Jenga CCI | Artikel
perFORM Music Incubator
Von Abigail Arunga
Njerae| Musikkünstlerin © Shem Obara
Wann waren Sie das letzte Mal auf einem Konzert?
Die Pandemie hat zwar dazu geführt, dass Konzerte nur noch Träume von der Vergangenheit sind, aber es gab Zeiten, in denen wir auf einem weiten Feld standen und uns zur Musik derer, die auf dem Podium saßen, wiegten, Spaß hatten, lachten, tanzten ... einfach nur Mensch waren, begleitet von Musik.
Und manchmal hörte man mitten im Konzert ein lautes, schrilles Geräusch, weil niemand einen Soundcheck gemacht hatte und die Lautsprecher heftig reagierten. Oder der*die Künstler*in hörte mitten in der Show auf zu singen, weil plötzlich das Mikrofon nicht mehr funktionierte. Oder, noch schlimmer, ein*e Künstler*in tritt auf, gibt alles auf der Bühne und jede*r liebt die Show; und dann hört man eine Woche später, wenn es auf Twitter hochgeht, dass der*die Künstler*in nicht nur nicht bezahlt, sondern auch nicht verpflegt wurde und nun in den Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit rückt, um seine*ihre Gage zu bekommen.
perFORM Konzert © Shem Obara
Nicht, dass es eine schlechte Sache wäre, in den Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit zu rücken, aber wenn man sich die Musikindustrie in ihrer jetzigen Form ansieht, vor allem in Kenia, gibt es eine deutliche Lücke in Bezug auf das, was als Künstler*in, Musiker*in oder Branchenprofi gilt - sei es als Publizist*in, Praktiker*in oder Gatekeeper*in. Wenn es doch nur eine Art Grundkurs gäbe, in dem man lernen könnte, wie man sich professionell verhält und gleichzeitig andere aufbaut...
Werden Sie Teil des perFORM Music Incubator. Der 2019 gestartete perFORM Music Incubator ist eine gemeinsame Initiative von Muthoni Music Entertainment und dem Projekt Jenga CCI des Goethe-Instituts, die Teil des Global Project Culture and Creative Industries ist. Die Gründerin von Muthoni Music Entertainment, Muthoni Ndonga, auch bekannt als Muthoni Drummer Queen, ist eine preisgekrönte Künstlerin, die bereits mehrere Festivals auf dem ganzen Kontinent veranstaltet hat und sich mit den Werkzeugen und Konzepten auskennt, die perFORM zu vermitteln versucht. Mit wem sonst sollte man zusammenarbeiten, wenn nicht mit jemandem, die den Weg selbst bereits gegangen ist?
Im neun- bis zwölfwöchigen Live-Performance- und Musik-Inkubationsprogramm von perFORM erhalten Künstler*innen die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten zu verbessern, ihre Fortschritte zu verfolgen, Pläne für ihre zukünftigen Ziele zu entwerfen und die Grundlagen der Performance zu erlernen und zu erfahren, was es bedeutet, ein*e kreative*r Unternehmer*in in der Musikbranche zu sein.
perFORM-Musikperformance © Shem Obara
Und wofür steht perFORM, fragen Sie sich vielleicht? "Wir glauben grundsätzlich an das innere künstlerische und geschäftliche Potenzial jedes*jeder ausgewählten Künstlers*Künstlerin und freuen uns, eine Umgebung zu schaffen, die es ihnen ermöglicht, ihre Live-Performance und ihre Geschäftspläne zu filtern („Filter“), zu ordnen („Order“), zu verbessern („Refine“) und zu meistern („Master“) (FORM)", erklärt Muthoni.
Es spricht viel dafür, Künstler*innen auf diese sehr spezielle Art und Weise auszubilden. Das Offensichtlichste ist, dass die Musikindustrie fast sofort besser wird, weil jede*r versteht, welche Rolle er*sie spielt, was von ihm*ihr erwartet wird und, was noch wichtiger ist, wie er*sie dank dem, was er*sie im Inkubator gelernt hat, etwas leisten kann. Dieses Programm zielt darauf ab, "Arbeitsplätze zu schaffen und nicht-monetäre Werte zu stärken, die zu einer integrativen und nachhaltigen Entwicklung beitragen: Innovation und Kreativität, Attraktivität und Perspektiven für junge Menschen", und genau das tut es auch.
