Sasha Marianna Salzmann
Die Theaterautorin

„Romane sind Trainingsgeräte, um die eigene Geduld zu schulen“: Autorin Sasha Marianna Salzmann ließ sich beim Schreiben ihres Romandebüts „Außer sich“ viel Zeit.
„Romane sind Trainingsgeräte, um die eigene Geduld zu schulen“: Autorin Sasha Marianna Salzmann ließ sich beim Schreiben ihres Romandebüts „Außer sich“ viel Zeit. | Foto (Zuschnitt) ©picture-alliance/Sven Simon/Elmar Kremser

„Ich komme aus dem Theater“, sagt sie gern, wenn sie nach ihrer Herkunft gefragt wird: Die Dramatikerin und Regisseurin Sasha Marianna Salzmann bespielt Bühnen, kuratiert Theaterfestivals und schreibt Essays. Zudem ist sie erfolgreiche Romandebütantin. 

Von Romy König

„Facettenreiches Generationspanorama“

Gleich ihr erster Roman schaffte es auf die Shortlist des Deutschen Buchpreises und gewann den Literaturpreis der Jürgen Ponto-Stiftung: In Außer sich (2017) setzt sich Sasha Marianna Salzmann, die Literatur, Theater und Medien sowie Szenisches Schreiben studiert hat, mit Fragen der Identität, Migration, Familie und Zugehörigkeit auseinander. Sie erzählt die Geschichte eines jüdischen Zwillingspaars, das im postsowjetischen Moskau und später in einem Asylheim in Westdeutschland aufwächst. Salzmann wurde selbst im sowjetischen Wolgograd als Kind einer jüdischen Familie geboren und kam 1995 im Alter von zehn Jahren mit ihrer Familie nach Deutschland. 
 
Mit den Arbeiten an ihrem Romandebüt begann sie schon 2012, während sie sich als Schreibstipendiatin in Istanbul aufhielt. Die Jury der Jürgen Ponto-Stiftung attestierte ihr, ein „facettenreiches Generationspanorama von der Sowjetunion im 20. Jahrhundert bis ins Europa der Gegenwart“ gezeichnet zu haben. Die Juroren des Mara-Cassens-Preises, den Salzmann im Folgejahr erhielt, beschrieben das Romandebüt als „in tiefster Weise provozierend“.

Frau mit Haustheater

Der Roman machte Salzmann deutschlandweit bekannt. Doch von sich reden machte sie bereits zuvor mit ihren Arbeiten am Berliner Maxim-Gorki-Theater, für das sie seit 2013 als Hausautorin tätig ist. Hier leitete sie von 2013 bis 2015 das Studio Я, eine Studiobühne, die die Zeitung Die Welt als „spannendste Experimentierbühne Deutschlands“ bezeichnete. Salzmann schätzt ihr Haustheater nicht zuletzt, weil sie hier auf Menschen treffe, die „konstruktiv-aggressiv“ mit Situationen, etwa dem Ausgang der vergangenen Bundestagswahl, umgingen. Hier feierte 2018 auch die Bühnenversion von Außer sich Premiere. 

Uraufführung des Salzmann-Stücks „Meteoriten“ am Gorki Theater.
Uraufführung des Salzmann-Stücks „Meteoriten“ am Gorki Theater. | Foto: ©picture-alliance/dpa-Zentalbild/Claudia Esch-Kenkel
Salzmanns dramatische Arbeiten überzeugen Zuschauer wie Kritikerinnen: Ihr Stück Muttersprache Mameloschn gewann den Publikumspreis bei den Mülheimer Theatertagen. Die Theaterzeitschrift Die Deutsche Bühnebezeichnet Salzmann „mit ihrem sensiblen Blick auf eine brutale Gegenwart“ und „ihren biographischen Blicken“ als die vielleicht „deutschsprachige Theaterautorin der Stunde“. 

Desintegration: „Ich mache nicht mit, aber ich halte mich nicht raus“

Ebenfalls am Maxim-Gorki-Theater veranstaltete Salzmann zusammen mit dem Lyriker Max Czollek einen „Desintegrationskongress“ (2016) und die „Radikalen Jüdischen Kulturtage“ (2017), auf denen sich internationale Künstler mit Fragen zeitgenössischer jüdischer Identität beschäftigten. „Desintegration bedeutet: Ich mache nicht mit“, erklärte sie der Berliner Zeitung. „Es bedeutet gerade nicht: Ich halte mich raus.“ Sie selbst inszenierte im Rahmen der Kulturtage Die Geschichte vom Leben und Sterben des neuen Juppi Ja Jey Juden von Sivan Ben Yishai. 

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