On Cables and Cumulus

Kunst im Treppenhaus © Rajat Dey / Goethe-Institut

Fr, 11.11.2022

18:30 Uhr

Goethe-Institut / Max Mueller Bhavan Kolkata

Katja Davar ist eine deutsch-britische Künstlerin, die vom Goethe-Institut / Max Mueller Bhavan Kolkata eingeladen wurde, ein ortsspezifisches Kunstwerk im Treppenhaus und Eingangsbereich zu schaffen. Davar interessiert sich für neue und alte Technologien und deren Folgen für Natur und Gesellschaft. In ihrer Arbeit für Kolkata erforscht sie das Thema der technologischen Beschleunigung und deren Auswirkungen auf unseren Planeten, unsere Gesellschaften und unser individuelles Selbst. On Cables and Cumulus, bestehend aus einer großformatigen Zeichnung und einer Textilarbeit, erstreckt sich über drei Etagen und visualisiert Aspekte von Technologien, die unsichtbar und miteinander verwoben sind.

Ausgangspunkt von Davars Arbeit ist die Vorstellung, dass die zentrale Metapher für das Internet die Cloud ist. Das Internet selbst ist schwer zu fassen, doch ist es ein Ort großer Macht und Energie. Die romantische Vorstellung der Wolke als Metapher für das Internet ist irreführend, denn diese Wolke ist nicht schwerelos, amorph oder unsichtbar. Sie bildet vielmehr eine materielle Infrastruktur aus Telefonleitungen, Glasfaserkabeln und riesigen Lagerhallen voller Computer, die Unmengen an Energie und Wasser verbrauchen. Davar erkundet die Cloud als eine relativ neue Industrie, die nicht nur einen Schatten wirft, sondern auch einen Fußabdruck hinterlässt. Die Wolken heute sind ökologisch, politisch und undurchsichtig.

Im Treppenhaus erstreckt sich eine siebzehn Meter lange Textilarbeit, digital collagiert aus Davars Bleistiftzeichnungen von Wolken, kaskadenartig durch das Gebäude. Das Werk trägt den Titel Myth, Knowledge, Industrial Logic. Zusammen mit dem Künstler:innen-Team von Neelanjana Ghosh aus Westbengalen führte Davar einen Workshop durch, in dem neue imaginäre gestickte Routen über den Wolken entstanden, eine Form des mehrschichtigen Geschichtenerzählens. Davar erkennt in der Wolke unermessliche Interpretationsmöglichkeiten, von technologischen Berechnungen bis hin zur Kontemplation. Die Wolke ist ein Archiv der Erinnerung, der Information und der Imagination.

Die Installation erforscht zudem die Verbindungen von Glasfaserkabeln auf dem Meeresboden, die zugleich die Wege der europäischen Schiffe im 17. und 18. Jahrhundert spiegeln. Eine zweite Arbeit mit dem Titel At Depth the Bending / Old New World zeigt mit Bleistift abstrahierte Schifffahrtsrouten, die aus Logbuchdaten des 17. und 18. Jahrhunderts stammen. Über den Schifffahrtsrouten schweben Unterwasserkabel von einer Seite der Wandzeichnung zur anderen. Viele der Glasfaserkabel aus Indien führen direkt nach Großbritannien, bevor sie weiter in die Welt verlegt werden. Davar schließt daraus, dass ein unsichtbarer zeitgenössischer Imperialismus die alten Linien des Imperiums neu schreibt. Die Ausführung dieser Zeichnung wurde gemeinsam mit dem Künstler:innen-Team von Sumantra Mukherjee realisiert.


„Durch die künstlerische Gestaltung des Treppenhauses verstehen die Besucher*innen des Goethe-Instituts / Max Mueller Bhavan Kolkata sofort, dass sie sich in einem Kultur- und Bildungsinstitut befinden. Es gelingt Katja Davars vielschichtiger künstlerischer Intervention, wichtige Themen in eine ästhetisch eindrucksvolle Erfahrung zu transformieren und gleichzeitig eine Brücke zwischen Indien und Europa zu bauen.“

                    – Astrid Wege, Institutsleiterin, Goethe-Institut Kolkata


Nach der Eröffnung der Installation folgt ab 19:00 Uhr eine Musikperformance von Ignaz Schick und Debjit Mahalanobis.

