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Zum 250. Geburtstag
Beethoven im Kino

Ludwig van Beethoven
© Goethe-Institut Italien - Grafik: Luigi Annibaldi

Haben Sie sich jemals gefragt, warum die Musik des deutschen Komponisten, dessen 250. Geburtstag alle Welt feiert, bei Regisseuren so beliebt ist? Wir haben uns diese Frage gestellt.

Von Paolo Restuccia

Es gibt verschiedene Arten von Berühmtheit. Man kann einem engen Kreis aus feinsinnigen Experten bekannt oder aber in allen Gesellschaftsschichten berühmt und beliebt sein, man kann eine Phase schnellen, mitreißenden Ruhms erleben, der rasch wieder verpufft, oder aber jahrhundertelang in der Gunst des Publikums stehen. Zuweilen erobert jemand erfolgreich eine Nation, oder auch nur eine Stadt, selten aber einen Kontinent oder die ganze Welt. Außerordentliche Berühmtheit hat ein Künstler erreicht, wenn andere ihn in ihren Werken zitieren. Wie es im Falle Ludwig van Beethovens unzählige Male vorgekommen ist.

BEETHOVEN und die siebte Kunst

Wenn es eine Kunstform gibt, die ausgiebig aus der Musik des Bonner Komponisten geschöpft hat, dann ist das sicherlich der Film. Folgt man der Liste des Imdb, des bekanntesten und vollständigsten Filmkatalogs im Netz, sozusagen die Bibel der siebten Kunst, so erscheint der Name Beethoven in den Credits zur Filmmusik in 1.540 Fällen, gefolgt von einem anderen Giganten, Johann Sebastian Bach mit 1.521 Nennungen. Obwohl diese Ranglisten nicht besonders aussagekräftig sind, können wir doch feststellen, dass Chopin in „gerade einmal“ 1.103 Fällen genannt wird. Giuseppe Verdi kommt „nur“ auf 762 Credits, Ennio Morricone auf 521 und Nino Rota auf 180. Beethoven passt also gut ins Kino. Ihn schlägt nur Mozart mit 1.627 Nennungen.

Den stotternden König stärkt die siebte Sinfonie

Abgesehen von der Quantität, die nicht immer einen Wert an sich darstellt, haben viele Regisseure seine Musik gewählt, um einer Szene Kraft zu verleihen und sie unvergesslich zu machen. In The King’s Speech (ein Film von Tom Hopper aus dem Jahr 2010) gibt es zum Beispiel einen berührenden, großartigen Moment: König George VI. muss sich mit einer Radioansprache an sein Volk wenden, da es nun an der Zeit ist, den Krieg zu akzeptieren und durchzuhalten. Der König ist Stotterer und hat alle möglichen Arten der Heilung versucht, um überzeugend zu sprechen. Er befürchtet, sein Volk halte ihn sonst für zu schwach, um das Land vor der Katastrophe einer Niederlage zu bewahren. Seine komplizierte und gegen Ende mitreißende Rede – sie enthält den berühmten Satz „Wenn wir alle entschlossen und treu daran festhalten, zu jedem denkbaren Dienst und Opfer bereit, dann werden wir mit Gottes Hilfe siegen“ – wird von der herzzerreißenden Melodie aus dem zweiten Satz der Siebten Sinfonie begleitet.

Das Cis aus „MISERY“

In Rob Reiners Film Misery, der auf Stephen Kings Roman basiert, hält ein weiblicher Fan, dargestellt von Kathy Bates, einen Schriftsteller gefangen, den James Caan spielt. In der berühmtesten Szene bricht sie ihm die Füße: Die Mondscheinsonate, die Klaviersonate Nr. 14 in cis-Moll, würden wir dort nicht erwarten. Die Zartheit der Musik, die im Zuhörer Bilder unendlichen Friedens wachruft, steht in schrecklichem Gegensatz zur Grausamkeit der Handlung.

Kubricks ObSESSION

Geht es ums Kino und Beethovens Musik, so darf Uhrwerk Orange nicht unerwähnt bleiben, Stanley Kubricks Verfilmung des gleichnamigen Romans von Anthony Burgess aus dem Jahr 1971. Der Film erzählt die Geschichte von Alex, „die Abenteuer eines jungen Mannes, dessen Hauptinteressen Vergewaltigung, Verbrechen und Beethoven sind“. Kubrick gibt sich nicht damit zufrieden, ein paar Szenen des Films mit der Neunten Sinfonie zu unterlegen, sondern er verbindet auf raffinierte Weise seine eigene Ästhetik mit derjenigen des Romans und dem Musikstück. Wenn die Gesellschaft tatsächlich so entmenschlicht ist, dass sie dem Vandalismus des jungen Alex mit dem Versuch begegnet, ihn in eine Art Automat ohne Instinkte zu verwandeln, so ist es folgerichtig, dass nicht nur eine schnelle Version des vierten Satzes der Neunten Sinfonie in den Film eingefügt wird, sondern auch die komplett elektronische, verzerrte Version, die Wendy Carlos am Moog-Synthetizer spielt. Die Musik dringt voller Hohn ins Leben der Protagonisten, als die von Alex angeführten Rowdys zum Auftakt ihres schrecklichen Überfalls an der Tür des Hauses läuten, und die Klingel die berühmten ersten Noten der Fünften Sinfonie ertönen lässt, jene Noten, die Beethovens Sekretär, wenn nicht sogar der Komponist selbst, als klangliches Bild des „Schicksals“ bezeichnet haben soll, „das an die Tür klopft“.

BEETHOVEN und Saturday Night Fever

Die Liste wäre noch lang, doch an letzter Stelle möchte ich einen Film nennen, der die Jugend einer ganzen Generation geprägt hat, obwohl er nicht wirklich ein Meisterwerk ist: Saturday Night Fever von John Badham aus dem Jahr 1977. Die auf ihre Weise großartige Szene, in der John Travolta die Diskothek betritt – hier ist er das Idol, wird von einer Discodance-Version der Fünften Sinfonie begleitet, A fifth of Beethoven von Walter Murphy. Heute hinterlässt das Stück beim Wiederhören sicher keinen tiefen Eindruck mehr, doch wenn man dabei dem faszinierenden, frechen Auftritt des Tänzers zusieht, der die Freunde grüßt, ein paar Witze reißt und die Mädchen küsst, dann entfaltet es eine ganz andere Wirkung.
 
Podcast Radio Genius – Cattività

Moderation: Luigi Annibaldi und Lucia Pappalardo. Sendung vom 23.4.2020 – Die ersten 250 Jahren Beethovens (mit den Gästen Regina Krieger und Paolo Restuccia).

Ascolta "Cattività 31 - I primi 250 anni di Beethoven (Regina Krieger e Paolo Restuccia)" su Spreaker.

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