Satire
Politischer Kommentar in Wort, Strich und Bild

Nie war die Kunstform der Karikatur sichtbarer als heute: Nachdem lange die klassischen Zeichnungen dominierten, gesellen sich mittlerweile auch Cartoons, Memes und TV-Formate dazu. Eine kleine Geschichte der Karikaturenkultur in Deutschland.
Lange Zeit galt die Karikatur als das Aschenbrödel der bildenden Künste. Bis in das 20. Jahrhundert hinein fristete sie ein Schattendasein in der Welt der künstlerischen Ausdrucksformen. Doch heute begegnet uns die einst als niedere künstlerische Ausdrucksform gebrandmarkte Karikatur und die ihr verwandte Form des Cartoons überall im Alltag: auf den Titelseiten der großen Tageszeitungen, in den Comik-Rubriken von Wochenzeitschriften, im Fernsehen, in den sozialen Netzwerken und auf den Werbebildschirmen der U-Bahnhöfe. Nie war die Karikatur in der Öffentlichkeit sichtbarer als heute.
Die deutsche Karikatur musste sich dafür nach dem Zweiten Weltkrieg gänzlich neu erfinden: Mit der Gleichschaltung der Medien während des Nationalsozialismus war auch die Karikatur für menschenverachtende Zwecke missbraucht worden. Und so mussten die deutschen Zeichner*innen nach dem Zusammenbruch von Nazi-Deutschland eine ganz neue Tradition der Witzzeichnung begründen, um ihre politischen Kommentare in Wort, Strich und Bild zu veröffentlichen.
Birne und Genschman
Mit dem Kommunikationsmittel der Komik gehen Karikaturen-Zeichner*innen konfrontativ gegen die bestehenden Verhältnisse vor. Sie entlarven die vermeintlich heile Welt und das Handeln von Politiker*innen und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Mal geschieht dies in wenigen Strichen und im direkten Angriff auf Personen und das politische Tagesgeschehen, mal dient eine sehr detailreiche Darstellung dazu, eine Situation der Lächerlichkeit des Alltags preiszugeben.
Früher belächelt, heute im Museum
Mittlerweile wird auch der Cartoon gleichwertig zur Karikatur gezählt. Großer Beliebtheit erfreuen sich Formate wie der wöchentlich in der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung erscheinende Cartoon „Am Rande der Gesellschaft“ des Cartoonisten-Duos Hauck & Bauer. Manche Cartoons finden aber auch über die Sozialen Medien weite Verbreitung: Ein Cartoon des Zeichners Ralph Ruthe zur Debatte um die Schulstreiks der Fridays for Future-Bewegung zog nicht nur im deutschen Original weite Kreise. Auch die Übersetzung des Cartoons ins Englische wurde in den sozialen Netzwerken tausende Male geteilt und weltweit diskutiert und belacht.
Die Etablierung und Verbreitung der Karikatur und des Cartoons hat dazu geführt, dass satirischen Zeichnungen eine andere Wertschätzung entgegengebracht wird. Wurde die Karikatur vor einigen Jahrzehnten noch als niedere Kunstform belächelt, so wird sie heute in Museen ausgestellt und mit Preisen bedacht. Das Caricatura Museum in Frankfurt und das Wilhelm Busch Museum für Deutsche Karikatur in Hannover stellen Karikaturist*innen wie Greser & Lenz, Gerhard Haderer und Frank Hoppmann aus. Daneben werden seit über 15 Jahren die besten Karikaturen und Cartoons mit dem Deutschen Cartoonpreis, der jährlich zur Frankfurter Buchmesse verliehen wird, und dem Deutschen Karikaturenpreis prämiert.