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Berlinale Summer Special 2021
„Herr Bachmann und seine Klasse“

Herr Bachmann und seine Klasse von Maria Speth | GER 2021
Herr Bachmann und seine Klasse von Maria Speth | GER 2021 | © Madonnen Film

Dieter Bachmann, der Protagonist dieses Dokumentarfilms, müsste eigentlich Kowalski heißen. Denn so lautete ursprünglich der Name seiner Familie, die 1937 von den Nazis dazu gezwungen wurde, einen deutschen Nachnamen zu wählen.

Von Lucia Conti

Eine wahre Geschichte, eine echte Klasse

Im Jahr 2021 steht der Lehrer Bachmann kurz vor der Pensionierung. Er lebt im hessischen Stadtallendorf und baut eine enge Beziehung zu einer 6. Klasse auf, deren 12- bis 14-jährige Schüler*innen aus 12 verschiedenen Nationen stammen. Einige von ihnen tun sich mit dem Deutschlernen schwer, und auch mit den Fortschritten in den anderen Fächern hapert es. Bachmann setzt alles daran, ihnen zu helfen. Regisseurin Maria Speth und ihr Kameramann haben den Lehrer und seine Klasse ein ganzes Schuljahr über begleitet.

Bachmanns Ansatz ist interdisziplinär, interaktiv und empathisch und ergeht sich nicht in der Rhetorik des „alternativen Lehrers“, die dem Kino und vielleicht auch der Schule viel Schaden zugefügt hat. Bachmann will nichts revolutionieren, bewirkt aber Veränderung. Herr Bachmann und seine Klasse von Maria Speth | GER 2021 Herr Bachmann und seine Klasse von Maria Speth | GER 2021 | © Madonnen Film

Heimat als Phantom

Auffällig ist, dass mehrere der Jugendlichen sich nicht als Deutsche fühlen, obwohl sie den größten Teil ihres Lebens in Deutschland verbracht haben. Ilknur behauptet, die Türkei sei ihre „wahre Heimat“, kann das jedoch nicht auf Türkisch sagen. „Wir wollen in Bulgarien sein, aber wir müssen in Deutschland leben“, sagt Stefi während eines Gesprächs zwischen dem Lehrer und ihrem Vater, bei dem sie die Rolle der Dolmetscherin übernimmt.

Während der Rauch der Fabriken über der Stadt hängt und die Eltern der Jugendlichen hart arbeiten und daher kaum Zeit für andere Dinge haben, befinden sich diese großartigen jungen Menschen auf unsicherem Terrain, zwischen den Stürmen der Vorpubertät und einer Zukunft, die ihnen die Anstrengung zur Integration abverlangt.

Nie wieder ausgeschlossen

Regina, Ayman, Cengizhan, der Italiener Mattia und die anderen haben ähnliche Träume wie ihre Altersgenossen, aber auch die Bedürfnisse derjenigen, die wachsam bleiben müssen. Hassan möchte gern Profiboxer werden, aber auch Herrenfriseur, „um nicht in der Kälte auf der Straße zu arbeiten“. Ihr Wortschatz ist begrenzt, aber was ein Gastarbeiter ist, das wissen sie alle.

Regisseurin Maria Speth Regisseurin Maria Speth | © Wolfgang Borrs Herr Bachmann verwickelt sie in anregende Aktivitäten, er hört ihnen zu und respektiert sie. Noten „sind notwendig“, entscheiden aber nicht über den Wert eines Menschen. Regeln sind wichtig, aber kein Fetisch. Niemand wird ausgeschlossen, zu keiner Zeit.

Sie sprechen über alles, wie auf einer griechischen Agora, sie singen und machen Musik wie in einem Probenraum, sie verwenden Meißel und Pinsel und wachsen dabei immer enger zusammen: Auf diese Weise verbringen die Jugendlichen und ihr Lehrer gemeinsam das Schuljahr. Sie fühlen sich zu Hause und gehen so der Zukunft entgegen.

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