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Filmprojekte realisieren
PITCH_IT

Péter Becz: The Last Dinner. Feeding the Revolution
The Last Dinner. Feeding the Revolution | © Becz Péter

„Im Workshop konnten wir lernen, wie wir unsere Vision und unsere Geschichten auf die effektivste und zugleich am meisten mit uns selbst im Einklang stehende Weise an andere weitergeben können.“ Interview mit dem Dokumentarfilmemacher Péter Becz

Wie hat dich die Ausschreibung zum Workshop im Frühjahr 2021 erreicht? Warum hast du dich beworben?

Von PITCH_IT habe ich zum ersten Mal an der Universität gehört und ich fand es sehr ansprechend, dass im Vakuum, das durch den Modellwechsel zutage getreten war, eine so professionelle Form der Solidarität entstanden ist. Auf Anhieb wollte ich mich für den PITCH_IT-Workshop mit einem Filmprojekt bewerben, das sich gerade in Entstehung befand. Für eine*n Filmemacher*in als Berufsanfänger*in ist es oft sehr schwierig, sich in den institutionellen Rahmenbedingungen dafür zurechtzufinden, wie ein Filmvorhaben von Null auf zu seiner Realisierung gelangen kann. Wie man damit Produzent*innen, Vertriebe, Festivals oder andere nationale bzw. internationale professionelle Kooperationen erreicht. Das ist eine sehr mystische Blackbox, und PITCH_IT hat uns sehr geholfen, sie zu entschlüsseln, da der Workshop sich speziell auf die Erstellung eines Pitchs für einen geplanten Film konzentrierte, auf seine Präsentation in unterschiedlichen Foren. PITCH_IT hilft bei der Frage, wie ein Filmvorhaben in der Konzeptphase überall auf der Welt vorgestellt werden kann. Das hat mich interessiert, weil Pitching als solches ein sehr schwieriges Genre, zugleich jedoch ein sehr wichtiges Werkzeug für eine*n Filmemacher*in ist. Dies zu lernen und zu üben ist unerlässlich. Im Workshop konnte vermittelt werden, wie man rund um das Pitching denken und vorgehen sollte. Hinzu kommt, dass wir nach dem Workshop über ein fertiges Package verfügten, mit dem wir uns dann überall bewerben und auch woanders pitchen konnten. In dieser Hinsicht finde ich diesen Workshop lückenfüllend und einzigartig. Ich hatte die Möglichkeit, in einem sehr vielfältigen, offenen und professionellen internationalen Umfeld sehr intensiv und vertieft an meinem Filmprojekt zu arbeiten, ganz zu schweigen davon, dass ich einen Einblick in die Entwicklung von fünf anderen Projekten und in die Denkweisen von fünf anderen Kreativen bekommen konnte, und wir haben uns auch gegenseitig geholfen.

Der Workshop 2021 fand pandemiebedingt online statt – konntest du die anderen Teilnehmenden trotzdem etwas besser kennenlernen?

Mitten in der Pandemie, nach der Zerstörung der damaligen SZFE (Universität für Theater und Film), war es als Filmemacher*in sehr schwer vorherzusehen, was demnächst passieren würde, welche Chancen bestehen bleiben würden, wie sich eine Generation davon erholen könnte. Die Quarantäne war meiner Meinung nach für alle Dokumentarfilmer*innen noch ausgesprochen schwieriger, daher war ich sehr froh, eine Chance von außen zu bekommen, die gerade in der Konzept- und Vorbereitungsphase des Filmvorhabens einen großen Anschub gibt. Die Quarantänesituation war dafür perfekt: in einem Raum zu sitzen und sich ständig über meinen Film zu unterhalten, gemeinsam darüber nachzudenken. Natürlich hätte ich mich noch mehr gefreut, wenn all dies live und persönlich vonstattengegangen wäre, und ich bin ein wenig neidisch auf die diesjährigen Teilnehmenden, die demnächst in mehreren Ländern und Städten am Workshop partizipieren können. Damals hatten wir uns schon alle an das Online-Format gewöhnt, man hatte schon ein Gefühl für den Online-Raum entwickelt, und auch deshalb lief es dann sehr gut. Ich habe das nicht als Nachteil empfunden, und wir konnten alle ein überraschend enges Verhältnis zueinander aufbauen. Ich denke, dass es dank des Online-Formats für uns noch einfacher wurde, auch mit Mentor*innen, Produzent*innen und Regisseur*innen zusammenzuarbeiten, die sich von überall auf der Welt im Rahmen des Workshops miteinander vernetzten. Diese international hoch angesehenen, professionellen Mentor*innen haben mir sehr geholfen, und ich habe durch die Arbeit mit ihnen enorm viel gelernt. Einige der anderen Teilnehmenden und Projekte kannte ich bereits in irgendeiner Form, mehrere meiner Kommiliton*innen hatten es ebenfalls in den Workshop geschafft. Aber es gelang uns auch mit den anderen internationalen Filmemacher*innen und Projekten, sich und die kreative Welt der oder des jeweils anderen in kurzer Zeit sehr gut kennenzulernen; wir konnten auch im Online-Raum sehr gut miteinander kommunizieren. Es war ebenfalls sehr positiv, dass der Workshop nicht an Genres gebunden war: So konnten sich Spiel-, Experimental- und Dokumentarfilmer*innen aufeinander einstimmen und auf diese Weise dazulernen, sich weiterentwickeln und sich inspirieren lassen.

