Sex (los)
Virtuelle Traumfrauen

Demonstration des Spiels „VR Kanojo“ mit `Duft-Add-On´ auf der Unity Messe im Mai 2017 in Tokyo
Demonstration des Spiels „VR Kanojo“ mit `Duft-Add-On´ auf der Unity Messe im Mai 2017 in Tokyo | © Rei Watanabe

„Try moving your face closer to my chest!“ flüstert Yuuhi Sakura. Mit den Touch-Controllern kann ich das virtuelle Anime-Mädchen nicht nur anfassen, sondern durch ein winziges Add-On an der OCULUS-Brille tatsächlich auch riechen. Ihre Bluse riecht nach frischer Wäsche, ihre Strumpfhosen vage nach Schokolade und die Minzbonbons, die sie mir anbietet so echt, dass ich sie beinahe schmecken kann.

Sie ist ein Schulmädchen, das der User im Spiel „VR-Kanojo“ (VR-Freundin) als Tutor beim Lernen unterstützt und die sich dafür mit Sex bedankt. Das Spiel ist eines der ersten VR-Sexspiele und erregte bereits gut ein Jahr vor seiner Veröffentlichung im Februar 2017 große Aufmerksamkeit. Für die Umsetzung arbeiteten die `Eroge´-Entwickler von Illusion mit dem Tokioter StartUp VAQSO zusammen, die ein Duftgerät für Videospiele konstruiert haben. Derart kann man seine virtuelle Freundin ab jetzt nicht nur sehen, sondern auch riechen.

Anders als das Hologramm `Hikari´, das ab Dezember 2017 amazons Echo Konkurrenz  machen wird und nicht nur das Licht in der Wohnung regeln kann, sondern Ihren Nutzer bzw. „Darling“  auch mit Namen kennt, verfügt das VR-Girlfriend derzeit (noch) über keine AI. Dafür twittert ein Marketingmitarbeiter aber zumindest regelmäßig in Ihrem Namen über Yuuhis Liebe für Vanille-Eiscreme, ihr aktuelles Mittagessen und ihre Bedenken, weil „so viele Menschen sie nackt gesehen haben“.

Ist das der erste Schritt zur Erfüllung aller männlichen Sexfantasien? Und braucht man überhaupt noch eine reale Freundin, wenn zuhause doch die virtuelle Traumfrau wartet? Wir haben bei dem Mann nachgefragt, der das „VR-Girlfriend“ entworfen hat: 3-D Character Artist Yuichi Hirai. 

Herr Hirai, Japan gilt im Ausland als „sexlos“, aber Sie verdienen Ihren Lebensunterhalt wenn man so will genau mit dem Gegenteil. Wie ist ihre persönliche Einschätzung: Ist Japan „sexlos“?

Ich glaube, man kann nicht alle Menschen in einen Topf werfen. Es gibt verschiedenste Vorlieben. Sexspiele wie VR-Kanojo schließen echte Liebesbeziehungen nicht aus. Es gibt einige Menschen, die sich von 2-D Charakteren mehr angezogen fühlen, als von echten Menschen, das ist der sog. 2-D Komplex (`Nijicon´) über den vor einigen Jahren viel berichtet wurde.
Genauso gibt es aber auch Menschen, die in gewöhnlichen Liebesbeziehungen sind und das Videospiel nur als Hobby pflegen. Mit anderen Worten: Auch wenn solche Spiele sehr populär sind, stehen sie in meinen Augen in keiner Verbindung zu einer „sexlosen“ Gesellschaft.

Wenn man solche Spiele ab und an als Hobby spielt, können das wahrscheinlich die Meisten nachvollziehen, aber die andere Gruppe weniger. Gibt es auch Menschen, die sich richtig in die Spielcharaktere verlieben und die kein Interesse an realen Frauen haben?

Ja, solche Fälle gibt es auch. Ich selbst habe mich auch schon einmal in ein 2-D Anime- Mädchen verliebt.  In meinem Fall hat sich das aber über die Zeit von selbst gelöst. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, können sich Gefühle ganz genauso ändern, wie bei realen Partnern. 

Wenn Sie vergleichen: Ist die Liebe zu einem 2-D Charakter und zu realen Frauen das gleiche Gefühl?

Es ist das gleiche Gefühl,  auch wenn ich nur über mich sprechen kann. Es ist natürlich nur meine ganz persönliche Erfahrung, aber ich glaube, dass es für viele Menschen das Gleiche ist.

Was ist neu an Ihrem Spiel „VR Kanojo”?

Bis jetzt hat der User unsere Spiele mit der Maus am Monitor gesteuert. Mit VR taucht man dagegen komplett in den virtuellen Raum ein. Man fühlt sich als wäre man wirklich dort.  Solche Erfahrungen sind neu. In den Adult-Games meiner Firma kann der User Sex mit den Charakteren haben. Wenn man die Brüste des Mädchens anfasst, reagiert es auf die Berührung. Der User kann sich solche Bedürfnisse erfüllen und sie zum Masturbieren verwenden.


