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Illustrierte Bücher zwischen Italien und Deutschland
Ursprünge und Ansätze

Bücher von Susanne Mattangeli und Vessela Nikolova im Schaufenster von Ocelot in Berlin-Mitte
Bücher von Susanne Mattangeli und Vessela Nikolova im Schaufenster von Ocelot in Berlin-Mitte | © Goethe-Institut Italien | Foto: Giulia Mirandola, 2021

Die illustrierten Bände im Schaufenster so mancher Berliner Buchhandlung helfen beim Nachdenken darüber, welche Wege Bilderbücher und Comics nehmen, die in Italien oder aber in Deutschland das Licht der Welt erblicken und später im jeweils anderen Land auf den Markt kommen. Der Eindruck ist, dass die Bewegung nicht nur in eine Richtung verläuft.

Von Giulia Mirandola

Von Berlin aus

Von einigen italienischen Verlagen, die sich auf die Konzeption, Herstellung und den Vertrieb von illustrierten Büchern spezialisiert haben, ist zu hören, dass der deutsche Buchmarkt in dieser besonderen Sparte nur selten vom eigenen Kanon abrückt. Die Vorstellung, die ich von meiner Außenperspektive aus gewinne, lässt mehr Spielraum offen. Während ich mir Notizen mache und fotografiere, was ich in den Regalen und Schaufenstern verschiedener Buchhandlungen sehe, frage ich mich, ob nicht gerade ein Wandel im Gange ist. In einigen Fällen ist deutlich wahrnehmbar, dass die Verlage nun mit der Entdeckung von Autor*innen begonnen haben, die im deutschsprachigen Raum bisher noch nie veröffentlicht wurden. In anderen Fällen ist es inspirierender, sich darin zu üben, die Entscheidungen der ursprünglichen und der einkaufenden Verlage nachzuvollziehen. Als nützlich erweisen sich auch einige Besuche in öffentlichen Bibliotheken, die regelmäßig Kinder- und Jugendliteratur vorstellen, denn zwischen der Auswahl der Buchhandlungen und den Lektüreempfehlungen der Bibliothekar*innen besteht ein Zusammenhang.

Trilogien und Tetralogien

Von 2019 an sind diese Bücher, eines nach dem anderen, auch in deutscher Übersetzung erschienen: Die Rede ist von In spiaggia (2017), Al mercato (2019) und Al museo (2020) von Susanna Mattiangeli (Text) und Vessela Nikolova (Illustrationen), die in Italien bei Topipittori veröffentlicht wurden. Im deutschsprachigen Raum hat sie der Bohem Verlag herausgebracht, unter den Titeln Ein Strandtag (2019), Ein Markttag (2020) und Ein Museumstag (2021). Obgleich keine Wimmelbücher, erinnern sie doch an dieses Format, in dem gerade die deutsche Autorin Rotraut Susanne Berner eine wahre Meisterin ist. Ihre Bücher erscheinen im Gerstenberg Verlag. In Italien hat sie Topipittori mit der Jahreszeiten-Tetralogie, dem Band La notte (dt. Nacht-Wimmelbuch) und La bambina e il gatto (dt. Das Kind und die Katze, Text von Ingrid Bachér, Erstausgabe Büchergilde, aktuelle Ausgabe Hanser Verlag) im Programm. Die erste Ausgabe des Winter-Wimmelbuchs erschien 2003. Heute liegt es in seiner achtunddreißigsten Auflage vor. Es dauerte etwa fünfzehn Jahre, bis Berners beliebte Bücher auch in Italien geschätzt wurden.