Was waren die zwei (oder drei) wichtigsten Dinge, die du im Workshop gelernt hast? Warum würdest du den Workshop anderen jungen Filmemacher*innen empfehlen?

Ich finde die Frage sehr wichtig, gerade hinsichtlich des Dokumentarfilms, auf welche Weise man eine Geschichte von lokalem Interesse auf eine universelle Ebene heben und sie sogar für ein internationales Publikum rezipierbar und nachvollziehbar machen kann, wie auf diesem Wege ein gutes Kinoerlebnis geschaffen werden kann. Dass ich in diesem internationalen Umfeld über meinen eigenen Film nachdenken und meine Ideen kommunizieren musste, hat mir – denke ich – sehr viel bedeutet. Es leuchtete mir ein, dass das ein Aspekt ist, mit dem es sich während der Schaffensphase immer zu beschäftigen lohnt. In meinem Fall konnte ich das Gelernte sehr gut konkret darauf beziehen, wie ich auf internationaler Ebene über einen auch gegenwärtig in der Arbeitsphase befindlichen Film kommuniziere, der vom Lebensweg eines Kochs, der 1956 aus Ungarn geflüchtet war, in Dänemark handelt.

Eine weitere wichtige Lehre war für mich, dass dies eine Hürde ist, die man erfolgreich nehmen kann, dass jeder Film seinen Ort und seine Zeit hat und jedes Filmprojekt neugierige Helfende findet. Und dass es sich auch lohnt, über diese Hürde zu springen. Auch aus diesem Grund würde ich anderen Filmemacher*innen den Workshop wärmstens empfehlen, denn egal woher man kommt, welche Geschichte man erzählen möchte, der Pitch-Prozess und all die dazugehörigen schriftlichen und visuellen Inhalte wie auch die Konsultation mit anderen Fachkolleg*innen sind hilfreich bei der Umsetzung der Filmidee.

Aber das Wichtigste ist vielleicht der Pitch selbst. Wie wichtig dieser als filmisches Werkzeug ist und wie man ihn gut macht. Unsere Pitch-Mentorin, Sybille Kurz, hat sehr ausführlich und individuell auf uns zugeschnitten, gewissenhaft mit uns zusammengearbeitet. Wir konnten lernen, wie wir in diesem eigenständigen Format unsere Vision und unsere Geschichten auf die effektivste und zugleich am meisten mit uns selbst im Einklang stehende Weise an andere weitergeben können. Wie man dramaturgisch vorgehen, welche rhetorischen Präsentationsmittel man anwenden sollte, wenn man einen Film einem Zielpublikum in kürzester Zeit in lebendigen Worten vermitteln möchte. Dies war meine erste Gelegenheit, an einem Pitch-Forum im wirklich klassischen Sinne teilzunehmen, wo ich nach langer Vorbereitung in – von einer Stoppuhr gemessener – begrenzter Zeit vor einer neuen Fachjury mein Filmvorhaben präsentieren musste. Wegen der Pandemie haben wir das so gelöst, dass jede*r den Pitch-Video-Regeln folgend sein bzw. ihr eigenes Pitch-Video erstellt hat. Die Jury stellte dann darauf aufbauend, online und live, Fragen und konfrontierte uns mit ihren Anmerkungen. Das waren alles namhafte Produzent*innen, Regisseur*innen, Filmverleiher*innen oder Geldgeber*innen. Und viele von ihnen waren wirklich an unseren Filmvorhaben interessiert; ich weiß, dass mit einigen Teilnehmenden später ernsthafte gemeinsame Vereinbarungen getroffen wurden. All dies durch dein eigenes Projekt zu erleben ist – im Nachhinein betrachtet – von unschätzbarem Wert, weil sich so eine Gelegenheit für Kreative in einer so frühen Phase sehr selten ergibt und weil man dadurch in die große Welt und die Funktionsweise der internationalen Filmbranche eingeführt wird. Ganz zu schweigen davon, dass dies auch für den jeweiligen Film einen Anstoß bedeutet und nicht nur eine professionelle Schulung für die Teilnehmenden des Workshops ist. Dafür bin ich sehr dankbar, und das ist einer der Hauptgründe, warum ich PITCH_IT allen Filmemacher*innen wärmstens empfehlen würde.

