Residenzprogramm, Präsentation der Arbeiten Franziska Nast: Arbeit als anhaltender Dialog

Franziska Nast. Aus der Ausstellung „Hybrid(...)scapes“ © Franziska Nast

Mo, 06.06.2016 –
So, 28.08.2016

Nida

Franziska Nast. Aus der Ausstellung „Hybrid(...)scapes“

Im Rahmen des 20. Internationalen Thomas-Mann-Festivals „Menschenwürde“

Mit einem Stipendium des Goethe-Instituts verbringt die deutsche Künstlerin Franziska Nast die Monate Juni und Juli 2016 in der Kunstkolonie Nidden und setzt sich in ihrer künstlerischen Arbeit mit der litauischen Umgebung auseinander. Die während ihres Aufenthalts in Nida entstandenen Werke werden beim Thomas-Mann-Festival präsentiert.

Künstlerischer Weg

Franziska Nast beendete im Jahr 2011 das Studium der Freien Kunst (bei Nicola Torke und Raimund Kummer) an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig. Dort studierte sie ebenfalls Kommunikationsdesign, arbeitete als Buchgestalterin und realisierte zahlreiche professionelle Buchprojekte.
 
Ausgangspunkte der Arbeiten von Nast liegen in ihrem biografischen Werdegang als Chefin einer fiktiven Modemarke (www.fackfushion.com), Buchgestalterin, Tätowiererin, Einzelschicksal als Handkranke, Djane, Plattensammlerin, Gestalterin des Quick Magazins (Hrsg. Arno Auer, www.quick-magazine.com) und Mitbegründerin des Kunstverein St. Pauli (www.kunstvereinstpauli.de).
 
Durch die Ausübung dieser Tätigkeiten eignete Nast sich Arbeitsmethoden an, die sie als ihren „Werkzeugkoffer“ bezeichnet. Neben handwerklichen Fähigkeiten dient das Einnehmen unterschiedlicher Rollen und die Professionalisierung im jeweiligen Fachgebiet als Inspirationsquelle und auch als Grundlage für inhaltliche Fragestellungen ihrer künstlerischen Produktion. Techniken (Tätowiermaschine, Buchbinden, Texterstellung) werden für die Herstellung künstlerischer Arbeiten benutzt oder zweckentfremdet. Gleichzeitig fließen Neben- und Restprodukte (Stencils/Tätowiervorlagen, aussortierte Platten, gebrauchte Handschuhe) der ausgeübten Tätigkeiten direkt in ihre künstlerische Arbeit ein.
 
  • Nast fertigt Palmenblätter für den bevorstehenden Aufenthalt in der Kunstkolonie Nidden an. © Franziska Nast
    Nast fertigt Palmenblätter für den bevorstehenden Aufenthalt in der Kunstkolonie Nidden an.
  • Aus der Serie:  live is life (1–8), 2015/2016 | Laserkopien tapeziert auf Reispapier, je 260 × 200 cm © Franziska Nast
    Aus der Serie: live is life (1–8), 2015/2016
    Laserkopien tapeziert auf Reispapier, je 260 × 200 cm
  • Aus der Serie:  My favorite Ladies, 2016 | PVC Bannerdruck, Folienbuchstaben, 150 x 300 cm © Franziska Nast
    Aus der Serie: My favorite Ladies, 2016
    PVC Bannerdruck, Folienbuchstaben, 150 x 300 cm
  • 90 – 60 – 90 (spaghettied), 2016 | Laserkopien tapeziert auf Reispapier, je 280 × 200 cm © Franziska Nast
    90 – 60 – 90 (spaghettied), 2016
    Laserkopien tapeziert auf Reispapier, je 280 × 200 cm
  • Aus der Serie:  Palmenblätter, 2016 | Digitaldruck auf Neonpapier, 420 x 594 cm © Franziska Nast
    Aus der Serie: Palmenblätter, 2016
    Digitaldruck auf Neonpapier, 420 x 594 cm
  • Bull's Eye (one, two), 2016 | Laserkopien tapeziert auf Reispapier, je 200 × 220 cm © Franziska Nast
    Bull's Eye (one, two), 2016
    Laserkopien tapeziert auf Reispapier, je 200 × 220 cm
Diese „Dinge“, Texte und Fragmenten ordnet sie fortwährend zu offenen Sammlungen und legt Archive an. Die Sammlungsgegenstände werden aus ihren vormaligen Kontexten und ihren Gesamtzusammenhängen gelöst, isoliert und re-kombiniert.
 
