Suchmaschine landesweit
Viele öffentliche Bibliotheken, eine gemeinsame Suchoberfläche

Viele öffentliche Bibliotheken_Magazin
Suchmaschine landesweit | Foto: © GettyImages

Der Bibliotheksbestand des Goethe-Instituts erscheint seit Mai 2012 auch für andere ungarische Bibliotheksbenutzer sichtbar im ungarischen Verbundkatalog. Anlässlich des Beitritts zum Verbundkatalog haben wir mit Katalin Bánkeszi, der Direktorin des Bibliotheksinstituts der Széchényi-Nationalbibliothek, die auch Projektleiterin des ungarischen Verbundkatalogs ist, gesprochen.

Die Anfänge

Frau Bánkeszi, ein Mokka ist für den Menschen von der Straße ein starker Kaffee, woran denken denn die ungarischen Bibliothekare, wenn sie über MOKKA sprechen?

MOKKA ist ein Kurzwort, gebildet aus Magyar Országos Közös Katalógus (Gemeinsamer Katalog Ungarns). Da diese Abkürzung sehr einprägsam ist, fand sie auch rasch Verbreitung. Einerseits ist der Verbundkatalog eine gemeinsame Oberfläche, über die man gleichzeitig in vielen ungarischen Bibliotheksbeständen suchen kann, was bei der Orientierungsarbeit sehr hilfreich ist. Andererseits ist dieser Dienst auch beim Katalogisieren sehr nützlich, weil durch ihn die Beschreibungen einheitlicher werden: Die Datensätze des Verbundkatalogs können heruntergeladen und in die Datenbank der eigenen Bibliothek übernommen werden, man muss sie dann nur noch um ortsspezifische Angaben ergänzen. 

Wenn in der Széchényi-Nationalbibliothek ein Buch bibliografisch erfasst wird, dann wird der eventuell schon früher von anderswo übernommene Datensatz überschrieben. So ist mit der Zeit eine überprüfte, klaren Qualitätsrichtlinien entsprechende Beschreibung eines jeden Werks im Verbundkatalog verfügbar . 

Seit wann existiert der Verbundkatalog? 

Der Gedanke eines gemeinsamen Katalogs kam vor mehr als zehn Jahren auf, und aus mehreren Vorschlägen wurde dann die Lösung entwickelt, auf der das heutige System aufbaut. Der erste Verbundkatalog wurde 2001 durch die Zusammenarbeit von 15 Bibliotheken ins Leben gerufen. Die technische Entwicklungsarbeit wurde von der Firma eCorvina durchgeführt – unter der Mitarbeit von mehreren Bibliotheksexperten. Einige Jahre später schlossen sich nach einer Ausschreibung weitere Bibliotheken an, und die Zahl der online abfragbaren Bestände stieg ständig. 

Ursprünglich wurde der Katalog unter der Schirmherrschaft des Vereins MOKKA realisiert, die Aufgabe wurde jedoch bald von der Széchényi-Nationalbibliothek (OSZK) übernommen, die das System seitdem unterhält und weiter betreibt. Der Verein ist heute noch das Forum für die MOKKA-Projektpartner. Unter den Mitgliedern sind die ODR-Bibliotheken, die großen Fachbibliotheken, der Großteil der Universitäts-, Komitats- und Stadtbibliotheken, und es schließen sich immer noch kleinere Institutionen an. Jedes Mitglied des Vereins kann die Infrastruktur von MOKKA, der als zentraler Dienst in der Nationalbibliothek ansässig ist, nutzen. 

Zusammenführung der beiden großen Verbundkataloge

MOKKA machte im Jahr 2011 große Veränderungen durch. Was war das Ziel der Erweiterungsvorhaben?

In den letzten Jahren hat sich im Bibliothekssystem viel geändert, das System der Institute wurde umgestaltet, die Datenbanken modernisiert, auch die technische Entwicklung brachte neue Lösungsmöglichkeiten. Das System, das als Verbundkatalog diente, war reif für eine „Neuplanung“. An den TÁMOP-Ausschreibungen, die aus EU-Geldern bestritten werden, konnte auch der Bibliotheksbereich teilnehmen, dadurch wurde eine wichtige Erweiterung des Nationalen Dokumentenversorgungssystem (Országos Dokumentum-ellátó Rendszer – ODR) möglich und dementsprechend auch die völlige Umgestaltung von MOKKA. 

Am wichtigsten war die Zusammenführung der Datenbestände von MOKKA und ODR (Nationales Dokumentenversorgungssystem) sowie die Modernisierung des Systems der Dienste – in erster Linie die gemeinsame Katalogisierung und die Fernleihe –, die darauf aufbauen. Die Einrichtung der Grundsysteme ist abgeschlossen, die Erweiterung des Datenbestandes wird uns aber noch viel Arbeit machen. Wir müssen zahlreichen neuen Partnern bei der Einbindung ins System helfen, und auch rund um die Vereinheitlichung der Datensätze gibt es noch viel zu tun. 

Die Suchoberfläche wurde um viele neue Funktionen erweitert, dadurch kann man genauere Suchergebnisse erzielen. Auch die Fernleihe hat sich völlig verändert. Wir haben ein Exemplarverzeichnis und eine Bibliotheksdatenbank geschaffen, die von beiden Systemen gemeinsam benutzt werden. Zu dieser Dienstleistung, der Fernleihe, haben wir auch eine umfassende Suchadministration entwickelt, durch die der Lebenszyklus einer Suche und der gerade aktuelle Status verfolgt werden können. 

