Jakob Hein: Kaltes Wasser

Jakob Hein: Kaltes Wasser @ Kiepenheuer & Witsch

Di, 05.12.2017

18:30 Uhr

Goethe-Institut Glasgow

Wir laden alle Literaturfreunde ein, mit uns das Buch 'Kaltes Wasser' von Jakob Hein zu diskutieren.  Bücher können vorab in unserer Bibliothek erworben werden.

Als hätten sich Felix Krull und Zelig zusammengetan, um Berlin aufzumischen.

Friedrich Benders Elternhaus ist nicht eben das spannendste. Und eine Jugend in der DDR nicht unbedingt ein wildes Abenteuer. Aber es kommt Farbe in die Sache, als Friedrich im Ferienlager mit der Tochter von englischen Kommunisten anbandelt, die nicht nur Westlerin ist, sondern – Gipfel der Verruchtheit! – auch noch Punk. In den Augen seiner Mitschüler macht ihn das zum neidisch beäugten Star. Der kleine Haken: Die Punklady gibt es gar nicht. Friedrich Bender hat sie sich nur ausgedacht. Weil das aber niemand wissen muss, besorgt er sich beim Briefmarkenhändler in Berlin-Lichtenberg englische Briefmarken und bekommt nun regelmäßig Post von der Insel.

Auch die unglaublichen Erfolge des Sozialismus, die er als Agitator täglich vor der Klasse vermelden soll, hat er etwas aufgeschönt oder gleich glatt erfunden.

Und während die Wende seine linientreuen Eltern und die meisten seiner Klassenkameraden in jahrelange Schockstarre versetzt, begreift Friedrich die neuen Regeln schnell: Schon bald findet man den Jungen mit dem kreativen Verhältnis zur Realität bei den Wechselstuben am Bahnhof Zoo, wo er sich ein mehr als sattes Startkapital beschafft. Als Student schrecken ihn überfüllte Hörsäle und zähe Seminare dermaßen ab, dass er sich einen anderen Weg ausdenkt, zum schnellen Studienabschluss zu kommen. Und im Berufsleben des kapitalistischen Westens scheinen Friedrich dann gar keine Grenzen mehr gesetzt ...

Jakob Hein hat einen grandiosen Schelmenroman über einen Ostler geschrieben, der der bessere Westler ist. Aber auch über jemanden, der mit erfundenen Geschichten so lange vor sich selbst davonläuft, bis nichts mehr von ihm da ist.

Jakob Hein, geboren 1971 in Leipzig, lebt seit 1972 mit seiner Familie in Berlin. Er arbeitet als Psychiater. Seit 1998 Mitglied der »Reformbühne Heim und Welt«. Er hat inzwischen 15 Bücher veröffentlicht, darunter Mein erstes T-Shirt (2001), Herr Jensen steigt aus (2006), Wurst und Wahn (2011) sowie zuletzt den Roman Kaltes Wasser (2016).

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