Es gibt sieben Berufe, auf die sich perFORM konzentriert, und die beteiligten Personen werden in speziell entwickelten Lehrplänen ausgebildet: Tontechnik, Lichttechnik, Künstler*innen & Texter*innen, Künstler*innenmanagement, Publizist*innen, Veranstaltungsproduzent*innen und Musikproduzent*innen. Daran sieht man schon, dass die Entwicklung des Lehrplans dem normalen Ablauf eines Musikereignisses folgt: der*die Künstler*in oder Texter*in, der*die das kreative Werk schafft, und der*die Musikproduzent*in, der*die die Magie des Werks hervorbringt; der*die Manager*in des Künstlers*der Künstlerin, der*die entscheidet, wie das Werk vermarktet wird; der*die Publizist*in, der*die den*die Künstler*in und eine mögliche Aufführung/Veröffentlichung bekannt macht; der*die Veranstaltungsproduzent*in, der*die für die Aufführung kontaktiert wird; und schließlich die Ton- und Lichttechniker*innen, die dafür sorgen, dass die Aufführung optimal gehört und gesehen wird. Dies ist an sich schon eine koordinierte Produktion und erfordert ein Verständnis dafür, wie es funktioniert. Dieser interdisziplinäre Ansatz wird unter anderem durch Kurse, einen Probenaufenthalt und eine anschließende öffentliche Aufführung, durch Live-Unterricht, Workshops, angeleitete Proben mit Performance-Coaches und immersive Artist-in-Residence-Programme vermittelt.
Wendy | Musikkünstlerin © Shem Obara
Die Pandemie wirkte sich natürlich auch auf die Arbeit von perFORM aus. Der erste Jahrgang lief gut, und gerade als er sich darauf vorbereitete, seine Fähigkeiten bei einem Auftritt zu präsentieren, brach Anfang 2020 die Pandemie aus. Dies bedeutete, dass zu dem Zeitpunkt, als sich der zweite Jahrgang bewarb, nur noch Platz für Online-Kurse zur Verfügung stand, so dass schließlich ein hybrides System eingerichtet wurde, um den Künstler*innen die Möglichkeit zu geben, vor Ort zu sein. Der dritte Jahrgang hatte den Vorteil einer etwas entspannteren nationalen Pandemiepolitik, die den Künstler*innen die Möglichkeit gab, ihre Darbietungen in einem Raum zu üben, in dem fast wieder Normalität herrschte, und damit auch fast wieder die Musikwirtschaft, die wir einst kannten - oder so nahe, wie wir ihr mit Masken und Desinfektionsmitteln kommen können.
Zu den früheren Künstler*innen der perFORM-Jahrgänge gehören: Prisca Ojwang' ("Magical Kenya", "Lies I told me"), Mutoriah ("Wangoro", "Tosheka"), Kash Kaaria (deren neueste Single "Flex" Ende Oktober 2021 erschien) und Karun (ehemaliges Mitglied der preisgekrönten Musikgruppe Camp Mulla und aktuell für die AFRIMA Awards nominiert). In diesem Jahr war der Jahrgang von Girl Power inspiriert, mit einer Reihe von herausragenden Frauen an der Spitze: Vallerie Muthoni, Groovy Jo, Mayonde, Polaris und Njoki Karu. Begleitet wurden diese Künstlerinnen von einer Reihe von DJs und Produzent*innen, die ebenfalls Teil von perFORM waren und die Möglichkeit hatten, ihr Talent zu zeigen, wie z.B. Masta Luminary, DJ Mura und Suraj.
Das Programm ist für dieses Jahr beendet. Der letzte Jahrgang hatte seinen Auftritt, und nun wird überlegt, was das Jahr 2022 bringen wird. Es gibt Andeutungen zu einem Podcast-Projekt, in dem frühere Teilnehmer*innen, Mitarbeiter*innen und Lehrer*innen von perFORM über ihren Weg im Inkubator und ihre aktuelle Situation sprechen. Ein Podcast würde die Arbeit fortsetzen, die perFORM bereits in großem Umfang geleistet hat: die Weitergabe der Fähigkeiten und des Wissens an die nächste Generation und die Weiterentwicklung der Szene, wie wir sie kennen. Ich persönlich kann es kaum erwarten.
Musikkünstler*innen, die am perFORM-Musikinkubator teilgenommen haben © Shem Obara
Im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) implementiert die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH das länderübergreifende Programm „Kultur- und Kreativwirtschaft“ in Kooperation mit dem Goethe-Institut. Das Programm verbessert die Einkommens- und Beschäftigungsperspektiven von Kreativschaffenden in sechs Partnerländern: Libanon, Jordanien, Irak, Kenia, Senegal und Südafrika. Dabei konzentrieren sich die Aktivitäten auf die Subsektoren Design, Musik, Animation und Mode. Neben der Stärkung der unternehmerischen und digitalen Kompetenzen von Kreativschaffenden, setzt das Programm an der Verbesserung der Rahmenbedingungen sowie an der Stärkung des Ökosystems der Kultur- und Kreativwirtschaft an.