Heimat in der Höhe

Schwarze Milch (Film) © 2018 Sven Zellner / Agentur Focus

Do, 18.03.2021 –
So, 21.03.2021

Fernkino

Neue deutsche Filme

Heimat ist ein vielschichtiger Begriff. Er wird oft verklärt oder hochstilisiert, in unterschiedlichstem Sinne benutzt oder auch missbraucht. Die meisten bezeichnen mit Heimat den Ort, an dem sie sich geborgen und zugehörig fühlen, wo sie akzeptiert werden. Für andere ist sie nur eine geografische Ortsbestimmung. Und oft wird sie als Sammelbegriff für kulturelle Werte und Prägungen genutzt.

Große Themen und Strömungen des 20. und 21. Jahrhunderts, wie Vergangenheitsbewältigung, Globalisierung, Migration und die Polarisierung der Gesellschaft bringen zwangsläufig auch eine Veränderung des Heimatbegriffs mit sich. Und so wird der Begriff auch in der Kunst, in Literatur und Film aktuell wieder neu reflektiert.

So war bei der Berlinale 2020 ein thematischer Schwerpunkt der Sektion „Perspektive Deutsches Kino” die Auseinandersetzung mit Heimat. Sektionsleiterin Linda Söffker sagte dazu in einem Interview:
  
„Das Genre Heimatfilm wurde über die Jahrzehnte hinweg immer wieder hinterfragt und neu definiert. In den 1950er Jahren stellte es mit seinem Kitsch und seiner Verklärung eine Fluchtmöglichkeit dar. So ist der deutsche Heimatfilm in die internationale Filmgeschichte eingegangen. Dieser Heimatbegriff bzw. Heimatfilmbegriff ist heute natürlich negativ konnotiert. Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre haben dann Filmemacher wie Volker Schlöndorff oder Rainer Werner Fassbinder ihre Art von Heimatfilm gemacht. Oder auch Edgar Reitz, der eine Heimattrilogie geschaffen hat, in der er ganz normale Menschen in ihrem alltäglichen Leben zeigte. In den 1990er Jahren hat der Heimatfilm sein Zuhause in der deutschen Komödie gefunden. Und heute, in einer Zeit, in der Grenzen fallen und neue Mauern errichtet werden, wird die Frage nach Identität und Heimat wieder brandaktuell.”

In unserem Programm zeigen wir vier wichtige aktuelle deutsche Filme, die jeweils einen neuen Blick auf „die Heimat” werfen. 
  
  • Schlaf von Michael Venus (2020)
  • Walchensee forever von Janna Ji Wonders (2020)
  • Schwarze Milch von Uisenma Borchu (2020) und
  • Heimat ist ein Raum aus Zeit von Thomas Heise (2019)

Zwei Filmregisseurinnen und zwei Regisseure, zwei Dokumentarfilme und zwei Spielfilme. In den Dokumentarfilmen (Walchensee forever, Heimat ist ein Raum aus Zeit) zeigt sich, wie stark die Auseinandersetzung mit der eignen Familiengeschichte die Einstellung zur Heimat beeinflussen kann. In den beiden Spielfilmen wird das Motiv der Reise verwendet, sei es in die ferne Wüste (Schwarze Milch) oder durch Träume in das eigene Unterbewusstsein (Schlaf), um zu untersuchen, ob es eine Heimat gibt, in der man ankommen könnte.


* Den Titel unseres Filmpakets Heimat in der Höhe entleihen wir einem Gedicht des ungarischen Dichters Gyula Illyés. Er entwirft einen utopischen, aus Verszeilen und Erinnerungen gebauten Heimatbegriff, der auch trotz widriger realer Umstände intakt bleiben kann

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