Koreanischer Breakdance
Die Kraft des Teamworks

Die koreanischen Pioniere von Visual Shock beim Battle of the Year 2001 im deutschen Braunschweig
Die koreanischen Pioniere von Visual Shock beim Battle of the Year 2001 im deutschen Braunschweig | Foto: Kyungshik Na

Ohne Unterstützung und ohne nennenswerte Infrastruktur schafften die koreanischen Breakdancer es in kürzester Zeit an die Weltspitze. Wie konnte der Breakdance in Korea Fuß fassen, und wie lässt sich die große Popularität erklären? 

Die Anfänge des koreanischen Breakdances gehen bis in die 1990er zurück, als HipHop als neuer Musikstil in Korea Bekanntheit erlangte. Mit den ersten koreanischen Dance- und Hip-Hop-Künstlern wurde aus der Musik, die bislang vor allem zum Hören da war, eine Musik zum Sehen. Mit dem neuen Musikstil ging auch ein Wandel des Tanzstils einher, und die Bewegungen des Breakdance übten einen großen Reiz auf die koreanische Öffentlichkeit aus. Dass sich ab 2000 in Korea Breakdance-Videos in rasantem Tempo verbreiteten, war dann dem schnellen Ausbau des Breitbandinternets im Land zu verdanken. Jeder, der wollte, konnte sich durch diese Videos im Selbststudium das Tanzen aneignen, und die Tänzer tauschten sich über das Internet rege aus. Die Breakdance-Szene in Korea war geboren.

Breakdancer aus Korea betreten die internationale Bühne

Beginnend mit dem ersten Hip-Hop-Festival Koreas 1999 und gefolgt von Street Jam (2000), BBoy Unit Korea (2001) und dem Battle of the Year Korea (2001) wurde der koreanische Breakdance in Korea, in Asien und schließlich auch auf der Weltbühne bekannt. Letzterer ermöglichte den koreanischen Breakdancern erstmals die Teilnahme an einer Weltmeisterschaft. In der Folge wurden immer mehr Breakdancer-Crews in Korea zu Stammgästen bei Promotionsveranstaltungen von Unternehmen und verschiedenen Festen und Festivals der Kommunen, und auch die Medien entdeckten Breakdance als ein beliebtes Thema.
 
Das Jahr 2001 markiert den ersten Auftritt koreanischer Tänzer auf der Weltbühne. Beim Battle of the Year 2001 im deutschen Braunschweig nahm mit dem Projektteam Visual Shock erstmals ein Team aus Südkorea teil, und gewann aus dem Stand den Preis für die beste Show. Nur ein Jahr später gewann die koreanische Expression Crew die Battles und ging damit als Gesamtgewinner aus dem Battle of the Year 2002 hervor. Bis 2010 beherrschten südkoreanische Teams die Weltspitze im Breakdance und wurden in Korea damit auch als ein wichtiger Teil der sogenannten „koreanischen Welle“ (Hallyu) gehandelt. 
 
Die Gewinner des BOTY 2002, Expression, bei ihrem Showcase 2003 (Quelle: YouTube)
Die Gewinner des BOTY 2002, Expression, bei ihrem Showcase 2003 (Quelle: YouTube)

Der koreanische Stil

Der koreanische Breakdance zeichnete sich in dieser Phase vor allem durch den Zusammenhalt innerhalb der Crews aus. Wenn ein Wettbewerb vorbereitet wurde, wurde Tag und Nacht trainiert – was auch dazu beitrug, das Gruppengefühl zu stärken. Dies hatte auch direkte Auswirkungen auf den Erfolg bei Wettbewerben. Zu Beginn der 2000er Jahre wurden die großen Internationalen Championships im Breakdance meist als „Team Battles“ ausgetragen. Einem Format, in dem das Teamwork der Crews ein Hauptfaktor ist.
 
Was das Teamwork der Koreaner ausmachte, konnte man besonders gut an den sogenannten „Routines“ sehen, den Gruppenchoreographien. Im Vergleich zu Ländern, in denen die Tänzer nicht jeden Tag zusammenkommen und gemeinsam trainieren und sich austauschen konnten, waren die Koreaner mit ihrem „Leben im Studio“ im klaren Vorteil. Die koreanischen Choreographien mit ihren vielfältigen Rhythmuswechseln und Freestyle-Sequenzen sowie mit ihren mit spektakulärer Technik gespickten „Routines“ begeisterten.
 
Nach und nach kopierten immer mehr Länder den koreanischen Stil. Das Ergebnis war, das bei den meisten internationalen Wettbewerben Regeln zur Anzahl der erlaubten „Routines“ eingeführt wurden, und die Solo-Elemente der Crew-Mitglieder rückten in den Mittelpunkt. Für den koreanischen Breakdance bedeutete das einen neuen Stil, der aus geschickt und vielfältig kombinierten Style Moves und Power Moves bestand. 
 
Die Gewinner des Battle of the Year 2010, Jinjo, bei ihrem Showcase (Quelle: YouTube)
Die Gewinner des Battle of the Year 2010, Jinjo, bei ihrem Showcase (Quelle: YouTube)

Rückzug der Breakdancer

Als die zu Beginn der 2000er Jahre erfolgreichen Breakdancer schließlich zum Wehrdienst eingezogen werden, bricht das Niveau des koreanischen Breakdances ein. Es war nicht gelungen, die mühsam erarbeiteten Fähigkeiten an die nächste Generation von Tänzern weiterzugeben. Bei Wettbewerben gewannen so immer dieselben Crews. Auch wenn die Südkoreaner es in der Szene bis an die Weltspitze geschafft hatten, das Interesse der Allgemeinheit war kurzlebig. Auf nationalen Veranstaltungen trafen sich nun nur noch die Tänzer und eine kleine Gruppe eingefleischter Fans.
 
Als Gegenreaktion entstanden die ersten Breakdance-Verbände. Sie bemühten sich nicht nur um mehr Anerkennung für die Tänzer, sondern auch um eine Veränderung der gesellschaftlichen Wahrnehmung des Breakdance und eine Professionalisierung des Berufs des Breakdancers. In immer mehr Tanzschulen begann die Ausbildung einer neuen Generation.

Wiederbelebung durch Vielfalt

Inzwischen ist Breakdance in Südkorea in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Dies ist vor allem den Tanzmusicals zu verdanken, in denen viele Breakdancer eine neue Heimat gefunden haben. Ohne Text und Gesang sind sie für internationale Touristen genauso zugänglich wie für Koreaner von jung bis alt. Mit „Ballerina Who Loved a B-boy“ wurde 2005 der Anfang gemacht, seitdem folgten „Marionette“ (2006), „Bibap“ (2011), und viele andere, die über Jahre hinweg aufgeführt werden. Auch in Fernsehserien, in der Werbeindustrie und in Games wird das Thema Breakdance verwertet. Gleichzeitig werden auch der Individualismus und die Kreativität der einzelnen Tänzer gefördert, die in hybriden Formaten und in Kollaboration mit vielfältigen Künstlern individuelle Ausdrucksformen für die Verkörperung der Musik finden. 
 
Eine hybride Show der Animation Crew mit der Show Design Group aus dem Jahr 2015 (Quelle: YouTube)
Eine hybride Show der Animation Crew mit der Show Design Group aus dem Jahr 2015 (Quelle: YouTube)
 

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