Pressefreiheit
Die Zukunft der Pressefreiheit in Deutschland

Bundestagsgebäude in Berlin mit Artikel 5 des Grundgesetzes.
Bundestagsgebäude in Berlin mit Artikel 5 des Grundgesetzes. | Foto (Ausschnitt): © Klaaschwotzer via Wikimedia.Commons, Lizenz Universal (CC0 1.0)

Eigentlich steht es um die Freiheit der Presse hierzulande nicht schlecht. Die Überwachung des Internets zeigt aber, dass staatliche Kontrolle die Pressefreiheit bedrohen kann – auch in Deutschland.

Wer erfahren will, wie es um die Pressefreiheit bestellt ist, liest am besten den jährlich von der Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) herausgegebenen Press Freedom Index, eine Art Rangliste der Medienfreiheit auf der Welt. Der Index wird seit 2002 veröffentlicht und listet gewalttätige Übergriffe auf Journalisten, Entführungen, Verhaftungen und Ermordungen auf. Der Index versucht aber auch weniger offensichtliche Maßnahmen gegen die Pressefreiheit in 179 Ländern aufzuzeigen, wie staatliche Einmischungen oder wirtschaftliche Zwänge. Aktuell steht Deutschland auf dem 17. Platz – eigentlich ein gutes Ergebnis.

Vorratsdatenspeicherung als Gefahr

Die größte Gefahr für die Pressefreiheit in Deutschland sieht ROG in der Überwachung des Internets und der Speicherung von Verbindungsdaten. Die Hintergründe des NSA-Skandals seien weltweit der schwerste Schlag gegen die Pressefreiheit in den vergangenen Jahren, sagt Christian Mihr, Geschäftsführer der Deutschen Sektion von ROG. Die allumfassende Überwachung des Internets drohe die Pressefreiheit auszuhöhlen. Im Fokus der Kritik von Christian Mihr steht für Deutschland dabei besonders die sogenannte Vorratsdatenspeicherung, die die schwarz-rote Regierung laut Koalitionsvertrag wieder einführen will. Ohne konkreten Verdacht dürften die Internet- und Telefonverbindungsdaten aller Bürger bis zu sechs Monaten gespeichert werden. Doch welcher Informant würde dann noch mit einem Journalisten Kontakt aufnehmen, wenn er befürchten muss, enttarnt zu werden, weil der Anruf oder die E-Mail zurückverfolgt werden kann? Deswegen fordert Mihr in der Debatte um ein neues Gesetz, Verbindungsdaten nicht pauschal zu speichern, sondern nur bei einem konkreten Verdacht.

Whistleblower

Whistleblower, die in kürzester Zeit hunderttausende Dokumente auf CDs brennen und an Journalisten weitergeben können, versetzen viele Staaten in große Sorge, glaubt Georg Mascolo, bis 2013 Chefredakteur des deutschen Nachrichtenmagazins Der Spiegel und einer der profiliertesten Investigativjournalisten Deutschlands. In den USA oder England wären Journalisten, die mit Material des Whistleblowers Edward Snowden gearbeitet hätten, politisch unter Druck gesetzt und kriminalisiert worden. In Deutschland sei eine ähnliche Entwicklung allerdings noch nicht zu erkennen. Zumal deutsche Journalisten im Bundesverfassungsgericht einen Verbündeten hätten.

Urteile für die Pressefreiheit

Tatsächlich hat das höchste deutsche Gericht in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder mit Grundsatzurteilen die Pressefreiheit gestärkt, zuletzt am 27. Februar 2007 mit dem sogenannten Cicero-Urteil. Ein freier Journalist hatte für einen Artikel aus vertraulichen Akten des Bundeskriminalamts zitiert. Daraufhin wurden das Büro des Journalisten sowie die Redaktionsräume des Magazins Cicero, für das er arbeitete, durchsucht. Die Richter verurteilten die Hausdurchsuchung der Redaktionsräume als verfassungswidrig, weil sie die im Grundgesetz garantierte Pressefreiheit verletzt.

Eine Zensur findet nicht statt

Dass Deutschland mit Platz 17 im Press Freedom Index gut abschneidet, liegt nicht zuletzt an der rechtlichen Verankerung der Pressefreiheit in Deutschland. Der Artikel 5 des Grundgesetzes, also der deutschen Verfassung, garantiert die Meinungs-, Informations-, Presse-, Rundfunk- und Filmfreiheit: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“ Diese Freiheit findet eine Beschränkung nur „in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.“

Die einzelnen deutschen Bundesländer haben zusätzliche Landespressegesetze verabschiedet. Auch sie betonen im ersten Artikel stets noch einmal: „Die Presse ist frei. Sie dient der freiheitlichen demokratischen Grundordnung.“ Danach werden – bundesweit durchaus etwas unterschiedlich – Regelungen zur Sorgfaltspflicht von Journalisten, aber auch das Informationsrecht von Journalisten festgelegt: „Die Behörden sind verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen.“ Trotzdem kritisierte ROG in den vergangenen Jahren immer wieder, dass Journalisten in Deutschland oft nur schwer an behördliche Informationen gelangten, da Anfragen häufig nur langsam und gegen Gebühren beantwortet würden.

Stärkerer Schutz vor staatlichen Übergriffen

Am 1. August 2012 trat das neue Pressefreiheitsgesetz in Kraft, das Journalisten bei investigativen Recherchen stärker vor staatlichen Übergriffen schützt. Sie können nun nicht mehr wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat belangt werden, wenn sie Material von Informanten aus staatlichen Stellen annehmen, bewerten oder veröffentlichen. Zudem dürfen Redaktionen weder durchsucht noch Materialien beschlagnahmt werden – außer bei dem dringendem Verdacht auf Beteiligung an einer Straftat. Dieses Gesetz könnte für die Journalisten und die Pressefreiheit in Deutschland noch wichtig werden. Denn vielleicht kommt der nächste Edward Snowden aus Deutschland.