Buchpräsentation | Gespräch | Filmfragmente Thore D. Hansen: Ein deutsches Leben

Thore D. Hansen: Ein deutsches Leben © Europa Verlag

Mi, 13.09.2017

20:00 Uhr

Goethe-Institut Amsterdam

Thore D. Hansen im Gespräch mit Bas von Benda-Beckmann

"Nichts haben wir gewusst", sagt Brunhilde Pomsel. Wiederholt sich die Geschichte? Zeigt das Beispiel der 105-jährigen ehemalige Sekretärin von Reichspropagandaminister Joseph Goebbels, dass wir vor einer neuen Epoche des Radikalismus stehen? Warnt uns die Geschichte einer Frau aus dem Machtzentrum der Nazis vor der Wiederkehr autoritärer Regimes in Europa und den USA? Oder sehen wir längst unaufhaltsam mit an, wie sich die Geschichte durch uns und unser Verhalten wiederholt?

Der Politikwissenschaftler Thore D. Hansen verdeutlicht am Beispiel Pomsels, wohin Karrieredenken, unreflektiertes Pflichtbewusstsein und politisches Desinteresse führen können und formuliert daraus ein eindringliche Warnung vor einer Wiederholung opportunistischer und egoistischer Blindheit. Dadurch wird die Relevanz von Brunhilde Pomsels Lebensgeschichte für die aktuellen nationalistischen und faschistischen Tendenzen in unseren Gesellschaften deutlich und macht das Buch besonders wertvoll.

Brunhilde Pomsel diente einem der größten Verbrecher der Geschichte. Von 1942 bis 1945 war sie Stenotypistin im Propagandaministerium von Joseph Goebbels. In dem Dokumentarfilm Ein deutsches Leben, der im Herbst 2016 auf Filmfestivals in München, Jerusalem und San Francisco Furore machte, gibt sie einen Einblick in die Banalität des Schreckens. Pomsel war eine unpolitische Mitläuferin, und das bestreitet sie auch nicht. Ihr ging der Job vor, ihr Pflichtgefühl, das Bedürfnis dazuzugehören. Erst nach Kriegsende sei ihr das ganze Ausmaß der Geschehnisse bewusst geworden.

Ihre Lebensgeschichte und ihre bestechende Ehrlichkeit konfrontieren uns mit der hochaktuellen Frage nach der persönlichen Verantwortung für das politische Zeitgeschehen und den Konsequenzen eines wiedererstarkten Nationalismus und Populismus. Werden wir später auch wie Brunhilde Pomsel sagen: "Wir wollten's ja auch nicht wissen"?

"[Brunhilde Pomsel] stellt die Schuldfrage an den Gräueltaten des Dritten Reiches nicht nur anderen – sondern auch sich selbst. Und manches von dem, was sie zu Protokoll gibt, klingt aus dem Munde einer bis ins hohe Alter derart scharfsinnigen Frau besonders erschreckend."
(Süddeutsche Zeitung)

Thore D. Hansen, Politikwissenschaftler und Soziologe, arbeitete erfolgreich als Wirtschaftsjournalist und Kommunikationsberater. Der Spezialist für internationale Politik und Geheimdienstarbeit ist gefragter Experte in den Medien, freier Autor und setzt sich mit den ungeklärten und geheimen Aspekten von Kultur- und Zeitgeschichte auseinander, um diese belletristisch zu verarbeiten.

Das Gespräch mit Thore D. Hansen führt Bas von Benda-Beckmann. Er ist als Historiker beim NIOD Institute for War, Holocaust and Genocide Studies / Niederländisches Institut für Kriegs-, Holocaust- und Genoziddokumentation) tätig und Dozent bei der Universität von Amsterdam.

Hier finden Sie eine Leseprobe von Een Duits leven, der niederländischen Übersetztung von Ein deutsches Leben.

In Zusammenarbeit mit Xander Uitgevers und GNLD.

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