250 Jahre Beethoven
Beethoven und ich

Inspiration und Trost: Koreanische Künstler*innen denken über ihren persönlichen Beethoven nach – und warum er das koreanische Publikum bis heute fasziniert. Den Anfang macht die Sopranistin Sunhae Im, ihr folgt der Dirigent Soo-Yeoul Choi.
WELCHEN EINFLUSS ÜBT BEETHOVEN AUF IHR KÜNSTLERISCHES SCHAFFEN ALS DIRIGENT AUS?
Für Komponisten bedeutet das Schreiben einer Sinfonie unter anderem, dass sie ihre musikalischen Fähigkeiten in einem absolut geordneten Rahmen zum Ausdruck bringen. Auch für Beethoven hatte die Sinfonie als Genre während seines gesamten Musikerlebens eine große Bedeutung. Die neun Sinfonien, die er hinterließ, sind sowohl ein großes Geschenk an die Menschheit als auch das wichtigste Lehrwerk für diejenigen, die sich mit dem Studienfach Orchesterdirigieren beschäftigen. Beethoven bildet eine Brücke zwischen Klassik und Romantik. Jede einzelne Sinfonie besitzt ihre eigene Persönlichkeit und es ist bemerkenswert, wie dennoch alle Werke auf Beethovens strenger struktureller Ästhetik beruhen.
WARUM IST BEETHOVENS MUSIK IHRER MEINUNG NACH BEIM KOREANISCHEN PUBLIKUM IMMER NOCH SO BELIEBT?
Beethovens Musik erfreut sich nicht nur bei den Koreaner*innen, sondern noch immer auf der ganzen Welt großer Beliebtheit. Es gibt verschiedene Schlüsselwörter, die man mit Beethoven verbindet. Ich glaube, dass vor allem das Wort „Überwindung“ als Symbol für Beethoven steht. So ist in seiner Musik die Botschaft der Überwindung stark ausgeprägt. Beethovens Musik spendet großen Trost für all jene, die mit Problemen und Schwierigkeiten im Leben zu kämpfen haben – ganz gleich, ob kleine oder große. Trotz schwerer psychischer Probleme und körperlicher Beschwerden war Beethoven ein großartiger Komponist. Nachfolgende Generationen betiteln ihn nicht als „Genie“, sondern bezeichnen ihn als „Meister der Musik“ – denn Beethoven ist kein begnadeter Musiker, der vom Himmel gefallen ist. Er wurde als Mensch geboren, erlitt große Qualen und entwickelte sich schließlich zu einem „göttlichen“ Musiker. Daher ist es nicht verwunderlich, dass wir ihn und seine Musik verehren und unserer Anerkennung Ausdruck verleihen.
SOO-YEOUL CHOI
Soo-Yeoul Choi arbeitete als stellvertretender Dirigent des Seoul Philharmonic Orchestra. 2017 übernahm er die künstlerische Leitung des Busan Philharmonic Orchestra, mit dem er zum ersten Mal in Korea alle Sinfonien von Richard Strauss aufführte und regelmäßig Konzerte des Komponisten Isang Yun gibt. Nach seinem Abschluss im Fach Dirigieren an der Korea National University of Arts ging er als DAAD-Stipendiat im künstlerischen Bereich nach Deutschland und studierte an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber in Dresden Meisterklasse. Ferner war er damals auch als Dirigent der International Ensemble Modern Academy für zeitgenössische Musik in Frankfurt tätig.
Ein Romantiker, der mutig genug war, sich immer wieder dem Schicksal zu stellen
Das Leben großartiger Musiker*innen ermutigt uns nachfolgende Generationen: Es zeigt, wie die Künstler*innen damals ihre oft schwierigen Lebensumstände meisterten und sich schließlich in ihren Werken persönlich entfalten konnten. Vor allem Beethoven wehrte sich entschieden gegen sein schweres Schicksal mit den Worten: „Ich will dem Schicksal in den Rachen greifen, ganz niederbeugen soll es mich gewiß nicht.“ In Bezug auf die Musik und die Liebe war Beethoven jedoch ganz anders – unglaublich zärtlich und großzügig. Man sagt, dass Beethoven, Komponist der berühmten Schicksalssinfonie, seinem Schicksal standhaft begegnen konnte, weil er stets Hoffnung bewahrte.

Sunhae Im
Sunhae Im absolvierte an der Seoul National University im Studienfach Gesang unter No-Kyung Park. Als DAAD-Stipendiatin studierte sie an der Hochschule für Musik Karlsruhe Solistenexamen (Konzertexamen) bei Roland Hermann. Während ihres Studiums in Deutschland wurde sie 1999 von Philippe Herreweghe, einem Dirigenten der historischen Aufführungspraxis, entdeckt und debütierte erstmals in Europa. Gegenwärtig arbeitet sie mit renommierten Künstlern der Alten Musik wie William Christie, Fabio Biondi, Sigiswald Kuijken sowie mit internationalen Dirgenten wie Zubin Mehta, Riccardo Chailly, Iván Fischer und Manfred Honeck.