Dokumentarfilm Die Fotografen Bernd und Hilla Becher

Die Fotografen Bernd und Hilla Becher © Bernd und Hilla Becher

Di, 13.03.2018

20:00 Uhr

Goethe-Institut Amsterdam

(DE 2011)
Länge: 94 Min.
Regie: Marianne Kapfer
Sprache: Deutsch mit engl. UT

"Als wir merkten, dass die Industriebauten verschwinden, haben wir sie mit dem Fotoapparat festgehalten. Wir haben nichts anderes mehr gemacht, Das war für uns eine Verpflichtung."
Bernd und Hilla Becher sind in ihrem Atelier in Düsseldorf und blicken auf die letzten vier Jahrzehnte ihres fotografischen Schaffens: Fachwerkhäuser, Wassertürme, Hochöfen, Fördertürme, Kalköfen, Gasbehälter – Bauten einer mittlerweile untergegangenen Industriekultur. Schwarz-weiß, nüchtern präzise, vor immer grauen Hintergrund von leicht erhöhtem Standpunkt aus aufgenommen. So sehen Becher-Bilder unverändert seit den 60er Jahren aus.

Bernd Becher, 1931 in Siegen geboren, zeichnete und malte zunächst die vom Abriss bedrohten Hütten und Bergwerke in seiner Heimatregion und den benachbarten Industrielandschaften. 1957 begann er Industriebauten zu fotografieren, denn die Fotografie versprach sowohl größere Präzision als auch eine objektivere Darstellungsweise. Nach einer Lehre zum Dekorationsmaler studierte Bernd Becher 1957 an der Düsseldorfer Kunstakademie Typografie. Hier begegnete er Hilla Wobeser. 1934 in Potsdam geboren, übersiedelte sie nach Abschluss einer dreijährigen Ausbildung in einem Fotoatelier 1954 nach Westdeutschland und arbeitete in Hamburg als selbständige Fotografin. Ab 1958 studierte sie an der Kunstakademie in Düsseldorf und betreute dort auch das Entwicklungslabor. 1959 fotografierten Bernd und Hilla Becher dann gemeinsam zunächst die Erzbergwerke und Fachwerkhäuser des Siegener Industriegebietes und später die Industrieanlagen im Ruhrgebiet. 1961 heirateten sie.

Hilla Becher erzählt von ihren bescheidenen Anfängen als sie sich 1966 mit kleinem Sohn, VW-Bus und Großmutter nach Wales aufmachten, um dort zu fotografieren. "Wie die Perlenschnüre reihten sich die Bergwerke aneinander ... aber das Ganze war wie ein Zeitrafferprozess, so schnell wurden die Anlagen abgerissen." Es folgten Reisen in die Industriegebiete von Frankreich, Belgien, Luxemburg und den Vereinigten Staaten.
Der Film begibt sich auf Spurensuche zu den wichtigsten fotografischen Stationen und Motiven der Bechers: zu ihren Anfängen - den Fachwerkhäusern im Siegerland, zu den Objekten ihrer ersten Auslandsreisen in den Sechziger Jahren wie die Zechen in Wales oder die Hochofenanlagen in Lothringen, dann zu den Bergwerken im Ruhrgebiet. Heute erinnert oft nur noch ein Förderrad oder ein umgestürzter Hochofenkessel auf der grünen Wiese daran, dass hier mal Kohle gefördert bzw. Stahl gekocht wurde. Nur wenige der von ihnen fotografierten Industrieanlagen sind noch in Betrieb. Ein paar konnten als Museum überdauern. So die Zeche Zollern 2 in Dortmund. Die Bechers fotografierten diese Zechenanlage seit 1969 und retteten mit einer Bürgerinitiative die Maschinenhalle vor dem Abriss. Mit ihrem Werk haben die Bechers auch dazu beigetragen ein Bewusstsein für den Erhalt des industriellen Kulturguts zu schaffen.

Die erste Einzelausstellung der Bechers war in der Buchhandlung und Galerie Ruth Nohl in Siegen. Heute werden ihre Arbeiten in den großen Museen der Welt gezeigt. Sie bekamen die höchsten Kunstpreise, wie den Erasmuspreis, der an Personen oder Institutionen verliehen wird, die einen außerordentlich wichtigen Beitrag im kulturellen, sozialen oder sozialwissenschaftlichen Bereich geleistet haben. Preisträger sind u.a. Charles Chaplin, Marc Chagall oder Ingmar Bergman.

Die Galeristin Ruth Nohl: "Am Anfang hätten die Bechers doch nie gedacht, dass sie mal all diese Preise bekommen. Aber sie haben doch Großes für die Menschheit geleistet, dass sie all diese Aufnahmen noch gemacht haben."
"Wenn man einen Förderturm hat, so möchte man noch mehr davon“, erklärt Bernd Becher mit Blick auf die Tableaus von 3 x 5 Fotos von Förderturmköpfen wie sie in einer Ausstellung im Hamburger Bahnhof in Berlin hängen. "Um ihre Vielfalt und Vielgestaltigkeit zu zeigen, haben wir sie nebeneinander gehängt."
"Mir sind die Hochöfen am liebsten, weil sie am schwersten zu fotografieren sind“, so Hilla Becher. "Teilweise mussten wir die Fotoapparate auf die hochhaushohen Stahlöfen mit Seilen hochziehen." Im Film geben die Fotografen Einblick in ihre Werkstatt: ihre Arbeit, ihre Motive, ihre Arbeitsweise. Warum sie nur in schwarz-weiß fotografieren, oder warum es reicht, von einem Förderturm nur drei Aufnahmen zu machen. Bei welchen Licht sie am liebsten fotografieren. Welche Mühe es machte, Genehmigungen zum Fotografieren zu bekommen. Welchen Widrigkeiten sie ausgesetzt waren. Durch ihre Erzählungen kommt man der Faszination, die Industriebauten auf sie ausgeübt haben, so dass sie ihnen ihr ganzes Leben widmeten, näher.

Ihr Sohn Max Becher filmte 1987 seine Eltern auf einer Reise durch Pennsylvania als sie Getreidesilos fotografierten. Seine Aufnahmen zeigen wie die Bechers erst einen Baum fällen mussten, um ihr Objekt für die typische Bechersche Aufnahme freizustellen.
"Bernd Becher konnte einen morgens um halb sieben anrufen und über das richtige Objektiv diskutieren. Diese Leidenschaft für die Fotografie war eine große Inspiration für mich." So Thomas Struth über Bernd Becher, bei dem er in den siebziger Jahren studierte. Bernd Becher lehrte zwanzig Jahre als Professor an der Kunstakademie in Düsseldorf. Thomas Struth, Thomas Ruff und Candida Höfer aus der ersten Generation der "Becher-Schüler", Jörg Sasse aus der mittleren und die jüngeren Laurenz Berges und Götz Diergarten – alles international bekannte Fotografen aus der Becherklasse – erzählen, was für einen Einfluss die Bechers für ihr eigenes Schaffen hatten und ergänzen somit das Bild von den beiden Künstlerpersönlichkeiten.


In Zusammenarbeit mit dem Huis Marseille.

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