Filmvorführung Christian Alvart: Freies Land

Blick auf eine Seelandschaft Christian Alvart: Free Country

Mi, 25.01.2023

19:00 Uhr

Goethe-Institut London

Goethe-Kino (Kinovorführung)

Wir beginnen das neue Goethe-Kino-Jahr mit einem Stück Genre-Kino, einem Thriller, der 1992 in der kargen Winterlandschaft Mecklenburg-Vorpommerns im Nordosten Deutschlands spielt. Nachdem er den Bruder seines Vorgesetzten wegen Kokainbesitzes verhaftet hat, wird Kommissar Patrick Stein von Hamburg in die Kleinstadt Löwitz unweit der polnischen Grenze geschickt. Zwei Mädchen im Teenageralter sind verschwunden, und zusammen mit seinem ostdeutschen Kollegen Markus Bach soll er herausfinden, was mit ihnen geschehen ist. Ihre Ermittlungen führen sie bald auf die Spur einer ganzen Reihe von Verbrechen und bringen sie zunehmend in Gefahr.

Freies Land ist ein Remake des spanischen Thrillers La isla mínima (Mörderland) von Alberto Rodriguez aus dem Jahr 2014, der in den Jahren nach der Franco-Diktatur spielt und eine von den gegensätzlichen Kräften des alten und des neuen Systems zermarterte Gesellschaft portraitiert. In ähnlicher Weise siedelt Christan Alvart seine Geschichte inmitten einer Gemeinschaft an, wo Enttäuschung und Misstrauen die Aufbruchsstimmung verdrängt haben, die nach der Wiedervereinigung drei Jahre vorher im Osten herrschte. Die ältere Generation kann kaum ihren Lebensunterhalt bestreiten, die Jüngeren ziehen weg, um anderswo Arbeit zu finden. Polnische Wanderarbeiter werden angefeindet, weil sie angeblich die Jobs wegnehmen.

Alvart gibt uns Zeit, eine Reihe dieser an den gesellschaftlichen Rand gedrängten Charaktere kennenzulernen. Dabei wechselt er nie in einen sozialrealistischen Modus, sondern behält konsequent einen gewissen Grad von Stilisierung bei und schafft eine Atmosphäre, die so eisig ist, wie die Winterluft und so bedrückend wie die braune Palette der Marschlandschaft, deren Weite wir immer wieder aus der Luft aufgenommen vorbeigleiten sehen. Obwohl die zwei Kommissare beide entschlossen zu sein scheinen, den Fall zu lösen, basiert ein Großteil der Spannung des Films auf dem zugrunde liegenden Misstrauen zwischen den beiden Männern. Auf Steins Seite wird dieses durch Bachs brutale Befragungsmethoden und Informationen, die er über dessen Stasi-Vergangenheit erhält, genährt. Aber ganz Geist des Noir-Genres lässt der Film auch Stein von seinem Moralkodex abweichen, und deutet von Anfang an, dass das System, das ihn in den Osten geschickt hat, ebenfalls korrupt ist.

Deutschland 2020, Farbe, 129 Min. Mit englischen Untertiteln.
Regie: Christian Alvart. Mit Trystan Pütter, Felix Kramer, Ludwig Simon, Nora von Waldstätten, Leonard Kunz, Hanna Hilsdorf, Marc Limpach, Jean Denis Römer, Alva Schäfer, Uwe Dag Berlin, Asia Luna Mohmand, Alexander Radszun, Michael Specht, Hirschfeld Nurit

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Christian Alvart wurde 1974 in Seeheim-Jugenheim in Hessen geboren. Während der Kindheit und Jugend filmte er auf Super-8 und Video. Zusammen mit einem Kreis filmbegeisterter Geeks gründet er das Filmmagazin X-TRO, dessen Chefredakteur er mit 19 Jahren wurde. Alvart besuchte nie eine Filmhochschule und brachte sich das Regiehandwerk als Assistent in verschiedenen Funktionen bei.  1997 gründete er seine Produktionsfirma Syrreal Entertainment mit Sitz in Berlin und gab sein Spielfilm-Debüt 1999 mit Curiosity Killed the Cat, der für den Max Ophüls Preis nominiert wurde.

Nach seinem zweiten Spielfilm Antikörper (2005) wechselte er nach Hollywood, wo er 2007 für Paramount den Horror-Thriller Fall 39 mit Renée Zellweger und Bradley Cooper sowie 2008 den Science-Fiction-Thriller Pandorum mit Dennis Quaid und Ben Foster inszenierte. Zurück in Deutschland arbeitete Alvart als Tatort-Regisseur an zwei hochgelobten Borowski-Einsätzen und wurde 2012 als Regisseur für die Tatorte mit Til Schweiger als Kommissar engagiert. Sein Thriller Banklady kam 2013 ins Kino. 2015 folgte die Buddy-Komödie Halbe Brüder und 2016 der Kino-Tatort Tschiller: Off Duty.

2018 demonstriert Christian Alvart seine Begeisterung für das Genrekino erneut in der Verfilmung des Psychothrillers Abgeschnitten der Erfolgsautoren Sebastian Fitzek und Michael Tsokos sowie der Inszenierung des Thrillers Steig.Nicht.Aus!. Ebenfalls seit 2018 ist Dogs of Berlin auf Netflix abrufbar. Eine düstere 10-teilige Serie, in der Alvart als Showrunner zwei Polizisten in den Abgründen der komplexen Berliner Unterwelt ermitteln lässt. Es folgten zwei Staffeln der Serie Sløborn. Außerdem arbeitet er u.a. an einer Realverfilmung der Serie Captain Future, deren weltweite Rechte Alvart mit seiner Produktionsfirma erworben hat. Christian Alvart hat drei Söhne und eine Tochter und lebt in Berlin. (Quelle: Presseheft, editiert.)
 

 

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