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Anne Gorke
„Details ohne Funktion stören mich“

Modedesignerin Anne Gorke
Modedesignerin Anne Gorke | © Christian Rothe

Anne Gorke nutzt fair hergestellte, umweltverträgliche Materialien für ihre vom Weimarer Bauhaus inspirierte Mode. Doch manchmal müssen es Papageien sein.

Denkt man an Weimar, fallen einem unwillkürlich die Namen Goethe und Schiller ein, die hier einst gelebt und gewirkt haben. Doch in Weimar war auch das Bauhaus beheimatet, die berühmte 1919 von Walter Gropius gegründete Kunstschule, die Kunst und Handwerk zusammenbringen wollte. Der dort geprägte Stil hat noch immer viel Ausstrahlungskraft, beispielsweise auf junge Modedesigner und -Designerinnen. Und so befindet sich heute in der thüringischen Stadt der Sitz des Modelabels Anne Gorke, das denselben Namen wie dessen Gründerin trägt.

Jeder Schnörkel ist überflüssig

Anne Gorke Summer Collection Anne Gorke Summer Collection | © Getty Images Sieht man sich die Kollektionen von Anne Gorke an, assoziiert man damit nicht unbedingt das Bauhaus-Design, das für seine klare Formensprache bekannt ist. Auf den Kleidern finden sich mitunter große Papageien- und Artischocken-Prints oder gar Wort-Statements in übergroßer Versalschrift. Das mag daran liegen, dass es für Gorke „keinen bestimmten Stil“ gibt, dem sie folgt oder der sie beeinflusst. „Es geht eher um stille Ästhetik und Entschiedenheit“, sagt die Designerin.

Angefangen hat alles tatsächlich an der berühmten Bauhaus-Universität: Dort studierte Anne Gorke – allerdings nicht Modedesign, sondern Medienkultur mit dem Schwerpunkt Film. „In dieser Zeit haben sich meine Ästhetik und mein Verständnis für Formen sehr stark ausgebildet und gefestigt“, erinnert sich Gorke. Die Entdeckung der Prinzipien Simple Design und Form Follows Function empfindet sie im Nachhinein „wie ein Erwachen“ und ein „ästhetisches Nach-Hause-Kommen“. Obwohl sie ihre Mode als „Bauhaus inspired“ bezeichnet, sieht sie sich von keiner bestimmten Bauhaus-Disziplin beeinflusst, sondern hat „eher eine grundsätzliche Haltung zu Design und dem Formen von Gegenständen und Nutzobjekten“. Jeder Schnörkel ist überflüssig. „Details ohne Funktion stören mich. Ich brauche klare Linien, klare Flächen und deutliche Silhouetten. Wenn etwas zu sehr fließt, bin ich unzufrieden“, so die Designerin.
 
  • Anne Gorke Collection © Getty Images
    Anne Gorke Collection
  • Anne Gorke Summer Collection © Getty Images
    Anne Gorke Summer Collection
  • Anne Gorke Summer Collection © Getty Images
    Anne Gorke Summer Collection
  • Anne Gorke Summer Collection © Getty Images
    Anne Gorke Summer Collection
  • Anne Gorke Collection © Getty Images
    Anne Gorke Collection
Sämtliche Kleidungsstücke, die Anne Gorke entwirft, werden in Deutschland hergestellt. Das ist außergewöhnlich, denn die meisten Labels lassen günstig im Ausland produzieren. Doch Gorke geht noch einen Schritt weiter: Sie verwendet hochwertige Materialien, die nicht nur unter fairen Bedingungen hergestellt werden, sondern auch umweltverträglich und nachhaltig sind. Dabei muss es nicht immer Baumwolle, Wolle oder Leder sein – in der aktuellen Kollektion hat sie auch recycelte Materialien verwendet. Nachhaltigkeit versteht Anne Gorke schon seit der Gründung ihres ersten Labels Vilde Svaner – schwedisch für Wilde Schwäne – vor allem im Sinn von Transparenz und Verantwortung für die Menschen, die an der Herstellung ihrer Kleider beteiligt sind.

Nachhaltigkeit bedeutet Transparenz und Verantwortung

„Mir ist vor allem wichtig, dass die Herstellung verantwortungsvoll erfolgt. Ich lege nicht unbedingt Wert auf Zertifizierung. Ich möchte gerne die Menschen kennen, die involviert sind und möchte von ihnen hören, wie die Stoffe entstehen“, so die Designerin. Verantwortung spiele aber nicht nur bei der Herstellung eine große Rolle. Nach Ansicht von Gorke müsse auch der Konsument Verantwortung übernehmen – in Form von „Demut, Verzicht und Anstand“ – Werte, die ihr selbst schon als Kind sehr präsent waren.

Die Kollektionen von Anne Gorke sind hauptsächlich im Einzelhandel zu finden – in Osnabrück genauso wie in Berlin-Kreuzberg oder in Dubai. Die typische Kundin ist „selbstbewusst, zwischen 30 und 70, aufgeschlossen, interessiert und steht mit beiden Beinen im Leben“.

Filme und Bilder, die zu Kollektionen werden

Anne Gorke Collection Anne Gorke Collection | © Getty Images Die letzten Kollektionen von Anne Gorke trugen Namen wie Nightingales oder Artichokes, und man könnte glauben, sie setze sich für jede Kollektion ein Thema. Vielmehr geht es ihr aber „immer um eine Atmosphäre, eine Situation und eine Stimmung. Filme und Bilder spielen da eine zentrale Rolle“. Dabei steht kein bestimmtes Genre im Fokus – „Blockbuster, Indie, Doku, …“, das ändere sich von Kollektion zu Kollektion. „Es fängt immer mit einem konkreten Moment an, der sich quasi einloggt in meinem Kopf, und dann baut sich Stück für Stück ein Gerüst darum. Der Titel kommt meist ganz zum Schluss, weil ich dann erst genau erkennen kann, wo ich gelandet bin. Es ist quasi ein intuitives Hangeln durchs Dickicht – das Gedankendickicht.“

Nach einem bestimmten Thema sucht Gorke nie; eher lässt sie sich finden. Manchmal bekommt sie Angst, dass plötzlich eine innere Leere entstehen könnte, „aber das ist bis jetzt noch nie passiert“. Meistens sind die Gedanken so schnell, dass sie gar nicht hinterherkommt. Da hilft nur Alleinsein und Stille. „Die Möglichkeiten des Rückzugs und des Entziehens sind sehr wichtig für mich.“

Im Juli 2014 war Anne Gorke zum wiederholten Mal auf der Mercedes Benz Fashion Week in Berlin zu Gast, um ihre Herbst/Winter-Kollektion Too Cool for Cruel vorzustellen.

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