Der Auftritt ist Teil des Eröffnungsprogramms der Installation ON CABLES AND CUMULUS von Katja Davar und findet anlässlich des 65-jährigen Bestehens des Goethe-Instituts in Kolkata statt. ​​​​​​​

Der deutsche Musiker und Klangkünstler Ignaz Schick wird in Zusammenarbeit mit Debjit Mahalanobis, einem Musiker aus Kolkata, eine Jazz-Performance aufführen. Das Duo wird an diesem Abend gemeinsam ein improvisiertes Stück spielen.


KÜNSTLERIN

Katja Davar © Katja Davar Katja Davar arbeitet an der Schnittstelle von Zeichnung und Animation. In ihrer künstlerischen Praxis geht sie aktuelle Themen nach und dringt dabei weit in die Vergangenheit vor. Sie interessiert sich für die Auswirkungen neuer und alter Technologien. Dabei greift sie teils auf kulturelle Stränge zurück, die auch auf ihre eigene Herkunft verweisen – sie hat persische Vorfahren, ist in London geboren und aufgewachsen und als Deutsche eingebürgert. So ist ein Motiv ihrer Arbeiten die mesopotamische Keilschrift, die als älteste Schriftform um 3.300 vor unserer Zeit entstand. Im Rückgriff auf unterschiedliche Quellen – Codes, Schriften und Diagramme, literarische Texte – entwickelt Davar visuelle Metaphern für grundlegende, dem (öffentlichen) Blick häufig jedoch entzogene Realitäten wie etwa Daten-Clouds oder Tiefseekabel. In dieser Arbeit hinterfragt sie die Spuren des kolonialen Imperialismus, die unsere Gegenwart prägen.
Davars Zeichnungen und Animationsfilmen zeigen eine philosophische Skepsis gegenüber Wahrheitsansprüchen, die mit Machtansprüchen einhergehen; diesen werden ästhetische Darstellungsformen gegenübergestellt, die auf poetische Komplexität abzielen.   


KOOPERATIONSKÜNSTLER:INNEN

Sumantra image mass q line © GI-Kol and S. Mukherjee Sumantra Mukherjee ist ein bildender Künstler, der Kunstprojekte im öffentlichen Raum realisiert.








Neelanjana Ghose © Neelanjana Ghose Neelanjana Ghose beschäftigt sich seit über drei Jahrzehnten mit dem Kantha-Handwerk. Neelanjana hat mit ihrer Wahlsensibilität dazu beigetragen, dass die traditionelle Kunstform der Kantha-Stickerei eine globale Anziehungskraft hat.






MUSIKER

Ignaz Schick © Ignaz Schick Ignaz Schick ist ein in Berlin lebender Klang- und Bildkünstler, Komponist/Performer, Turntablist/Saxophonist und Kurator von Festivals/Veranstaltungen. Er tritt auch als Instrumentalist mit Turntables, Objekten, Live-Elektronik, Altsaxophon und Flöten auf. 




Debjit Mahalanobis © Debjit Mahalanobis Der zum Musiker gewordene Physiklehrer Debjit Mahalanobis verbindet in einzigartiger Weise westliche und klassische indische Musik auf dem Kontrabass. Er tritt mit nationalen und internationalen Orchestern als Kontrabassist auf und hat zudem in Fernsehshows, Webserien und Filmen mitgewirkt, darunter Mainstream- und Arthouse-Kino.



65 JAHRE GOETHE-INSTITUT IN KOLKATA

Das Goethe-Institut / Max Mueller Bhavan Kolkata wurde 1957 gegründet und ist seither ein fester Bestandteil des kulturellen Lebens in Kolkata. Seit fünfundsechzig Jahren pflegt das Institut eine für beide Seiten bereichernde Beziehung zur Stadt Kalkutta. Auf diesem Weg haben die Stadt und das Institut eine gleichermaßen wichtige Rolle gespielt, um einige denkwürdige kulturelle Begegnungen und Präsentationen hervorzubringen. Das fünfundsechzigjährige Bestehen des Instituts in Kalkutta ist eine Feier dieser tief verwurzelten Verbindung zwischen den beiden kulturell reichhaltigen Ländern. 

 

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