Goethe-Kino (Online - Nur in Großbritannien verfügbar)
Der zweiundzwanzigjährige Rüdi führt ein Doppelleben. Tagsüber trägt er einen Anzug und arbeitet in einer Bank, in seiner Freizeit hängt er mit seinen eher ungeschliffenen Motorrad-Freunden ab. Er hat damit kein Problem, aber seine "Rocker"-Kumpel betrachten den Anzug eher mit Skepsis, während seine Bankkolleg*innen den Alkohol in seinem Atem missbilligen. Aber Rüdi ist ein cleverer Mitarbeiter, den eine Nacht ohne Schlaf nicht davon abhält, eintönige Aufgaben rund um Zinsen und Dividenden abzuwickeln. Das kommt ihm sehr gelegen, als sein Freund Toby ihm die existenzielle Frage stellt, ob er seinen Job mag und sein Leben lang arbeiten will. „Nicht wirklich“, denkt Rüdi. Und noch mehr Nachdenken führt ihn zu einem Plan, der eine Lücke im Bankensystem ausnutzt, die ihm und seinen Kumpels Millionen einbringen könnten - kein Raubüberfall, sondern ein Coup, der u.a. kleine Stapel von Coupons und Nummernkonten in Luxemburg involviert und es notwendig macht, dass auch seine Rockerkumpel in einen Anzug schlüpfen.
Der vom Dokumentarfilm kommende Regisseur Sven O. Hill ließ sich von der kaum bekannten wahren Geschichte eines jungen Mannes in Hamburg inspirieren, der die Bank, für die er arbeitete, um 2,5 Millionen DM betrog. Hills Interviews mit diesem Bankangestellten, den wir am Anfang und am Ende des Films sehen, bilden den laufenden Kommentar zu der fiktiven Rekonstruktion seiner Geschichte mit Hilfe einer äußerst liebenswerten Besetzung. Der unaufgeregte Erzählstil und der norddeutsche Akzent des mittlerweile über 50-Jährigen gehen Hand in Hand mit dem trockenen Bildwitz des Films. Aki Kaurismaki kommt einem in den Sinn. Ein begrenztes Budget mag das auf wenige Versatzstücke reduzierte 1980er-Jahre-Ambiente und den Einsatz von animierten Sequenzen zur Zusammenfassung von Teilen der Geschichte inspiriert haben. Aber was auch immer Hill eingesetzt hat, um Geld zu sparen, dieser unprätentiöse Film hat nur davon profitiert.
Deutschland 2019, 121 Min. Mit englischen Untertiteln.
Regie und Buch von Sven O. Hill. Mit Daniel Michel, Tomasz Robak, Paula Kalenberg, Rocko Schamoni, Leonard Kunz.
Bitte beachten Sie, dass dieser Film nur in Großbritannien verfügbar ist.
Sven O. Hill, geboren 1975 in Düsseldorf, studierte Dokumentarfilm und Kamera an der Filmhochschule FAMU in Prag, gefolgt von einem Aufbaustudium Film in Hamburg. Als Kameramann war er an zahlreichen Kurz-Spielfilmen und Dokumentarfilmen beteiligt. Für die Bildgestaltung bei dem Dokumentarfilm Kopfende Haßloch (2006, Regie: Jörg Haaßengier und Jürgen Brügger) war er für den Deutschen Kamerapreis nominiert.
Sein Regiedebüt gab Hill 2009 mit dem Dokumentarfilm The Sound After the Storm (zusammen mit Ryan Fenson-Hood und Patrik Soergel), einer schweizerisch-deutschen Koproduktion. Hill zeichnete sich auch für die Kamera verantwortlich. Beim Zürich Film Festival 2009 wurde der Film als Bester Internationaler Dokumentarfilm ausgezeichnet.
Trotz dieses Erfolgs konzentrierte Hill sich in den nächsten Jahren wieder auf die Arbeit als Kameramann. Mit Haaßengier und Brügger drehte er die teils preisgekrönten Dokumentarfilme Ausfahrt Eden (2010), Vom Ordnen der Dinge (2014) und Master of Disaster (2019). Parallel dazu realisierte er 2016 den sechsminütigen Kurz-Spielfilm Cocci und 2017 den Kurz-Dokumentarfilm Schnipsel, der beim Landshuter Kurzfilmfestival 2019 Premiere feierte.
Mit Coup drehte Sven O. Hill seinen ersten abendfüllenden Spielfilm, in Personalunion als Drehbuchautor, Regisseur, Mitproduzent, Kameramann und Editor (mit Hendrik Maximilian Schmitt). Die Premiere von Coup fand bei den Hofer Filmtagen 2019 statt. Dort gewann der Film den Förderpreis Neues Deutsches Kino. Beim Hessischen Film- und Kinopreis 2020 wurde Coup als Bester Spielfilm ausgezeichnet. (Quelle: filmportal.de)
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