangenes Berlin aufspürt.

Er macht den Geist und die Geschichte der Stadt spürbar, wenn er auf den Teufelsberg im Grunewald wandert, an dessen Erde man nur leicht graben muss, um auf Scherben, Zinkblech und Klinker zu stoßen - Reste von Berliner Mietshäusern. Wer weiß schon, dass im Inneren des Teufelsbergs ein noch viel größeres Geheimnis schlummert?
 

Zurück