Ulrike Ottinger: Chamissos Schatten

Chamissos Schatten Movie Still © Ulrike Ottinger Filmproduktion

Eine Filmreise zur Beringsee in drei Kapiteln

Ulrike Ottinger: Chamissos Schatten.
Eine Filmreise zur Beringsee in drei Kapiteln

Den Zeitplan finden Sie weiter unten auf dieser Seite.


Bekannt für so mutige und ausgefallene Filme wie Madame X (1978), Bildnis einer Trinkerin (1979) oder Freak Orlando (1981), hat Ulrike Ottinger seit vielen Jahren auch ein leidenschaftliches Interesse am Reisen und Erforschen von Alltag, Sitten, Mythen und Geschichten verschiedener Kulturen auf der ganzen Welt verfolgt, wie zum Beispiel in China (China. Die Künste – Der Alltag, 1995), Osteuropa (Südostpassage, 2002), Mongolei (Taiga, 1991/92) oder Korea (Die Koreanische Hochzeitstruhe, 2007).
Chamissos Schatten ist das Ergebnis einer der jüngsten Reisen Ottingers in den hohen Norden. 2014 reiste die Regisseurin, den Logbüchereinträgen und Texten von Entdeckern wie Adelbert von Chamisso, Georg Wilhelm Steller, James Cook und anderen folgend, zwischen Alaska und Kamtschatka und nördlich und südlich der Beringstraße. Selbst hinter der Kamera richtete sie ihren fotografisch geschulten Blick auf die Menschen und ihre täglichen Aktivitäten, auf Pflanzen und Tiere, atemberaubende Landschaften. Und da Ottinger auch zuhörte, ermöglicht uns der Film außerdem, die vielen lokalen Stimmen zu hören, die über das Hier und Jetzt ihres Lebens sprechen, während die Gedanken und Beschreibungen der alten Entdecker, die von Schauspielern gesprochen werden, oder auch Ottingers eigenen Beobachtungen, uns in die Vergangenheit führen und zur Reflexion anregen. Was wir sehen und hören, verschmilzt zu einem eindringlichen Essay darüber, wie sich politische Veränderungen und Machtverschiebungen in einer bestimmten Region ausgewirkt haben – eine Region, in der es trotz ihrer Abgeschiedenheit Unterdrückung und Versklavung gab, und in der ein massives politisches Ereignis, wie die russische Revolution, Traditionen in einem Teil des Landes ausgelöscht hat, während sie in anderen Teile sichtbar bleiben und wo heutige und altertümliche Lebensweisen nebeneinander existieren. In Chamissos Schatten spielt die Zeit eine entscheidende Rolle: Die unterschiedliche Zeit, die Ottinger und ihre Vorgänger für ihre Reisen benötigt haben, aber auch die Zeit, die zwischen diesen Expeditionen verstrichen ist, sowie die erwähnte Gleichzeitigkeit von vergangenen und gegenwärtigen Lebensstilen. Und dann ist da noch die Zeit, die man sich nehmen muss, um Chamissos Schatten zu sehen: 12 Stunden. Aber für einen Film, der, wie Stefanie Schulte Strathaus vom International Forum of Young Film es ausdrückte, die "nebeneinander existierenden Jahrhunderte" zeigt, der uns so Zeit gewinnt, sind 12 Stunden doch eigentlich recht kurz.


"Aber es kam auf dem sonnigen Sand an mir vorbei geglitten ein Menschenschatten, dem meinigen nicht unähnlich, welcher, allein daher wandelnd, von seinem Herrn abgekommen zu sein schien. Da erwachte in mir ein mächtiger Trieb: Schatten, dacht ich, suchst du deinen Herrn? Der will ich sein." (Aus Schlemihl von Adelbert von Chamisso)
 
Deutschland 2016, Farbe, 718 Min., DCP. Mit englischen Untertiteln.
Buch, Regie und Kamera: Ulrike Ottinger, Schnitt: Bettina Blickwede, Ton: Sascha Heiny, Produzentinnen und Produzenten: Ulrike Ottinger (Ulrike Ottinger Filmproduktion), Udo Bemer (Redaktion ZDF/3Sat), Jens Stubenrauch (Rundfunk Berlin-Brandenburg), Produktionsfirma: Ulrike Ottinger Filmproduktion (Berlin)


Als der Film 2016 auf der Berlinale uraufgeführt wurde, wurde er an einem Tag ab 9 Uhr morgens gezeigt. Hier in London werden die drei Teile über drei Tage gezeigt, wobei das längere Kapitel Zwei am zweiten Tag durch eine Pause unterbrochen wird.

Die Präsentation eines 12-stündigen Films erfordert immer Aufwand und in diesem Fall konnte dies nur durch die gemeinsame Anstrengung der folgenden Partner organisiert werden: Dem Birkbeck Institute for the Moving (BIMI), dem Centre for Research and Education in Arts and Media (CREAM), dem Goethe-Institut und LUX. Mit der Unterstützung des Open City Documentary Film Festival und in Verbindung mit dem German Screen Studies Network. Wir möchten außerdem dem Regent Street Cinema dafür danken, der Ort für dieses Unterfangen zu sein.

 

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