Gespräch 30 Jahre danach: „Wende“ oder „Befreiung“? Einblicke in die Literatur

Berliner Mauer Graffiti, das Bild zeigt geöffnete Wand und vielen Gesichten Foto (Ausschnitt): Pixabay

Mi, 17.03.2021

17:00 Uhr

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In Deutschland ist „Wende” ein fester Begriff, in Litauen dagegen ist man sich bis heute nicht einig, wie die Zeit der Befreiung von der sowjetischen Okkupation und der Weg in die Unabhängigkeit genannt werden soll – Virsmas („Wende“), Lūžis („Umbruch“), Dainuojanti revoliucija („Singende Revolution“), Atgimimas („Wiedergeburt“) …  Im Litauischen fehlt auch eine Einordnung der Literatur, wie der in Deutschland gängige feuilletonistische und gelegentlich auch literaturwissenschaftlich gebrauchte Begriff „Wenderoman“. Trotz der nun schon 30 Jahre nach der Wiederherstellung der Unabhängigkeit Litauens am 11. März 1990 gibt es nur vereinzelt eine literarische Verarbeitung dieser Ereignisse und dieser Umbruchszeit. Erst in den letzten Jahren haben litauische Schriftsteller begonnen, sich verstärkt mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Woran mag dies liegen? Liegt der Grund, warum es den litauischen Wenderoman noch nicht gibt, darin, dass diese Wende noch nicht abgeschlossen ist? Braucht man hierzulande eine größere mentale und zeitliche Distanz, um diese tiefgreifenden historischen Ereignisse in der Literatur künstlerisch darstellen zu können? Warum scheint das in Deutschland anders zu sein? Und zeigt die Tatsache, dass die Autoren der grossen deutschen Wenderomane ( „Simple Storys“, „Helden wie wir“‚ „Der Turm“, „Adam und Evelyn“, „Stern 111“ u.a.) vor allem aus Ostdeutschland kommen, dass diese Wende nur im Osten Deutschlands stattgefunden hat?
 
Anlässlich des Jahrestages der Wiederherstellung der Unabhängigkeit Litauens (11. März 1990) lädt das Goethe-Institut Vilnius zu einem Online-Gespräch über die Wahrnehmung der Wendezeit in der deutschen und litauischen Gesellschaft sowie der Literatur beider Länder ein.
 
An dem Gespräch nehmen teil:
 
Ingo Schulze, geb. 1962 in Dresden. Für sein Debüt „33 Augenblicke des Glücks“ (1995, Berlin Verlag) erhielt Ingo Schulze im Jahr 1995 den Förderpreis des Alfred-Döblin-Wettbewerbs, für seinen zweiten Erzählband „Simple Storys“ (Berlin Verlag, 1998) erhielt er im Jahr 1998 den Berliner Literaturpreis. Mit seinem Roman „Adam und Evelyn“ (Berlin Verlag, 2008; lit. Gimtasis žodis, 2009) stand er 2008 auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis. Schulzes Bücher wurden in mehr als 30 Sprachen übersetzt.
 
Rimantas Kmita, geb. 1977 in Šiauliai. Litauischer Schriftsteller, Übersetzer und Literaturwissenschaftler. Sein erster und in Litauen populärer Roman über die Umbruchszeit in seiner Heimatstadt Šiauliai ist 2019 in deutscher Sprache beim Mitteldeutschen Verlag erschienen und heißt „Die Chroniken des Südviertels“ („Pietinia kronikas“, Tyto alba, 2016). Zuletzt ist sein neuer Roman „Remyga“ (Tyto alba, 2020) herausgegeben worden, dessen Handlung ebenfalls in derselben Zeit spielt.
 
Moderation liegt bei Rūta Eidukevičienė, Germanistin und Dekanin der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Vytautas Magnus Universität. Eidukevičienė unterrichtet zeitgenössische deutsche Literatur an der Vytautas Magnus Universität, sie war u.a. als Gastprofessorin an Universitäten in Deutschland (im Saarland, Mainz, Heildelberg), in Finnland und in den USA tätig.
 
Ingo Schulze wird sein Werk und den neuesten Roman  „Die rechtschaffenen Mörder“ bei der „Kaunasser Literaturwoche“ (Kauno literatūros savaitė) am 20.-23. Mai 2021 präsentieren, unterstützt von Goethe-Institut Vilnius.
 

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