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Fahrradmobilität und nationale Radwege
Für ein fahrradfreundliches Rom

Alberto Fiorillo, responsabile aree urbane e mobilità di Legambiente
© Andrea Romagnoli

Die italienische Regierung hat den Bau eines nationalen Radwandernetzes mit einer Gesamtlänge von etwa 1.500 Kilometern beschlossen und finanziert. Zu diesem gehört auch der Grande Raccordo Anulare delle Biciclette (GRAB), der große Radring in Rom. Angeregt und konzipiert wurde der städtische Radweg von einer Gruppe von Verbänden (darunter auch Legambiente), städtischen Institutionen und technischen Partnern. Und das, wie man auf der Homepage des Projekts lesen kann, mit der freiwilligen Unterstützung von Fachleuten und Experten aus den Bereichen städtischer Raum, Landschaftsplanung, städtisches Grünland, Mobilität, infrastrukturelle Erschließung, Fahrradmobilität, Tourismus und Green Economy sowie in kontinuierlichem Austausch mit den Bewohnern der Stadt.

Von Giovanni Giusti

Die Fehler, die man bei anderen Infrastrukturprojekten gesehen hat, sollten sich beim GRAB also nicht wiederholen. Aber ist das Projekt nicht zu touristisch angelegt, müsste es sich nicht stärker an den Mobilitätsbedürfnissen der lokalen Bevölkerung orientieren?

„Der GRAB ist zweifellos eine Kombination aus touristisch orientierten und langfristigen Maßnahmen für die Stadt. Ein wichtiger Punkt besteht für uns darin, die Menschen von der Qualität dieses Lebensstils zu überzeugen, diese Form der Mobilität emotional positiv zu besetzen. Und auch wenn ich als Mitwirkender parteiisch bin, bin ich davon überzeugt, dass das mit dem GRAB gelungen ist. In jedem Fall handelt es sich um ein Projekt, das von 70 % der Römer als dringend und grundlegend für die städtische Lebensqualität erachtet wird und von dem 40 % der gesamten städtischen Bevölkerung sagen, dass sie es nutzen würden. Wenn wir nun bedenken, dass heute 0,4 % der Stadtbewohner mit dem Rad fahren und 40 % der Römer den GRAB gerne nutzen würden, dann sprechen wir hier von einer Steigerung um ein Tausendfaches.

Ein weiterer wichtiger Punkt, auch aus wirtschaftlicher Sicht, ist der Beweis, dass ein Infrastrukturprojekt dieser Art die entsprechenden Baukosten von selbst wieder hereinbringen und der Stadt sogar noch zusätzliche Einkünfte bescheren kann. Der italienische Industrieverband Confindustria hat berechnet, dass der GRAB, allein durch die Verlängerung der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer von Touristen, der Stadt zusätzliche 50 Millionen aus direkten und indirekten Steuereinkünften beschert.

Was am GRAB in dieser Hinsicht aber wirklich besonders ist, und worauf bisher kaum hingewiesen wurde: Der große Radring ist nichts anderes als die Summe einer Reihe von der Stadt ohnehin bereits beschlossener Projekte. Die gesamten 45.000 Meter wurden aus Projekten zusammengesetzt, die Rom zwar bereits verabschiedet hat – zum Teil vor wenigen Jahren, zum Teil vor Jahrzehnten – die aber bislang noch nicht umgesetzt wurden.

Neben den verschiedenen Aspekten der infrastrukturellen Erschließung und der Verkehrssicherheit haben wir außerdem auf bestmögliche Anbindungen an das Bahnnetz geachtet – das die Möglichkeit bietet, das Fahrrad in den Zug mitzunehmen – sowie darauf, die Zahl der Kreuzungen so gering wie möglich zu halten. Entlang 45 Kilometern Strecke treffen wir auf nur 77 Kreuzungen. Deren Sicherheit wird durch erhöhte Plateaus gewährleistet, die Autos zum Verlangsamen zwingen und durch ihre andersfarbige Gestaltung von Radfahrern früher erkannt werden.

Aber um auf die Frage zu antworten: Der GRAB ist in diesem Sinne ein bewusster Kompromiss zwischen den Bedürfnissen des Tourismus, der Freizeitradfahrer und der Pendler. Vor allem aber handelt es sich um ein Infrastrukturprojekt für die Stadt Rom. Würde ich heute eine Infrastruktur für die Mobilitätsbedürfnisse jener planen, die bereits das Fahrrad nutzen, wäre das eine Infrastruktur für 0,4 % der Einwohner. Wir wollten hingegen ein Projekt entwickeln, das alle anspricht.“

Eine Frage noch zum Abschluss. Was ist in Rom für Menschen ohne eigenes Fahrrad besser: klassisches Bike-Sharing mit festen Stationen, an denen das Fahrrad abgeholt und wieder abgestellt wird, oder stationsloses Bike-Sharing, bei dem man das Fahrrad dort übernimmt, wo man es findet, und abstellt, wo man möchte?

„Die Idee des stationslosen Bike-Sharings fasziniert mich sehr. Ich denke es könnte damit künftig eine viel bessere Durchdringung erreicht werden, auch im Vergleich zu den privaten Fahrrädern.

Beim klassischen Bike-Sharing haben wir deutliche Einschränkungen. Dazu zählt zunächst einmal die Rückverteilung an die Stationen, die jeden Abend per LKW erfolgt. In Bezug auf die Umweltbilanz bedeutet dies, dass man das untertags erreichte Plus abends bei der Rückverteilung mit den LKWs wieder verliert. Denn auch wenn es sich um E-Laster handelt, sind sie doch eine Belastung für die Umwelt. Davon abgesehen ist klassisches Bike-Sharing sehr teuer, jedes Fahrrad kostet pro Jahr nicht weniger als 2.500 Euro. Dabei ist der größte Kostenfaktor die Rückverteilung, nicht etwa Vandalismus. Und schließlich müsste man, damit dieses System wirklich gut funktioniert, wie in Paris alle 300 Meter eine Station bereitstellen. Aber dafür bräuchte es zunächst eine fahrradfreundliche Stadt.“

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