Die Natur im Vordergrund

Ein echtes Wimmelbuch ist Nel mio giardino il mondo von Irene Penazzi, das in Italien 2019 bei Terre di mezzo und in Deutschland Anfang 2021 bei Beltz & Gelberg, hier unter dem Titel In unserem Garten, erschienen ist. In einer Stadt der Gartenliebhaber wie Berlin, die mit ihren rund 2.500 (Gemüse)gärten und öffentlichen Parks als grünste Metropole Europas gilt, wurde eine solche Geschichte selbstverständlich mit offenen Armen aufgenommen. Zu hoffen ist nun, dass auch Su e giù per le montagne (Terre di mezzo, 2021; dt. etwa Über Berg und Tal) bald in Deutschland veröffentlicht wird, bedenkt man, wie viel Zeit und Aufmerksamkeit die Deutschen dem Wandern in Wald und Gebirge widmen.
  • Die beiden von Camilla Pintonato illustrierten Bücher, verlegt in Deutschland im Verlag Kleine Gestalten © Goethe-Institut Italien | Foto: Giulia Mirandola, 2021
    Die beiden von Camilla Pintonato illustrierten Bücher, verlegt in Deutschland im Verlag Kleine Gestalten
  • Buch von Irene Penazzi im Schaufenster zum Thema Pflanzen und Gärten, Buchhandlung Kunst-Buch Kollwitzplatz in Berlin-Prenzlauer Berg © Goethe-Institut Italien | Foto: Giulia Mirandola, 2021
    Buch von Irene Penazzi im Schaufenster zum Thema Pflanzen und Gärten, Buchhandlung Kunst-Buch Kollwitzplatz in Berlin-Prenzlauer Berg
  • Das Buch Sommerhaus am See vor dem Haus, das Teil der Geschichte ist © Goethe-Institut Italien | Foto: Giulia Mirandola, 2021
    Das Buch Sommerhaus am See vor dem Haus, das Teil der Geschichte ist
  • Das Buch von Jörg Müller in der neuen Ausgabe des Verlags Lazy Dog Press © Goethe-Institut Italien | Foto: Giulia Mirandola, 2021
    Das Buch von Jörg Müller in der neuen Ausgabe des Verlags Lazy Dog Press
  • Der Verlag Canicola hat sich beim letzten Buch von Anke Feuchtenberger Der Spalt für das Großformat entschieden. © Goethe-Institut Italien | Foto: Canicola
    Der Verlag Canicola hat sich beim letzten Buch von Anke Feuchtenberger Der Spalt für das Großformat entschieden.
Pflanzen- und Tierreich, Erkundungen unter freiem Himmel, kleine und große Reisen, dies sind einige der Merkmale, die das unter dem Namen Kleine Gestalten firmierende Kinder- und Bilderbuchprogramm des Verlags Gestalten auszeichnen. Hier haben nacheinander zwei Bände der Quintoquarto Edizioni eine Heimat gefunden: Il gallinario (Texte von Barbara Sandri und Francesco Giubbilini, Illustrationen von Camilla Pintonato), unter dem Titel Ich wollt, ich wär ein Huhn, und Il porcellario (Text Daisy Bird, Illustrationen Camilla Pintonato), auf Deutsch Schwein gehabt!. In beiden Fällen ist auf die Vermittlerrolle der Debbie Bibo Agency zu verweisen, eine Agentur mit Sitz in Italien, die sich auf illustrierte Bücher für alle Altersstufen spezialisiert hat. Neben den bereits erwähnten Titeln hat die Debbie Bibo Agency auch In diesem Augenblick von Flavia Ruotolo, erschienen bei Prestel, und Around the World in 24 Farmers Markets (Text Maria Bahareva, Illustrationen Anna Desnitskaya) nach Deutschland gebracht. Letzteres erscheint in Kürze sowohl bei Gerstenberg als auch in Italien bei Donzelli.

Wahlverwandtschaften

2020 hat das Berliner Verlagshaus Jakoby & Stuart Sommerhaus am See von Thomas Harding mit Illustrationen von Britta Teckentrup veröffentlicht. Gleichzeitig ist der Band unter dem Titel La casa sul lago in Italien bei Orecchio Acerbo erschienen, ein Verlag, der schon immer Bücher und Namen aus dem deutschsprachigen Raum im Programm geführt hat. Dass wir die Geschichte dieses paradigmatischen Buches heute kennen, verdanken wir einem Haus – dem Alexander Haus, das Besuchern offen steht und erst vor wenigen Jahren unter Denkmalschutz gestellt wurde –, und natürlich Thomas Harding, der sie rekonstruiert und niedergeschrieben hat. Bücher wie diese, die an Orte gebunden sind, wecken den Wunsch in Richtung der dort beschriebenen Landschaften aufzubrechen, in einem Anflug von Neugier und Teilnahme an den Geschichten der anderen. So entsteht unmittelbar Raum für eine Begegnung zwischen den Kulturen.

Britta Teckentrups Bücher erleben 2020–2021 in Italien ein erfolgreiches Jahr. Neben dem mehrfach preisgekrönten La casa sul lago erscheinen auch L’uovo (dt. Das Ei) und Il germoglio che non voleva crescere (dt. Der kleine Spross), beide bei Uovonero, und eine Reihe von Büchern für kleine Leser bei Gallucci.

Anke Feuchtenberger und Jörg Müller kehren zurück

10 Jahre nach Grano blu veröffentlicht der Comicverlag Canicola wieder ein Werk von Anke Feuchtenberger, eine der bedeutendsten Illustrator*innen der Berliner Szene nach der Wende. 2020 erhielt sie den „Max-und-Moritz-Sonderpreis für ein herausragendes Lebenswerk“, in Deutschland die wichtigste Anerkennung im Comicbereich. Ihr neues Buch heißt Fessure, ist während des Lockdowns entstanden und erscheint, dank der Kooperation mit dem Museum Villa Stuck, gleichzeitig unter dem Titel Der Spalt auch auf Deutsch. Völlig anders gestaltet sich die Situation im Fall von Jörg Müller und Dove c’era un prato, ein Band, der erstmals 1973 unter dem Titel Alle Jahre wieder saust der Presslufthammer nieder oder Die Veränderung der Landschaft bei Sauerländer in der Schweiz erschienen ist und nun in Italien von Lazy Dog Press neu aufgelegt wurde. Wer weiß, welche Wirkung dieser Klassiker der Landschaftsliteratur, ein Buch ohne Worte und für alle Altersgruppen, auf die Fridays for future-Bewegung hat.

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