Der Bestand der Bibliothek des Budapester Goethe-Instituts ist nun nicht mehr nur im Verbundkatalog des Südwestdeutschen Bibliotheksverbunds (SWB) enthalten, sondern von jetzt an auch im MOKKA. Für uns war dieser Schritt von Bedeutung, weil durch ihn unsere Bestände in Ungarn sichtbarer geworden sind. Wie groß ist die Bereitschaft der Bibliotheken, sich dem Katalog anzuschließen?

Wir freuen uns, dass sich auch das Goethe-Institut angeschlossen hat, denn der Bestand des Instituts ist ein besonderer Farbtupfer für die Benutzer des Verbundkatalogs. 

Immer mehr Bibliotheken schließen sich dieser gemeinsamen Dienstleistung an. Ein Grund dafür ist, dass die Gewinner von TÁMOP-Ausschreibungen dazu verpflichtet wurden, ihre Datensätze in den Verbundkatalog einzubinden. Das heißt, dass nicht nur die ODR-Bibliotheken an den MOKKA angeschlossen sind, sondern fast jedes Konsortiumsmitglied, das in den Genuss von Ausschreibungsgeldern gekommen ist, das heißt sogar kleinere öffentliche Bibliotheken und Schulbibliotheken. Natürlich müssen die Daten der neuen Partner ein wenig ausführlicher nachbereitet werden, aber wir freuen uns auch über diese Zugänge, weil ihr Bestand das Angebot bunter macht und immer mehr Datensätze für die Bibliotheken und die Leser über einen einzigen Zugangspunkt erreichbar werden. 

Inwiefern wird der heutige ungarische Bibliotheksbestand von MOKKA abgedeckt? 

Von Vollständigkeit kann natürlich nicht die Rede sein, doch der Umfang der Bestände, die man im neuen System durchsuchen kann, ist in jeder Beziehung gewachsen. Mehr Standorte, mehr bibliografische Datensätze, Informationen über Exemplare und verschiedenste Dokumenttypen – das Angebot ist auf jeden Fall reichhaltiger. Früher hat sich MOKKA nur mit Büchern beschäftigt, heute kann der Katalog auch die Angaben von anderen Dokumententypen aufnehmen und verarbeiten. Gerade jetzt testen wird ein Modul, mit dem auch Zeitschriften über die Oberfläche des Verbundkatalogs erfasst t werden können. Ende März 2012 waren in der MOKKA-ODR-Datenbank 3.980.521 bibliografische Datensätze und 8.290.222 Exemplare von 3.859 Standorten recherchierbar. 

Neue, benutzerfreundliche Dienstleistungen

Kennen die Bibliotheksbenutzer den gemeinsamen Katalog oder ist er eher so etwas wie die „Geheimwaffe“ der Bibliothekare? Wie entwickelt ist die Suchkultur der ungarischen Bibliotheksbenutzer überhaupt?

Es ist fast sicher, dass die meisten Bibliotheksbenutzer den Katalog kennen, er wird, ja von den Kollegen empfohlen, sie erklären den Lesern auch die Suchmöglichkeiten. Die Bibliothekare nutzen ihn auch selbst regelmäßig zur Informationsbeschaffung, und wir haben die Hoffnung, dass auch die Steigerung der Suchanfragen statistisch nachweisbar sein wird, sobald wir die Seite starten, mit deren Hilfe auch die Leser selbst eine Fernleihe durchführen können. Zurzeit wird diese Funktion noch getestet. (Bisher ist die Fernleihe nur über einen Bibliothekar möglich.) 

Die Benutzer, die ans Internet gewöhnt sind, beginnen die Suche nach Informationen mit einer einfachen Google-Suchanfrage. Hier kommt die Verantwortung der Bibliotheksmitarbeiter ins Spiel, sie müssen den Lesern zeigen, dass man aus den strukturierten Daten in den Datenbanken über die Bibliotheksdokumente, die auch aus dem Internet durchsucht werden können, durch kluge und bewusste Nutzung der Suchoberfläche viel genauere Treffer erhält. Im Informationsdickicht des Internets findet man sich immer schwerer zurecht, wir können den Lesern auch bei der Aneignung von Suchtechniken behilflich sein. 

Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus?

Die technischen Gegebenheiten verändern sich schnell, und parallel dazu müssen wir uns auch auf die neuen Ansprüche der Leser einstellen. Wir dürfen jetzt nicht stehenbleiben, wir müssen uns doch nach den Erwartungen der Leser richten. Wir sind bestrebt, das System so zu gestalten, dass kleinere Veränderungen relativ leicht erfolgen können. Tatsache ist, dass wir keine weiteren finanziellen Quellen zur Verfügung haben, deshalb sind umfassendere Entwicklungen Zukunftsmusik. Wir hoffen, dass wir unser Dienstleistungssystem so entwickelt haben, dass es einige Jahre lang auf jeden Fall den allgemeinen Anforderungen entspricht. Die nächste Aufgabe wird sein, die Zusatzdienste in Betrieb zu nehmen, wenn sie erst einmal ausführlich getestet sind, und anschließend die Stabilisierung der Betriebsumgebung. 

Langfristig halten wir es für eine wichtige Aufgabe, eine Lösung für die elektronische Bereitstellung von Dokumenten zu finden, die dem Urheberrecht unterliegen. Das ist eine sehr komplexe Aufgabe, vor kurzem ist die Ausschreibung für das Projekt veröffentlicht worden. Es wäre ein großer Schritt nach vorn, wenn das derzeitige System dahingehend ergänzt würde, dass wir die elektronischen Quellen auch aus der Ferne zugänglich machen und die Leser sie flexibel und gesetzeskonform nutzen können.