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Fake News
Auf der Jagd nach Falschmeldungen

Planspiel Die Fake Hunter
© Goethe-Institut

Mit dem Planspiel "Die FakeHunter" gehen die Büchereizentrale Schleswig-Holstein und die Aktion Kinder- und Jugendschutz Schleswig-Holstein neue Wege, um Jugendliche für Fake News zu sensibilisieren.

Von Kathrin Reckling-Freitag

Medien sind für uns Menschen zu einem festen Bestandteil des Alltags geworden. Sie beeinflussen unter anderem, wie wir die Welt um uns herum wahrnehmen. Die technischen Möglichkeiten, Medien zu konsumieren und zu produzieren werden immer vielfältiger, einfacher und potenter. So ist es mittlerweile möglich, Videomaterial von Personen so zu manipulieren, dass sie von uns vordefinierte Worte sprechen. Als Fake
News bezeichnen wir Falschmeldungen und manipulativ verbreitete, vorgetäuschte Nachrichten, die sich vorwiegend im Internet, insbesondere in sozialen Netzwerken und anderen sozialen Medien, aufgrund verschiedener Merkmale teilweise viral verbreiten. Solche Fakes sind mit dem bloßen Auge kaum noch von den Originalen zu unterscheiden.

Dementsprechend ist es für uns wichtig, Medien immer auch mit einem kritischen Blick zu konsumieren. Wir müssen lernen, Informationen, die uns unwahrscheinlich erscheinen, zu hinterfragen. Wir müssen im Kontext unserer Mediennutzung die Fähigkeiten erwerben, mehrere Quellen zu nutzen und das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden.

Kinder und Jugendliche werden durch bewusst gestreute Falschmeldungen im Netz besonders verunsichert. Sie haben noch kein ausreichendes Problembewusstsein entwickelt, um Täuschung und Manipulation im Internet zu erkennen. "Viele Jugendliche haben Angst, sich frei im Internet zu bewegen. Falschmeldungen scheinen die Weltmeinung und Wahlen wesentlich zu beeinflussen. Mit dem Planspiel "Die FakeHunter" führen die beteiligten Bibliotheken SchülerInnen auf spielerische Weise an die Welt des gesicherten Wissens heran und vermitteln damit einen kritischen und kompetenten Umgang mit Falschmeldungen im Netz", erläuterte Heinz-Jürgen Lorenzen, ehemaliger Direktor der Büchereizentrale Schleswig-Holstein, auf der Auftaktveranstaltung zum landesweiten Start der FakeHunter Ende 2018.

Mit dem Planspiel "Die FakeHunter" wollen Bibliotheken in Schleswig-Holstein Schulen bei der Vermittlung von Medien-, Recherche- und Informationskompetenz unterstützen. Es werden SchülerInnen ab der 8. Klasse an Methoden herangeführt, absichtlich verbreitete Fehlinfomationen zu erkennen. In Teams werden die SchülerInnen detektivisch tätig und überprüfen Online-Meldungen eines fiktiven News-Portals mithilfe von Fake-Prüfwerkzeugen und verlässlichen Quellen aus Internet, Datenbanken oder Bibliotheken, verifizieren diese oder entlarven sie als Schwindel.

Die Idee: Planspiel "Journalismus-Krimi"

Die Kinder und Jugendlichen werden durch das Planspiel in eine Story eingebunden: Sie sind Mitarbeiter einer Detektei, die als Faktenchecker Nachrichten überprüft und recherchiert. Sie nehmen das neue News-Portal "SuperNews-SH" genauestens unter die Lupe, das mit seinen reißerischen Nachrichten seriöse Zeitungsverlage bedroht. Es werden Teams gebildet, die dann mit den vorbereiteten Fake-Prüfwerkzeugen wie umgekehrter Bildersuche, Recherche in Online- und gedruckten Lexika beziehungsweise Datenbanken (zum Beispiel Munzinger, Brockhaus) und Sachbüchern aus der Bibliothek die einzelnen Artikel untersuchen und gefundene Fake News belegen.

Hauptsächlicher Bestandteil des Portals »SuperNews-SH« sind extra für das Projekt geschriebene Meldungen, die Fakes enthalten können. Das Nachrichten-Portal wurde exklusiv für das Planspiel erstellt, um eine geschützte und werbefreie Umgebung für die Recherche zu schaffen. Dadurch ist es möglich, den Jugendschutz einzuhalten und trotzdem Fake News anzubieten, ohne die Jugendlichen in kritische Bereiche des Internets zu schicken.

