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Kino in Rom
Eine Reise durch die römischen Filmclubs

Kino-Bar des Cinema Troisi mit einigen jungen Menschen, die Kaffee trinken
© Goethe-Institut Italien / Foto: Sarah Wollberg

Vor einiger Zeit wurde in einer großen italienischen Tageszeitung geschrieben, dass die römischen Filmclubs ausgestorben seien - auch der des Goethe-Instituts. Wenn das für einige historische Filmclubs Roms leider stimmen mag, haben wir für das Goethe-Institut eine gute Nachricht: Es gibt uns noch und wir sind nicht allein.

2022 gab es am Goethe-Institut mehrere Highlights wie das Konzert zum 90. Geburtstag von Edgar Reitz und neue Partnerschaften mit der Fondazione Cinema per Roma und dem Deutschen Filmfestival, das 2023 in die dritte Runde geht. Das Auditorium und der Garten des Goethe-Instituts empfangen seine Gäste nach wie vor mit einer sorgfältigen Auswahl an Filmen. Das Jahr 2023 startet mit der Filmreihe „Deutschland in Farbe – Diversität und Inklusion im deutschen Kino“, in der eine neue Generation von Regisseur*innen ganz und gar diverse Geschichten erzählt.

Alte und neue Protagonisten

Doch was ist mit den anderen Filmclubs unserer Stadt? Wir haben uns auf einen Spaziergang begeben und persönlich bei Ihnen vorbei geschaut.

Das "Biglietto d'Oro" des Cinema Troisi © Goethe-Institut / Foto: Sarah Wollberg Unser Spaziergang startet am Cinema Troisi, das 2021 von dem Verein Ragazzi del Cinema America renoviert und neu eröffnet wurde. In der Eingangslounge mit Bar ist es schon zur Frühstückszeit lebhaft. Sie haben nicht nur einen innovativen Kinosaal, sondern auch einen 24 Std. geöffneten Lesesaal mit Terrasse. Im Jahr 2022 gewannen sie den Preis „Biglietto d’Oro“ für den meist besuchten Kinosaal Italiens mit über 60.000 Besucher*innen. Ihre Filmreihen und Retrospektiven werden von Groß und Klein sehr geschätzt. Oft sind es Regisseur*innen und Schauspieler*innen selbst, die ihre Filme zu allen Uhrzeiten vorstellen und mit dem Publikum diskutieren. Der gemeinnützige Verein wurde mittlerweile zu einer Stiftung, die national und international anerkannt und vernetzt ist. Gerade diese Vernetzung ist eines ihrer Erfolgsrezepte, mit dem ihre Geschichte auch schon durch die deutschen Medien ging.  
Direkt neben dem Cinema Troisi liegt das Cinema Nuovo Sacher des Regisseurs Nanni Moretti, der dieses Jahr mit dem restaurierten Film „Sogni D’oro“ auf der Berlinale in der Sektion Berlinale Classics präsent sein wird. Neu und alt ganz nah beieinander, wie so oft in Rom. Das Cinema Nuovo Sacher gibt es in der Form schon seit 1991. Auch heute ist es noch oft der Regisseur selbst, der sein Publikum begrüßt und in die von ihm ausgesuchten Autorenfilme einführt. Was ist sein Geheimnis über die Jahrzehnte hinweg? Natürlich seine ganz persönliche Beziehung zum Kino, aber auch ein Bookshop, eine Bar und vor allem die beste Sacher-Torte der Stadt, die man seit Kurzem auch an bunten Tischen im Garten genießen kann.

Von Trastevere aus, gehen wir über den Tiber bis ins historische Zentrum. Auch nach vielen Jahren in dieser Stadt, hat man häufig das Gefühl, man befinde sich in einem Film. Auf dem sagenumwobenen und lebendigen Marktplatz Campo de‘ Fiori liegt das Cinema Farnese. Auch dieses Kino gehört zu den alteingesessenen der Stadt, in den 70er Jahren war es ein wichtiger Treffpunkt für Intellektuelle wie Pasolini und Moravia. Heute trägt das Kino in seinem Namen den Zusatz Arthouse. Es zieht immer noch ein großes Publikum an, von den morgendlichen Schulklassen bis zu den abendlichen Filmbegeisterten, die bis auf die Piazza hinaus Schlange stehen.

Nicht nur die jüngere Generation, wir wollen lebendig und in ständigem Austausch mit Euch allen bleiben. Liebhaberinnen und Liebhaber des echten, hochwertigen und unabhängigen Films.

