Im Rahmen von
Tanz Bozen, 12. - 27. Juli 2018, werden
Helena Waldmann mit
Good Passports Bad Passports - A borderline experience und
Gauthier Dance/Theaterhaus Stuttgart mit
Ballett102 und mit
Mixed Bill präsentiert.
- Montag, den 16 Juli 2018, 21.00 Uhr
Stadttheater Bozen, Großer Saal
Helena Waldmann - Good Passports Bad Passports – A borderline experience
Italienische Erstaufführung
Nach der Aufführung findet ein Künstlergespräch mit Helena Waldmann statt.
Tanzregie, Bühne und Konzept: Helena Waldmann; Dramaturgie und musikalische Konzeption: Tobias Staab; Musik: Mika Vainio, Arne Deforce, Jean-Philippe Rameau, Richard Wagner; Kostüme: Judith Adam; Licht: Herbert Cybulska
Darsteller: Sara Enrich Bertran, Antonia Modersohn, Tjorm Palmer, Enrico Paglialunga, Lysandre Coutu-Sauvé, Declan Whitaker, Carlos Zaspel, 24 Mauerbauer
Dauer ca. 60 Min
Unter der Schirmherrschaft von Goethe-Institut Mailand
Helena Waldmann ist für das Festivalpublikum keine Unbekannte. 2016 präsentierte sie ihre Arbeit
Made in Bangladesh und zog darin Parallelen zwischen der wirtschaftlichen Ausbeutung von Textilarbeiterinnen in Bangladesch und den Arbeitsbedingungen in der westlichen Kulturindustrie. 2018 zeigt sie bei Tanz Bozen, in einer italienischen Erstaufführung, ihr jüngstes Werk:
Good Passports Bad Passports.
Im Mittelpunkt von
Gute Pässe Schlechte Pässe – und ebenso zentral auf der Bühne – steht eine Mauer aus Menschen, die zwei sehr unterschiedliche Ensembles, eine zeitgenössische Tanzkompanie und eine aus der Welt des Nouveau Cirque, voneinander trennt.
Waldmanns Protagonisten: dreißig Menschen – Tänzer und Akrobaten, Mauerbauer und Mauerschauer, Hiesige und Fremde. Auch wenn die Bühne sie eint, entstehen verschiedene Lager, verhärten sich die Fronten. Immer neue menschliche Demarkationslinien bilden sich, zwischen Tänzern und Akrobaten, aber auch ganz persönlich in unseren Köpfen. Die scheinbare Selbstverständlichkeit von Grenzen und des überkommenen Nationalismus des 19. und 20. Jahrhunderts (François Mitterrand: "Le nationalisme, c'est la guerre") führt zu der Frage: Was markieren Grenzen wirklich? Gerade in einer globalisierten Welt gilt: Je mehr die Tänzer und Artisten als zwei grundverschiedene Theaterkulturen dazu übergehen, sich spiegelbildlich in ihren Bewegungssprachen anzunähern, desto dringlicher ziehen sie ihre Grenzen. Die einmal errichtete kulturelle Differenz scheint umso nötiger zu werden, je deutlicher wird, dass die Grenze gar nicht oder nur virtuell existiert. Die Sehnsucht nach einer geschlossenen Gesellschaft führt zur Heiligsprechung ihrer eigenen Sprechweisen und ihrer eigenen Traditionen, sie insistiert auf eigene Körpertechniken, selbst wenn beide Nationen vor Minuten kein anderes Ziel kannten als ihre Grenzen zu überwinden. Der Pass, seine Gültigkeit, sein Ansehen, die Bewegungsfreiheit, die er garantiert oder nimmt, er ist nur der erste Repräsentant des Nationalismus, den wir alle mit uns führen.
- Freitag, den 27. Juli 2018, 20.00 Uhr
Stadttheater Bozen, Studio
Gauthier Dance/Theaterhaus Stuttgart - Ballet 102
Italienische Erstaufführung
Kostüme und Licht: Eric Gauthier; Soundcollage: Jens-Peter Abele, Eric Gauthier
Dauer ca. 7 Min
Ballet 102 ist eine kurze aber intesive Pas de deux-Parodie. Das Stück entstand als Fortsetzung von
Ballet 101, jener Satire auf die Positionen des akademischen Tanzes, die Gauthier 2006 schlagartig zum Darling der Tanzszene machte. In
Ballet 102 vereint er 102 klassische Pas-de-deux-Positionen – und solche, die es gar nicht gibt – und führt das Zusammenspiel des Paares im Tanz auf ironische Art vor Augen.
- Freitag, den 27. Juli 2018, 21.00 Uhr
Stadttheater Bozen, Großer Saal
Gauthier Dance/Theaterhaus Stuttgart - Mixed Bill (Beating / Infant Spirit / Electric Life / Minus 16)
Italienische Erstaufführung
Choreografien: Virginie Brunelle, Eric Gauthier & Andonis Foniadakis, Marco Goecke, Ohad Naharin
Nach wie vor gilt: Wer als Choreografin in der Welt des Tanzes ganz nach oben kommen will, muss doppelt so gut sein und doppelt so leidensfähig wie die männlichen Kollegen. Mindestens. Höchste Zeit also für ein Programm, das die Grandes Dames des Tanzes würdigt. Drei der vier Stücke im
Mixed Bill, das Gauthier Dance an diesem Abend als italienische Erstaufführung zeigt, tun genau dies: Sie erweisen den weiblichen Ikonen des Tanzes ihre Reverenz bzw. stammen aus weiblicher Feder. Virginie Brunelle, Choreografin und Leiterin ihrer eigenen Kompanie macht den Auftakt. Mit ihrem poetischen Stück
Beating begibt sie sich auf die Suche nach der Wahrheit von Gefühlen und stellt ihre Protagonisten auf eine harte Probe. Sie lässt die Tänzerinnen und Tänzer auf der Bühne Liebe und Leid, Anziehung und Konflikte durchleben. Auf sie folgt der renommierte Choreograf Marco Goecke, geboren und aufgewachsen in Wuppertal, mit
Infant Spirit, einem intensiven Solo. Die dritte Choreografie des Abends,
Electric Life trägt die Handschrift von Eric Gauthier und Andonis Foniadakis. Das Stück ist Louise Lecavalier gewidmet. Sie verkörpert für Gauthier die pure Energie des Tanzes. Musikalisch lässt sich Electric Life von den 80er Jahren inspirieren, unter anderem von einem Song David Bowies – Louise Lecavaliers Bruder im Geiste. Eine Zeile aus
Moonage Daydream bringt es auf den Punkt:
„I‘m a space invader" – zwei Künstler, wie von einem anderen Stern. Der Abend endet mit dem Kultstück
Minus 16 des Israeli Ohad Naharin. Die Arbeit vereint unterschiedlichste Episoden, Musiken und Stimmungen, jeweils neu arrangiert: Vom entfesselten Stuhlkreis mit kraftvollen, orientalisch angehauchten Gesängen bis hin zu Dean Martin, Mambo und Techno-Musik, macht es den Abend zu einem intensiven Erlebnis für Tänzer und Publikum.
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