Der Ablauf

Das Planspiel wird von den Bibliotheken in drei Phasen durchgeführt. Der Zeitraum erstreckt sich über drei bis vier Wochen, in denen die Lehrkraft und die SchülerInnen Zugang zu dem Nachrichten-Portal haben. Außerhalb dieses Zeitraums ist das Portal nicht frei zugänglich. Ein Zugang zum Nachrichten-Portal wird von der Bibliothek direkt für jede einzelne Klasse separat vergeben. Der Zugang für die Bibliothek wird von der Büchereizentrale Schleswig-Holstein an geschulte Bibliotheken vergeben.

1. Treffen – Kick-Off

  • Vorstellung des Planspiels
  • Storyline des Planspiels
  • Ausbildung der SchülerInnen zu FakeHuntern
Die Jugendlichen werden in die Geschichte des Planspiels eingebunden. Storytelling als Ansatz schafft eine bessere Identifikation der SchülerInnen mit den Hauptfiguren und mit der Aufgabe. So können sich die SchülerInnen "als Teil der Detektei" fühlen und ihr eigenes Handeln in einen größeren Zusammenhang einordnen.

Die SchülerInnen werden dann nach ihren eigenen Erfahrungen mit Fake News gefragt. Der Austausch über das selbst Erlebte holt die SchülerInnen da ab, wo sie mit ihrer eigenen Erlebenswirklichkeit verbunden sind. Sie können sich zu dem Thema in kleinen Teams und schließlich im Plenum mit der ganzen Klasse austauschen. So können sich auch zurückhaltende SchülerInnen zu Wort melden. Sie würden ihre Erlebnisse vielleicht nicht gleich vor der ganzen Klasse verkünden. Aber in einem kleinen Team können die SchülerInnen offener miteinander reden.

Anschließend werden die Erfahrungen im Plenum zusammengetragen und einzelne Erlebnisse vorgestellt und diskutiert. So wird wertgeschätzt, was die SchülerInnen erlebt haben, und es können bereits erste Querverbindungen zu dem folgenden Geschehen gezogen werden. Auf diese Weise wird das neu Erlernte gleich mit bereits gemachten Erfahrungen verknüpft und es kann eine "Wissenslandkarte" entstehen. Neues Wissen lässt sich leichter einordnen und verankern, wenn es an bereits Bekanntes andocken kann.

Nach dieser Aufwärmphase werden die SchülerInnen zu FakeHuntern ausgebildet. Während des Planspiels werden folgende Themen und Inhalte vermittelt:
  • Überblick über die Presse- und Medienlandschaft
  • Umgang mit dem Internet, Sicherheit bei der Informationsbeschaffung
  • Medienkritik
  • Definition Fake News
  • Fake-Prüfwerkzeuge
  • Umgang in unserer Gesellschaft mit Fake News
  • Einfluss auf und Gefahren von Fake News für das Miteinander aller Menschen 
  • Recherche in Online-Datenbanken, Lexika, Sachbüchern und im Internet
Kernstück der Trainings, das die SchülerInnen durchlaufen, sind die fünf Fake-Prüfwerkzeuge. Sie ermöglichen es, auf einfache Weise Nachrichten und Informationen im Internet zu überprüfen. Bei der Entwicklung wurde darauf Wert gelegt, dass die Prüfwerkzeuge einprägsam dargestellt werden und für die SchülerInnen leicht anwendbar sind. Daher wurde die Anzahl auf fünf Werkzeuge beschränkt, die sich quasi an einer Hand abzählen lassen (siehe Abbildung auf dieser Seite).

Die fünf Prüfwerkzeuge sind:
  1. Quelle prüfen
  2. Autor + Impressum prüfen
  3. Zeitschiene + Datumsangaben prüfen
  4. Bilder prüfen
  5. Meinung? Satire? Schlechter Scherz?

