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Die Dame mit der bemalten Hand

Die Dame mit der bemalten Hand von Christine Wunnicke  © © Berenberg Verlag, Berlin, 2020 Die Dame mit der bemalten Hand von Christine Wunnicke © Berenberg Verlag, Berlin, 2020
Die Themen des Romans sind das Kennenlernen des Fremden und Kommunikationsprobleme – es ist die Geschichte der Begegnung zweier Menschen, zweier Kulturen und ihrer Versuche, sich zu verständigen. Die Leser*innen werden auf eine Reise in die ferne Vergangenheit – ins 18. Jahrhundert – geschickt sowie an einen völlig fremden Ort: eine kleine Insel irgendwo bei Indien, wo die Überreste antiker Kulturen erhalten geblieben sind.

Auf dieser abgelegenen, merkwürdigen Insel finden sich zufällig der deutsche Mathematiker und Sternenforscher Carsten Niebuhr und ein persischer Bauer astronomischer Anlagen aus Jaipur, Meister Musa, wieder, die dort eine Zeit gemeinsam verbringen müssen. Sie beide vereint ihre Liebe zur Wissenschaft und dem Sternenhimmel, doch in fast jeder Unterhaltung – die die beiden auf Arabisch führen, das für keinen der beiden die Muttersprache ist – kommt einer von ihnen zu der Erkenntnis: „Ich kann dir nicht folgen.“

Mit feinfühligem Humor und Ironie stellt die Autorin gänzlich unterschiedliche Menschentypen dar. Der ausgesprochen rationale und logisch denkende Wissenschaftler Niebuhr aus Norddeutschland beleuchtet auf gewisse Weise die Defizite der westlichen Gesellschaft: das Fehlen von Empathie, Mitgefühl sowie der Kunst zu kommunizieren und Nuancen zu begreifen, das Unausgesprochene vollständig zu interpretieren. Diese Eigenschaften verkörpert jedoch vollständig Meister Musa, der Vertreter der östlichen Kultur, der auch ein Talent für das Erzählen (nicht immer wahrer) Geschichten und ein großes Interesse an anderen Sprachen und Kulturen hat. In jedem Gespräch der beiden Protagonisten kommen unterschiedliche, parallel bestehende Welterklärungsmuster zum Vorschein.

Es ist nicht leicht, dem Schicksal der beiden Figuren zu folgen. Mehrere Handlungsstränge werden lediglich kurz umrissen, die Entwicklung der Ereignisse wird nicht logisch beendet, und so bleibt das Gefühl, etwas sei „in der Übersetzung verloren gegangen“. Offensichtlich war dies auch das Ziel der Autorin – die Darstellung der Schwierigkeiten und gar der Unmöglichkeit, andere Menschen wirklich zu verstehen und sich ihnen zu öffnen.
Berenberg Verlag

Christine Wunnicke
Die Dame mit der bemalten Hand
Berenberg Verlag, Berlin, 2020
ISBN 978-3-946334-76-7
168 Seiten

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Rezensionen in den deutschen Medien:
Frankfurter Allgemeine Zeitung
MDR
literaturkritik.de
Die Zeit

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