Wie hast du später die Organisatoren, Benny und Márk, auch persönlich kennengelernt?

In der Zeit zwischen den beiden Runden haben Márk und Benny viel online mit uns kommuniziert, jeweils einzeln persönlich. Sie hatten eine sehr freundliche, ehrliche und kollegiale Einstellung, sodass wir uns nicht nur fachlich, sondern auch persönlich aufeinander einstimmen konnten. Sie unterhielten einen kontinuierlichen Online-Kontakt mit uns, ohne die Zeit zu scheuen haben wir unsere Pitchs und Synopsen ausführlich durchgesprochen, und dies führte dazu, dass wir uns selbst im Online-Format sehr schnell persönlich kennengelernt und angefreundet haben. Ich denke, das trifft auf uns alle zu, die mitgemacht haben. Márk und Benny haben uns auf dem ganzen Weg gewissenhaft geholfen, und ohne uns einzuschränken, haben sie uns Raum für unsere eigene Filmwelt und unsere eigenen Ideen gegeben. Das zeigt sich auch daran, dass ich auch seither zu beiden ein sehr enges und gutes Verhältnis habe und ich mich bei Fragen zu meinen Filmen und anderen beruflichen Belangen immer an sie wenden kann. Zudem haben wir auch andere gemeinsame Projekte zwischen Ungarn und Deutschland.


Du wurdest kürzlich in den Vorstand von MADOKE (Verband Ungarischer Dokumentarfilmer*innen) gewählt – was sind eure Ziele für die nahe Zukunft?

Ja, ich wurde kürzlich gewählt; diese Möglichkeit ehrt mich und ich bin mir der Verantwortung bewusst. Ich bin den Mitgliedern von MADOKE sehr dankbar für ihr Vertrauen. Ich habe den Posten im Vorstand im Grunde deshalb angenommen, weil ich der Meinung bin, dass wir auch die Interessen der Nachwuchs-Dokumentarfilmer*innen innerhalb des Verbands vertreten sollten, der mit 130 Mitgliedern einer der größten Filmfachverbände ist. Wir sind eine sehr starke Gemeinschaft und halten zusammen, und im Schatten des gerade neulich aufgehobenen KATA-Steuergesetzes ist dies noch wichtiger. Diese steuerliche Änderung hat die Existenz der gesamten ungarischen Filmbranche, einschließlich der Dokumentarfilmer*innen, von einem Moment auf den anderen unsicher gemacht. Wir arbeiten auch derzeit daran und denken gemeinsam mit unseren Mitgliedern darüber nach, wie wir in dieser schwierigen Zeit für unsere Mitglieder einstehen und ihre Interessen vertreten können. Eine der Hauptaufgaben des neuen Vorstands (Julianna Ugrin, Enikő Gyureskó und die ehemaligen, aber neu gewählten Vorstandsmitglieder Asia Dér und László Józsa) besteht darin, diese Gemeinschaft noch enger und stärker zusammenzuschweißen und dadurch die ungarische Dokumentarfilm-Branche weiter auszubauen. Wir arbeiten fortwährend daran, den Verband zukunftsfähig zu gestalten, weitere internationale Beziehungen über die bestehenden hinaus aufzubauen sowie internationale professionelle Workshops und Trainingsprogramme nach Budapest zu holen, und wir sind ebenfalls bemüht, Universitäts- und andere Filmclubs zu unterstützen. Ein sehr wichtiges Ziel ist es, die kontinuierliche Zusammenarbeit mit der fachlichen Interessenvertretung und mit anderen Organisationen der Filmbranche zu vertiefen. Unsere Zielsetzung ist aber auch, zeitgenössische ungarische Dokumentarfilme möglichst vielen Zuschauer*innen nahezubringen, weshalb wir auch thematische Filmvorführungen organisieren, damit die besten Filme ein möglichst breites Publikum erreichen.

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