VR Kanojo © Illusion Dieses  „Präsenzgefühl“ wird dabei auch noch mit Gerüchen unterstützt. Können Sie das ausführen?

Das Spiel ist eine Kombination aus einem von unserer Firma entwickelten visuellen Teil und dem Geruchsapparat von VAQSO. Der Duft unterstützt die Illusion wirklich dabei zu sein. Nehmen wir zum Beispiel den Geruch von Regen. Wenn es nach Regen riecht, weiß man auch mit geschlossenen Augen: Es regnet bald. Genauso erscheinen Ego-Shooter realer, wenn man den Geruch von Schießpulver in der Nase hat.

Andere Firmen arbeiten derzeit an der Einbeziehung des Tastsinns.  Es wurde bereits ein Handschuh entwickelt, mit dem man unterschiedliche Widerstände – weich und hart -  erfühlen kann. Derzeit wird er noch in Forschungslabors getestet, aber wenn diese Interfaces für den Massenmarkt freigegeben werden, kann man in naher Zukunft zum Beispiel das Gefühl erzeugen die Brust einer Figur anzufassen. 

Wenn Sie die Protagonistin/ Frauenfigur ändern – dann ändern Sie auch den Duft?

Ja. Verschiedene Frauen tragen unterschiedliche Parfüms. Ich denke schon, dass der Duft an den Charakter des Mädchens angepasst werden sollte.
 
Im Spiel trägt die Protagonistin eine Schuluniform und bringt dem Spieler in einer der ersten Szenen ein Tablett mit Tee und  Gebäck. Unterstreichen Sie damit bewusst die Machtposition des Spielers? Und basierten diese Elemente auf Wünschen von Usern?


Nein, das war gar nicht so gedacht. Sie serviert dem User Tee, weil er als Gast in ihrem Zimmer ist und mit ihr lernt. Es ist nur ein Teil der Storyline.
Und man kann auch ihre Kleidung im Spiel wechseln. Sie hat auch andere Sachen als eine  Schuluniform. Im Ausland sind die Auflagen sehr streng. Ich weiß, dass der Charakter sich in dieser Art nicht verkaufen würde oder nur bei `Otakus´.  Aber hier gibt es diese Hemmschwelle nicht. In Asien sind Schuluniformen genauso beliebt, wie in Japan - der größte VR-Markt neben Amerika ist China, -  aber wir achten immer darauf, dass die Uniformen ein ausgefallenes Design haben und anderes als die Echten sind.

Basiert die Figur selbst auf einem Model oder Ideal? Äußerlich und vom Charakter? 

Unsere Firma produziert Sexspiele. Wenn unsere Figuren reale Vorbilder hätten, könnte man uns verklagen. Wenn die Figur zum Beispiel zu sehr an Marilyn Monroe erinnern würde, könnten wir Probleme bekommen. Vor diesem Hintergrund kreieren wir unsere Charakter von „Null“ auf. Anders als in Pornos sind unsere Figuren Fantasiecharaktere, Ideale Figuren, die nicht in Pornos vorkommen können.

In meinen 16 Jahren als Animator, habe ich gelernt Mädchen zu schaffen, die von den Nutzern als attraktiv „kawaii“ wahrgenommen werden. In Japan gelten `Dojiko´ (tollpatschige Mädchen) als süß, nach diesem Schema entwerfe ich meine Figuren. Für die Bewegungen der Figuren benutzen wir `Motion Capture´. Dabei übertragen wir die Bewegungen einer Schauspielerin mit Sensoren auf einen Monitor – es sind also echte  Bewegungen.  

Gibt es Pläne für ein „VR Kareshi“ (Boyfriend) Spiel?

Das haben wir tatsächlich dieses Jahr bekanntgegeben: aber nur als Aprilscherz.  Allerdings stieß das Ganze auf ziemlich viel Resonanz, deshalb diskutieren wir aktuell tatsächlich eine Umsetzung. 

Werden wir in 10 Jahren alle solche Spiele spielen, oder haben wir noch mit realen Menschen Sex?

Unsere bisherigen Produkte wurden ausschließlich innerhalb Japans vertrieben. Die VR Technik ist sehr neu, in Japan gibt es noch nicht Viele, die ein VR-Set besitzen. Im Ausland gibt es mehr Menschen, die HTC Vive und Oculus Rift besitzen, deshalb ist es das erste Spiel, das wir weltweit verkaufen. 

Es gab schon einmal einen Film darüber, dass zwei Menschen an verschiedenen Orten im VR Raum im virtuellen Raum Sex haben. Das wird wohl möglich sein, aber vielleicht nicht in 10 Jahren. Es ist schwer zu sagen. Früher war mal 2nd Life ganz groß. In 2nd Life gab es Chat-Sex, manche Leute waren glücklich damit. Aber was man zum Glück braucht, ist sehr individuell.
 

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