Onlinephase

  • Selbstständiges Lernen und Recherchieren auf eigenen Geräten (oder Tablets der Bibliothek)
  • FakeHunter-Azubis untersuchen das News-Portal "SuperNews-SH" mit den gelernten Fake-Prüfwerkzeugen
  • Ergebnisse werden gesammelt für die spätere Auswertung
Die Anwendung neu erworbenen Wissens und das selbstentdeckende Lernen stehen in der Online-Phase ganz im Vordergrund. Die SchülerInnen recherchieren eigenständig auf dem eigens erstellten News-Portal und setzen dabei die fünf Fake-Prüfwerkzeuge ein. Die einzelnen Team-Treffen müssen die SchülerInnen selbst organisieren und die Arbeitsschritte untereinander aufteilen. So lernen sie auch weitere Sozialkompetenzen, die für das Arbeiten in einem Team und die Durchführung der Recherche wichtig sind. Anhand der Arbeitsblätter können die SchülerInnen dann die Ergebnisse sichern und ihre Erfahrungen reflektieren.

Wichtig ist, zu bedenken, dass auf dem News-Portal nicht alle Nachrichten falsch sind. Es befinden sich dort ebenso falsche wie auch wahre Nachrichten. Das Hauptziel in dieser Phase ist aber das gezielte Anwenden der Fake-Prüfwerkzeuge. Insofern ist nicht die Anzahl der entdeckten Fakes relevant. Sie ist zwar sehr interessant und sorgt sportlich betrachtet auch für einen Wettbewerbscharakter, wichtig ist aber die Anzahl der überhaupt geprüften Nachrichten und der Einsatz möglichst aller Prüfwerkzeuge.

2. Treffen – Abschluss

  • Erfahrungsaustausch
  • Auswertung der Ergebnisse aus der Onlinephase
  • Ernennung zu "FakeHuntern" und Verleihung der Urkunden
Das zweite Treffen in der 3. Phase des Planspiels steht ganz unter dem Blickwinkel der Ergebnissicherung und der Auswertung. Die einzelnen Teams bringen die in der Online-Phase gefundenen Ergebnisse mit und vergleichen diese untereinander. Ein Austausch über Schwierigkeiten beim Einsatz der Fake-Prüfwerkzeuge vertieft die neu gelernten Instrumente.

Ebenso wichtig ist es auch, die Erfahrungen der SchülerInnen aufzugreifen und wertschätzend wahrzunehmen. Es soll bei diesem Planspiel auch eine Verhaltens- und Einstellungsänderung bei den SchülerInnen erreicht werden. Sie sollen ihren Umgang mit Fake News überdenken und sich der Bedeutung von Fake News für unsere Gesellschaft bewusst werden. Abschließend werden die SchülerInnen zu FakeHuntern ernannt und die Urkunden ausgegeben.

Verschiedene Varianten in der Durchführung ermöglichen es den Bibliotheken, das Planspiel auf ihre eigenen Bedürfnisse zuzuschneiden. In Variante A können alle drei Phasen hintereinander an einem Vormittag in der Bibliothek durchgeführt werden. Das entspricht dann eher einem Projekttag, zum Beispiel in der Woche vor den Ferien oder in einer Projektwoche der Schule. Die "Ausbildung" der FakeHunter bei dem ersten Treffen erfolgt noch ohne das News-Portal. Dabei werden die auf der Infoseite www.diefakehunter.de dargestellten fünf Beispiel-News für den praktischen Übungsteil genutzt. In Variante B kann in einer stark verkürzten Form das Planspiel auch auf das reine Recherchetraining begrenzt werden. Das ermöglicht zum einen Bibliotheken auch ohne News-Portal-Zugang, dieses Planspiel durchzuführen. Zum anderen passt sich die verkürzte Form unter Umständen besser an die Terminierungen mit den Schulen an.

