Video-Installation Una nave pirata ostreopsis ribelle, al molo starà

Lindsay Cammack © Lindsay Cammack

Fr, 15.07.2022 –
Do, 15.09.2022

Genua, Sala Dogana

Vom 15. Juli bis 15. September 2022 findet in Genua BIOFILIA, Biennale arte e ambiente statt. Eine Vielzahl von Kunstinstallationen, Filmreihen, Videobeiträgen, Workshops und Diskussionsplattformen laden zur Reflexion über unser Verhältnis zur Natur ein und öffnen neue Räume für subjektives Erleben, und Austausch über bestehende Möglichkeiten des aktiven Handelns im Sinne der Nachhaltigkeit und Ökologie.

Die Beiträge des Goethe-Instituts Genua im Rahmen und rund um BIOFILIA:

- FRAGMENTS OF REALITY, Site-specific-Installation im Park des Museums für Zeitgenössische Kunst von Villa Croce in Zusammenarbeit mit der Stadt Genua

UNA NAVE PIRATA E OSTREOPSIS RIBELLE, AL MOLO STARÀ, Video-Installation in der Sala Dogana in Zusammenarbeit mit Istituto Italiano di Tecnologia, ARPAL Liguria, Palazzo Ducale Fondazione per la Cultura Genova

- LA SOSTENIBILE LEGGEREZZA DELL'ESSERE, Filmreihe in Zusammenarbeit mit SUQ Festival, Club Amici del cinema, CineClub Nickelodeon, Legambiente Liguria, Fiab Genova Amici della Bicicletta, Cittadini Sostenibili e Associazione tRiciclo Bimbi a Basso Impatto, Associazione Serre di San Nicola

- Workshops für Kinder und Jugendliche zum Thema "Was ist Nachhaltigkeit? " und Workshops für DaF-Lehrkräfte.
 

UNA NAVE PIRATA E OSTREOPSIS RIBELLE, AL MOLO STARÀ

Von Lindsay Cammack

Cammack Lindsey arbeitet zur "Verstrickung zwischen dem Versagen von Ökosystemen und der Ausbeutung menschlicher und nicht-menschlicher Arbeitskraft im extraktiven Kapitalismus". Ihr geht es um eine andere Beziehung zwischen Menschen und ihrer Umwelt, die durch das Herstellen von arten- und zeitenübergreifenden Verbindungen entsteht.

Im Sinne der Suche nach lokalen Verwandtschaften, wie es etwa von Donna Haraway in »Staying with the Trouble« vorgeschlagen wird, suchte Lindsey während ihrer Residency in Genua vor Ort nach Verbindungen zwischen der lokalen Umwelt und dem Einfluss der Menschen und ihrer Historie auf diese Umwelt.
In Kollaboration mit mehreren lokalen Forschungseinrichtungen (Bioinspired Soft Robotics Lab des Istituto Italiano di Tecnologia, ARPAL (Regional Agency for the Environmental Protection in Liguria) und Benthic Ecology Lab der Universität Genua) entstand »a musical video essay«. Diese multimediale Videoarbeit verbindet (u.a.) Poesie, Sound, 3D-Objekte, Gesang, nicht-menschliche Akteure, naturwissenschaftliche Forschung, Robotik und die durch menschliches Handeln ausgelösten Transformationen der Umwelt.

Im Zentrum stehen Cyanobakterien und andere Mikroalgen. Cyanobakterien zählen zu den ältesten Lebewesen überhaupt und entwickelten die Photosynthese, wodurch Sauerstoff entsteht. Durch die Vermehrung der Cyanobakterien kam es vor ca. 2,5 Milliarden Jahren zu einem plötzlichen Anstieg des Sauerstoffgehalts, wodurch die Lebensbedingungen auf der Erde grundlegend verändert wurden und die Basis für das heutige Leben auf der Erde geschaffen wurde. Durch die menschgemachten Auswirkungen auf die Umwelt kommt es seit den 1970er Jahren zu einer erhöhten Ausbreitung der Cyanobakterien und anderer Mikroalgen, deren Blüte (als "Algenblüte" bekannt) toxische Stoffe freisetzt. Im Jahr 2005 wurde an der Küste Genuas die Mikroalge der Spezies Ostreopsis via Aerosole in menschliche Körper getragen, wo sie die Gesundheit beeinträchtigte. Dies ist der Ausgangspunkt einer Reise von Cammack, die Cyanobakterien, den italienischen General Giuseppe Garibaldi, den Suez Kanal, die Industrialisierung, die Vereinigung zu Arbeiterbewegungen, die Seeräuber-Jenny aus der Dreigroschenoper, einen auf Ostreopsis zuwachsenden "GrowBot" und weitere Akteure verflechtet.

ZUR PERSON

Cammack Lindsey (geb. 1990) studierte Kunst und Literatur an der University of Texas, Textildesign an der École supérieure d'art Françoise Conte in Paris und Kunst und Medien an der UdK Berlin. Primär arbeitet sie in Form von Sound, Performances und Installationen.
Im Zentrum ihrer Arbeit stehen Cyanobakterien (Blaugrünbakterien). Diese tragen durch die Umwandlung von Kohlendioxid in Sauerstoff zum ökologischen Gleichgewicht bei. Durch Klimaveränderungen, die durch die Industrialisierung und den Kapitalismus hervorgerufen werden, haben sich Cyanobakterien mitunter allerdings zu umfangreich ausgebreitet und erzeugen zu viele Toxine, wodurch sie zu einer Belastung für das Ökosystem werden.
Cammack sieht Parallelen zwischen der Entwicklung der Cyanobakterien und der menschlichen Ausbeutung im Zuge von Industrialisierung und Kapitalismus. Diese wird sie während ihrer Residenz am Instituto Italiano di Tecnologia in Genua weiter erforschen und künstlerisch ausarbeiten. Dazu wird sie Messungen der Bakterien mit Neuronalen Netzen analysieren und die so gefundenen Muster auf autonome Maschinen übertragen. Durch die Erweiterungen der Bakterien auf maschinelle Körper entstehen Beziehungsgeflechte zwischen Ökosystemen, der Ausbeutung von Arbeitskräften und der voranschreitenden Automatisierung.


Text von Mattis Kuhn für "Magazin Zeitgeister", © 2022 Goethe-Institut
 

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