Vom Kolosseum bis vor die Tore der Stadt

Weiter geht’s auf unserer Reise nach Monti. Hier in den Gassen des Viertels hinter dem Kolosseum lag bis vor einigen Tagen der Cineclub Detour. Heute treffen wir leider nur auf eine schöne Häuserfront mit leeren Schaufenstern und dem Schild „Zu verkaufen“. Der Cineclub Detour ist bekannt für experimentelles Kino und Kontaminationen aller Art, die von kleinen ausländischen Produktionen über Low-Budget-Filme, Underground-Videokunst bis hin zum On the Road Filmfestival gehen. Die Pandemie, die Corona-Wellen, die steigenden Preise durch Krieg und Energiekrise und das veränderte Verhalten des Kinopublikums haben dazu geführt, dass sie den Kinosaal in der Via Urbana 107 trotz aller Mühen nicht mehr aufrechterhalten konnten. Bis zur Schlüsselübergabe durften die treuen Besucher*innen sich in den letzten Wochen ein Teil aus dem Saal mit nach Hause nehmen. So wird die Seele dieses Kinosaals in den Wohnungen Roms in kleinen Teilen weiterleben. Aber nicht nur das! Seine Gründer erlauben uns nicht vom Cineclub Detour in der Vergangenheit zu sprechen. Sie sind bereit für Veränderung und auf der Suche nach einem neuem Zuhause. Wer eine Idee hat, weiß also an wen er sich wenden kann, denn das Motto dieser Tage lautet: „Schließen, um sich neu zu erfinden.“

Nachdem wir von Trastevere durch das historische Zentrum bis rauf nach Monti spaziert sind, müssen wir unbedingt noch weiter. Vor den Toren der Stadt, in dem für den italienischen Film nicht weniger bedeutsamen Viertel Pigneto, wo Pasolini einst seinen Film „Mamma Roma“ drehte, liegt das von der Mafia konfiszierte Kino Nuovo Cinema Aquila. Bei dem internationalen Programm war auch das Goethe-Institut schon mehrmals Partner, was die Aufführung deutscher Filme und ganz besondere Nischenevents wie das Hip Hop Cinefest angeht.
  • Terrasse des Cinema Troisi © Goethe-Institut Italien / Foto: Sarah Wollberg
  • Il Cinema Nuovo Sacher © Goethe-Institut / Foto: Sarah Wollberg
  • Der Garten des Cinema Nuovo Sacher © Goethe-Institut Italien / Foto: Sarah Wollberg
  • Il Cinema Farnese a Campo de' Fiori © Goethe-Institut Italien / Foto: Sarah Wollberg
  • L'ingresso di Via Urbana 107 dov'era il Cineclub Detour © Goethe-Institut Italien / Foto: Sarah Wollberg
  • Il Nuovo Cinema Aquila al Pigneto © Cinema Mundi Onlus
  • Der Auftaktfilm der Filmreihe "Deutschland in Farbe" im Auditorium des Goethe-Institut Roms © Goethe-Institut Italien / Foto: Carmen Hof

Von Inspiration und Zauber

Am Ende unserer Reise wissen wir: Rom hat in Sachen Film einige Schwierigkeiten, aber auch immer noch sehr viel zu bieten. In der Stadt, in den Kinosälen und um sie herum, gibt es eine Welt, die man auf keiner Streaming-Plattform findet. Sie ist aus Menschen, Begegnungen, Austausch und einer ganz besonderen Auswahl an Autorenfilmen gemacht. Es geht auch heute immer noch um Inspiration, Zauber und Bewegung. Genau die braucht es, um sich selbst und das Kino lebendig zu halten. Unsere Empfehlung für heute lautet: Das muss man mit eigenen Augen sehen. Wir sehen uns am Goethe-Institut – denn genau hier erneuert sich unsere Reise jeden Tag, beziehungsweise, jeden zweiten Donnerstag, wenn es heißt: „Deutschland in Farbe“. Handys aus, Film ab!
 
Ein Filmclub ist ein Programmkino, das Filme zeigt, die es sonst kaum zu sehen gibt. Diskussion mit Regisseur*innen, Filmreihen und Retrospektiven, aber vor allem der Austausch, die Gemeinschaft und die weiterführende Kulturarbeit stehen dabei im Vordergrund. In dem Sinne sprechen wir hier von einer kleinen Auswahl an römischen Filmclubs ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Ihr habt weitere im Sinn? Schreibt uns gerne!
Die nächste Reise wird uns zu den anderen ausländischen Kulturinstituten in Rom führen, die wie das Goethe-Institut Filmreihen und Festivals mit Filmen aus der ganzen Welt zeigen.

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