Die Lernziele des Planspiels

SchülerInnen werden
  • Unterschiede zwischen verlässlichen und nicht-verlässlichen Informationen und Quellen kennen und erkennen lernen. ü Datenbanken (zum Beispiel Munzinger, Brockhaus) und weitere Nachschlagemöglichkeiten (online und offline) kennen lernen und diese benutzen.
  • Fake-Prüfwerkzeuge kennen lernen und diese nach dem Planspiel anwenden und auf andere Situationen übertragen können. ü ein Problembewusstsein entwickeln für die Schwierigkeiten von uneingeschränkter Informationsverbreitung im Internet.
  • sich neue Vorgehensweisen für das eigene zukünftige Rechercheverhalten im Internet erarbeiten. ü am Ende des Planspiels eine Urkunde über ihre Kenntnisse als »FakeHunter« erhalten.
BibliothekarInnen werden
  • vertiefende Inhalte aus den Bereichen Fake News, Informations- und Medienkritik, Informations- und Recherchekompetenz kennen lernen.
  • Konzepte zur Schulung sowohl von SchülerInnen als auch von Lehrkräften kennen lernen und diese auf die Angebote in ihren Bibliotheken übertragen und mit den Lehrkräften dort durchführen können.
  • das Planspiel kennen lernen und dieses dann in ihren Bibliotheken vor Ort bewerben und durchführen können.
Lehrkräfte werden
  • vertiefende Inhalte aus den Bereichen Fake News, Informations- und Medienkritik, Informations- und Recherchekompetenz kennen lernen und damit ihre vorhandenen Kenntnisse erweitern.
  • Bibliotheken als Verbündete wahrnehmen lernen, die gemeinsam mit den Schulen Informations-, Medien- und Recherchekompetenz an die SchülerInnen vermitteln.
  • neue Angebote der Bibliotheken kennen und nutzen lernen.

Praktische Hilfe für die Arbeit vor Ort

Bibliotheken sind als Bildungspartnerinnen inzwischen fest in den Kommunen verankert. Das bibliothekspädagogische
 Spiralcurriculum sieht in den einzelnen Jahrgangsstufen verschiedene Inhalte vor. Aktuelle Fragestellungen und die Anforderungen der Digitalisierung bringen immer neue Themen auf, die die Bibliotheken SchülerInnen nahebringen sollten.

Die Praxisarbeitshilfen der Büchereizentrale Schleswig-Holstein bieten den Bibliotheken hierzu:
  • Sachinformationen zum jeweiligen Thema
  • didaktisch und methodisch aufbereitete Konzepte
  • Planungsraster und Checklisten für die Veranstaltungen
  • Arbeits- und Informationsblätter für die SchülerInnen
  • weiterführende Hinweise
  • begleitende Fortbildungen für die Bibliotheken
Mit vorgefertigten Konzepten und Materialien wird die bibliothekspädagogische Arbeit der Bibliotheken ganz konkret unterstützt. Alle benötigten Dateien und Vorlagen befinden sich in einem Daten-Paket, das unter www.bz-sh.de heruntergeladen werden kann. Die Praxisarbeitshilfe steht als Offene Bildungsressource (OER) unter CC BY NC-Lizenz und kann von interessierten Bibliotheken frei unter www.bz-sh.de heruntergeladen, kopiert und angepasst werden.

Die frei zugängliche Infoseite mit fünf Nachrichten zum Testen findet sich unter www.diefakehunter.de. Mit diesen fünf Nachrichten und den Materialien aus dem Download-Paket lassen sich bereits fundierte Recherchetrainings gestalten.

Das für die Online-Phase benötigte Nachrichten-Portal steht allerdings nicht öffentlich im Internet zur Verfügung. Bibliotheken erhalten nach einer Schulung den Zugang zur Vollversion, auf der die SchülerInnen dann in der Online-Phase aus einer größeren Menge von Nachrichten auswählen können.

Ausblick

Entstanden aus einer kleinen Idee bei einem netten Essen ist aus den FakeHuntern nun ein großes Projekt geworden, das nicht nur verschiedene Institutionen wie die Aktion Kinder- und Jugendschutz Schleswig-Holstein und die Büchereizentrale Schleswig-Holstein näher zusammengebracht hat. Es ist inzwischen in 35 Städten in Schleswig-Holstein im Einsatz, Tendenz steigend.

Die FakeHunter sind aber auch über Schleswig-Holstein hinaus auf sehr große Resonanz gestoßen. So wurde dem Planspiel zum Beispiel auf dem Bibliothekskongress 2019 in Leipzig der zweite Preis des Best-Practice-Wettbewerbs der gemeinsamen Kommission Informationskompetenz von VDB und dbv verliehen.

Viele Bibliotheken in Deutschland und im benachbarten Ausland möchten das Planspiel "Die FakeHunter" in ihren Bibliotheken einsetzen. Die offene Bildungslizenz (CC BY NC) macht dies möglich. Die Idee eines "FakeHunter-MOOCs" zur Schulung der interessierten Bibliotheken über Schleswig-Holstein hinaus wird zurzeit von den beteiligten Institutionen geprüft.

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