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Workshop
Demokratie in der Alltagspraxis des Journalismus

Demokratie in der Alltagspraxis des Journalismus
© Mérték Médiaelemző Műhely

Vom 13. bis 15. Oktober 2020 veranstaltet das Goethe-Institut Budapest einen Workshop zur gesellschaftlichen Verantwortung der Journalist*innen wie den demokratischen Dilemmas in der journalistischen Arbeit. Über Details fragten wir Gábor Polyák von der Medienwerkstatt Mérték.

Warum sollten Journalist*innen für die Demokratie sensibilisiert werden?
 
Es geht natürlich nicht darum, dass Journalist*innen für Fragen der Demokratie nicht sensibel genug wären, ebenso wenig darum, dass sie sich über die Funktionsmechanismen grundlegender demokratischer Institutionen nicht im Klaren wären. Jedoch zeigen wir gerade in unserem eigenen Wirken – bei den Entscheidungen, die wir tagtäglich am Arbeitsplatz treffen – am wenigsten Sensibilität dafür, dass wir Diskussionen einen gebührenden Raum gewähren und darauf achten sollten, dass in den Entscheidungen tatsächlich der Wille der Gemeinschaft zum Ausdruck kommt. Es ist ein wichtiges Erlebnis zu erfahren, mit welchen Voraussetzungen wir selbst uns in die jeweiligen Gruppensituationen begeben, wie wir darin funktionieren, wie wir auf Gegenargumente reagieren. Allerdings machen sowohl die tiefen Klüfte, die in der Gesellschaft entstanden sind, als auch das von den sozialen Medien dominierte Kommunikationsumfeld die Arbeit von Journalist*innen viel schwieriger, aber zugleich auch viel wichtiger als früher. Im Workshop werden die Teilnehmer*innen mit diesem neuen Umfeld und auch mit einem neuen Rollenverständnis im Journalismus konfrontiert.
 
Was erwartet die Journalist*innen im Workshop? Vorträge über Politikwissenschaften und Verfassungsrecht?
 
Nein, es wird keinerlei Vorträge geben. In diesem Workshop kommt es wirklich auf die aktive Teilnahme an. Ich leite seit 2016 derartige Kurse für Studierende und erlebe andauernd, wie ausgehungert diese Altersklasse nach einem Austausch über Fragen des öffentlichen Lebens ist. Diese Übungen haben keinerlei konkreten Bezug zur aktuellen Politik, greifen aber Themen auf, die in alltäglichen Gesprächssituationen nicht auftauchen. Wie vorhin erwähnt, werden die Teilnehmer*innen in den Übungen vor allem damit konfrontiert, welchen Mustern sie in unterschiedlichen Gruppenprozessen folgen. Ich habe in Deutschland eine Ausbildung zum Demokratie-Trainer absolviert und bin bemüht, das dort Gelernte hier in Ungarn nützlich einzubringen. Der Zusammenhang zwischen Journalismus und Demokratie scheint so offensichtlich zu sein, dass kaum darüber gesprochen wird. Jedoch meine ich, dass sich rasch herausstellen wird, wie schwierig man demokratische Prinzipien konsequent zur Geltung bringen kann, sei es innerhalb einer Redaktion oder bei der Bearbeitung eines Themas.
 
Wie sind Sie auf die deutsche Ausbildung gestoßen?
 
Zuerst 2014 im Rahmen eines Stipendiums zum Thema „politische Bildung“ – die äquivalente ungarische Bezeichnung hierfür würde vielleicht „állampolgári nevelés“ (Erziehung zum Staatsbürger) lauten. Dort gab es zunächst eine kleine Kostprobe des Trainings, und später habe ich die gesamte Ausbildung absolviert. In Deutschland werden unglaublich viele Ressourcen dafür verwendet, möglichst viele Menschen mit Veranstaltungen, Unterrichtsprogrammen und Lesestoff zum Thema „Beschaffenheit und Wichtigkeit von Demokratie“ zu erreichen. Ich bin überzeugt, dass der ganze Systemwechsel nach 1989/90 anders vonstattengegangen wäre, wenn wir neben zahlreichen rechtsstaatlichen Institutionen auch die „politische Bildung“ übernommen hätten. Demokratie ist keine Gegebenheit und ihre Qualität wird nicht ausschließlich – und nicht einmal vorrangig – von der Existenz und dem Betrieb rechtsstaatlicher Institutionen bestimmt, sondern vielmehr dadurch, ob Demokratie der entscheidenden Mehrheit der Gesellschaft als das beste und lebenswerteste System erscheint. Diesbezüglich sind wir ernsthaft zurückgeblieben, und solche Workshops sind einzelne winzige Schritte im Aufholprozess.
 
Könnten Sie ein bisschen über das Programm sprechen?
 
Viel möchte ich nicht darüber verraten, was sich hinter rätselhaften Titeln wie „Revolutionäre und junge Demokraten“ oder eben „Die Wahrheit drüben“ verbirgt. Der Workshop läuft an drei Nachmittagen von Dienstag bis Donnerstag, jeweils von 17:00 bis 18:30 Uhr. Ich bin guter Dinge, dass der nach Beendigung der gängigen Arbeitszeit liegende Termin gut in die Tagesstruktur vieler Interessierter passt. Für Dienstag planen wir ein Gespräch mit Daniel Kraft, dem Leiter der Stabsstelle Kommunikation bei der deutschen Bundeszentrale für politische Bildung zu der Frage, wie Journalismus und politische Bildung zusammenhängen. Alles Weitere soll aber eine Überraschung bleiben.

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