Bibliothek Gan Jawne, Israel
„Ich bin eine Mischung aus Bücherwurm und Leseratte“

 Alle zwei Wochen sechs bis sieben Bücher.  Aviah bei der Ausleihe
Foto (Ausschnitt) | © Privat

Mein Name ist Aviah und ich bin zwölf Jahre alt. Seit ich lesen kann, lese ich alles, was mir in die Finger kommt: Zeitungen, Werbetexte, Comics und natürlich Bücher.


Ich bin in Israel geboren. Mein Papa ist Israeli, meine Mama ist Schweizerin. Sie spricht mit uns Kindern Schweizerdeutsch, und Deutsch habe ich so nebenher auch noch gelernt. Deshalb habe ich daheim Bücher in zwei Sprachen. Ich kann zwar Deutsch lesen, aber da ich in dieser Sprache viel langsamer bin als auf Hebräisch, macht es mir nicht so viel Freude. Deshalb lese ich fast nur in meiner Vatersprache. Vielleicht ändert sich das ja irgendwann einmal.

Hier in der Bibliothek gibt es Bücher auf Hebräisch und auf Englisch. Englische Werke leihe ich mir noch nicht aus, obwohl ich in der Schule schon seit der zweiten Klasse Englisch lerne.

Unsere Bibliothek ist an einigen Tagen morgens und an einigen Tagen nachmittags geöffnet. Ich besuche sie immer nachmittags, denn am Morgen bin ich in der Schule. Manchmal nehmen wir das Fahrrad, manchmal das Auto – und sogar zu Fuß sind wir schon dorthin gegangen. Meistens begleitet mich meine Mutter, und immer wieder treffe ich in der Bibliothek Menschen, die ich kenne. Von einigen bekam ich auch schon Buchempfehlungen. Die nehme ich gern entgegen. Oft gefällt mir das vorgeschlagene Buch dann sehr.

Aviah bei der Buchsuche „So alle zwei Wochen schaffe ich es sechs bis sieben Bücher auszuleihen.“ | Foto: Ausschnitt ©privat Ich lese viel – eigentlich in jeder freien Minute. Am liebsten mag ich Bücher mit spannenden Detektivgeschichten. Ich lese auch deutsche Schriftsteller in der hebräischen Übersetzung, wie zum Beispiel Erich Kästner und Michael Ende.

Früher gingen wir mindestens einmal die Woche in die Bibliothek. Seitdem ich in unserer Nachbarstadt eine weiterführende Schule besuche, ist es seltener geworden, aber so alle zwei Wochen schaffe ich es doch noch dorthin. Ich leihe jedes Mal sechs bis sieben Bücher aus, dazu kommt eines für meinen jüngeren Bruder. Er liest (noch) nicht so gerne wie ich.

In der Bibliothek finden auch verschiedene Veranstaltungen statt. So durfte ich letztes Jahr zum Beispiel die israelische Schriftstellerin Galia Oz persönlich kennenlernen. Sie kam für eine Lesung in die Bibliothek. Ich besitze alle ihre Bücher und brachte sie mit, und sie hat sie mir signiert und sogar eine Widmung hineingeschrieben. Später habe ich mir auch ihr neuestes Buch gekauft, von dem sie damals in der Lesung noch vor der Veröffentlichung erzählt hat.

 Aviah und die israelische Schriftstellerin Galia Oz Aviah und die israelische Schriftstellerin Galia Oz | Foto (Ausschnitt) | © Privat Die Bücher suche ich mir entweder nach dem Cover oder nach der Geschichte aus. Ich studiere jeweils den Klappentext und entscheide dann, ob mich die Story interessiert. Hin und wieder lese ich die hebräische Version eines Buches, und Mama liest gleichzeitig die deutsche oder englische Ausgabe. Hinterher können wir darüber reden, wie uns das Buch gefallen hat.

Ich besuche neben der Bibliothek in Gan Jawne auch meine Schulbibliothek. Dort ist die Auswahl etwas anders, und so kann ich mehr Bücher ausleihen. Auf diese Weise geht mir der Lesestoff nicht so schnell aus.

Ein Teil der Bibliothek ist ein Gedenkraum für getötete Soldaten und Terroropfer aus Gan Jawne. Ein Teil der Bibliothek ist ein Gedenkraum für getötete Soldaten und Terroropfer aus Gan Jawne. | Foto: Ausschnitt © privat

Die Bibliothek Gan Jawne wurde 1990 mit Hilfe der Jewish Agency und einer Spende aus der kanadischen Partnerstadt Winnipeg eröffnet. Davor gab es nur eine inoffizielle Büchersammlung in einem Bunker, aus der man ausleihen konnte. Der heutige Bestand umfasst rund 38.000 Bücher, Hörbücher und andere Publikationen und steht den 30.000 Einwohnern Gan Jawnes offen. Momentan sind 6700 Leser registriert; allerdings sind nicht alle aktiv. Die Bibliothek versteht sich als Wohlfühlort, als Ort des Lernens, des Entdeckens und des Erlebens. Neben der Ausleihtheke befindet sich ein Regal mit Büchern, die für je 5 Schekel verkauft werden. Das kommt gut an, denn Bücher sind in Israel sehr teuer.

Bibliotheksleiterin Ziva Ofer und ihr Team organisieren in der Bibliothek regelmäßige Kulturevents. so gibt es monatliche Theatervorführungen, Veranstaltungen für Kinder von 1 bis 3 Jahren, Lesungen und Begegnungen mit israelischen Autoren und Autorinnen und vieles mehr. Die Bibliothek ist bei öffentlichen Veranstaltungen im Ort jeweils mit einem Stand vertreten.

Ein Teil der Bibliothek dient als Gedenkraum für die gefallenen Soldaten und Terroropfer von Gan Jawne. Darin befinden sich Fotos mit Namen und Lebensdaten, Ordner mit persönlichen Informationen, sowie thematisch passende Literatur.