Bei dem Versuch der Formfindung geht es ihr um die Verquickung und Überlagerung von Zitaten und unterschiedlichen Medien und Techniken und den dadurch entstehenden Brechungen, Spiegelungen, Anspielungen. In Kombination mit Sprache, Erzählung und persönlich aufgeladenen Skizzen auf einer poetisch-fiktionalen Ebene, entstehen Objekte, Wort-Bilder und Bild-Worte.
 
Die Künstlerin versteht die Arbeit als anhaltenden Dialog und schafft Situationen als Kommentare zu einer sich stetig ändernden Umgebung, fokussiert Erinnerung und Wahrnehmung und konserviert Spuren besonderer Begebenheiten. Sie versucht damit, ständige, oft widersprüchliche Gefühle von Fern- und Heimweh zu thematisieren.

Zum zweiten Mal in Nida

Franziska Nast hält sich bereits zum zweiten Mal in Nida Art Colony auf. 2012 hat sie beim Thomas-Mann-Festival ihr im Laufe von zwei Monaten in Nida entstandenes Plakate-Archiv präsentiert.
 
Die Kunstwissenschaftlerin Rasa Antanavičiūtė hat damals ihre Ausstellung folgendermaßen beschrieben:
 
„Franziskas Plakate berichten von ihrem Leben in Nida im Juni und Juli 2012, dabei verwandeln sie den Alltag ins Ereignisse: am 1. Juni schnitt sie ihrem Freund die Haare– so entstand der baltische Schnitt; am 4. Juni tätowierte sie sich eine Palme auf das Bein, am 6. Juni kaufte und probierte sie Feinkost-Wachteleier. Die Plakate entstanden wie von selbst, bei täglichen Notizen, bei Treffen mit Menschen, beim Musikhören, beim Einkaufen. Das sind Open-Source-Plakate-Tagebücher, die sich von all und jedem beeinflussen lassen konnten. Darin stimmen auf eine seltsame Weise intime und öffentliche Mitteilungen überein. Ein kleines privates Ereignis wird zum nie gegebenen Riesenevent gemacht, den ein großes Plakat ankündigt. Nur zwei unter 24 Plakaten sind „echt“: das Plakat zur Vorlesung „Glaube, Liebe, Hoffnung“ und das Plakat dieser Ausstellung; die anderen sind erfunden, aufgeblasen, fabriziert. Üblicherweise wird es auf Plakaten eine ernste Information ganz klar mitgeteilt: ein unklares Plakat = schlechtes Plakat. Die Mitteilung von Franziska ist schwer zu lesen. Deswegen irritieren ihre Plakate, und sie findet das toll. Wieso sollte ein Künstler im Ferienparadies tadellose Werke schaffen? Wieso kann man nicht einfach schaffen?“

Ausstellung „Hybrid(...)scapes“

Ihre künstlerischen Werke wurden in einer gemeinsamen Ausstellung „Hybrid(...)scapes“ von acht in der Kunstkolonie Nidden residierenden Künstler und Künstlergruppen präsentiert.
So beschreibt der Kurator der Ausstellung Vytautas Michelkevičius über die Werke von Franziska Nast: „Es scheint so, als ob die in der Ausstellung wuchernden Lianen und künstlichen Palmen andeuten würden, was Nida noch fehlt, um ein vollwertiger Kurort zu werden. Sie wachsen aus dem Tagebuch von Franziska Nast sowie ihren persönlichen Erfahrungen und lindern (unsere) Sehnsucht. Sie vermehren sich unaufhaltbar nicht nur hier, sondern auch in Büros, Zuhause, in den Schulen, und erinnern uns an die Tropen, wo wir nie gewesen sind. Palmen, insbesondere die elektrischen und aus Plastik gemachten, tauchen an Orten auf, wo es an einer sanften Seebrise oder einer leichten Tanzclu-Atmosphäre fehlt.“

Mehr Information über die Ausstellung:
www.nidacolony.lt/en/exhibitions/hybrid-scapes-exhibition

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