Berlinale Blogger 2018
Schwarze Frauen bei der Berlinale – Psychische Krankheiten

Our Madness
© Sabine Lancelin

Im finalen Beitrag ihrer Artikelserie zu schwarzen Frauen im Film nimmt unsere Bloggerin die Darstellung psychischer Erkrankungen unter die Lupe.

Als Berlinale-Bloggerin für das Goethe-Institut wurde ich ermutigt, nicht nur über die Filme meiner Heimat Großbritannien zu schreiben, sondern auch über Themen, die mir wichtig sind. Angefangen mit meiner Analyse von Game Girls, widme ich mich Filmen, bei denen es um das Leben schwarzer Frauen geht. Es ist sehr selten der Fall, dass man so viele interessante und dynamische Produktionen zu dem Thema sehen kann wie hier auf der Berlinale. Ich werde mich dem Artikel in zwei Teilen widmen: Geschlecht und Sexualität auf der einen, Familieund geistige Gesundheit auf der anderen Seite. Außerdem hatte ich das Glück, die Regisseurin von Shakedown, Leilah Wenraub zu interviewen.

In diesem Artikel geht es darum, wie psychische Erkrankungen schwarzer Frauen in Berlinale-Filmen dargestellt werden, und zwar in den Filmen Our Madness und Madeline’s Madeline.

Our Madness

Our Madness war der erste Film, den ich auf der Berlinale gesehen habe, daher erinnere ich mich nur noch schemenhaft an die Einzelheiten. Ich glaube aber auch, dass das so gewollt ist – der Film ist diffus, experimentell und ohne wirklichen Erzählstrang, man bekommt Bilder von verlassenen Kinos voller Ziegen zu sehen oder vom Opfer eines Verbrechens mit sauber aufgeschnittenem Brustkorb. Das Ganze surreal zu nennen, wäre noch untertrieben.
 
Das Experimentelle an Our Madness ist bewundernswert, aber ich hätte doch gerne mehr, nun ja, Madness, also Verrücktheit, gesehen, immerhin beginnt der Film ja in einer psychiatrischen Klinik für afrikanische Frauen. Den Frauen werden jedoch weder Namen noch Persönlichkeiten zugestanden, sie sind als namenlose Masse dargestellt. Warum sie dort eingesperrt sind, wird nicht klar.
 
Der Film nimmt eine interessante Wendung, als die Protagonistin flieht und ihren Mann und Sohn aufsucht. Aber wie schon gesagt, geht der Film hier ins Experimentelle über und der Großteil des Erzählstrangs fällt weg.
 
Our Madness ist optisch beeindruckend aber ich hätte viel lieber einen Film gesehen, der sich mit der Sexualität seiner Protagonistin wirklich auseinandersetzt.

Madeline’s Madeline

Madeline’s Madeline © Ashley Connor
Im Gegensatz zu Our Madness gelingt es Madeline’s Madeline, erzählendes und experimentelles Filmemachen miteinander zu verknüpfen. So entsteht ein überzeugendes und ergreifendes Porträt eines jungen schwarzen Mädchens, das unter einer unbestimmten psychischen Krankheit leidet. Gespielt wird sie von Helena Howard, einem Nachwuchstalent, deren schauspielerische Leistung ähnlich direkt und ungeschliffen ist, wie man es von Gena Rowlands kennt. Der Film ergründet, was in Madelines Psyche vor sich geht, als sie beginnt, in der Theatergruppe von Evangeline, einer sehr starken Persönlichkeit, mitzuwirken.
 
Das Besondere an Madeline’s Madeline ist, dass wir zwar wissen, dass mit Madeline etwas nicht stimmt, aber nicht genau bestimmen können, was es ist. Das Rätsel um Madelines Zustand wird durch ihre überängstliche Mutter (Miranda July, zur Abwechslung mal nicht unter eigener Regie) noch verstärkt, oft erscheint sie genauso “verrückt” wie Madeline.
 
Die Stimmung spielt in diesem Film eine zentrale Rolle – Decker lässt ein Unbehagen entstehen, das sich durch den ganzen Film zieht, selbst durch die lichteren Momente. Im Laufe des Films verwandelt Madeline sich in eine Katze, eine Schildkröte, ein Schwein – und nie wissen wir mit Sicherheit, was echt ist. Decker hat einen anregenden Film gemacht, der einen bitter nötigen Einblick in die Welt eines psychisch kranken schwarzen Mädchens gibt – ohne dabei je herablassend oder unrealistisch zu werden.