Berlinale Blogger 2016
Das Schöne in einem Ambiente der Zerstörung

Screen-Shot Grüße aus Fukushima
Screen-Shot Grüße aus Fukushima | Hanno Lentz/Majestic

Kurz bevor ich es mir in dem bequemen Kippsessel des Zoopalastes gemütlich mache wählt der BVR (Bundesverband Regie) die Gleichberechtigung fordernden Frauen aus dem Vorstand heraus, während der BFFS (Bundesverband Schauspiel) eine paritätische Aufstellung gar nicht zulässt.
 
Genderdiskriminierung ist so NORMAL in Deutschland, dass Filme wie „Grüße aus Fukushima“, den Doris Dörrie gerade so eloquent auf deutsch und englisch ankündigt, im doppelten Sinne Wasser auf trockene Erde gießen.
Einmal, weil im Bild immer wieder trockene, verstrahlte Erde mit wertvollem Trinkwasser betröpfelt wird, zweitens weil es leider im internationalen Kino nicht selbstverständlich ist, Beziehungen zwischen Frauen zu erzählen. Was dieser Film mit großer Selbstverständlichkeit und allerschönsten, poetischen Mitteln tut. Es geht um die persönliche Entwicklung zweier grundverschiedener und doch so ähnlichen Menschen, die einander geben können, was dem jeweils anderen fehlt. Zwei von der Vergangenheit verfolgte Frauen bauen ein Haus, in der bis heute verstrahlten Zone um Fukushima wieder auf, um nach getaner Drecksarbeit bewusst und mit unendlicher Eleganz Tee zu trinken.
 
Poetisch sanfer Umgang

Schon die ersten Sekunden des Schwarz-weiß-Filmes zeugen von Dörries virtuoser Effizienz und Sinn für Ästhetik. Schnell ist klar, dass wir uns mit weiblichem Perfektionismus auseinandersetzen werden und warum Marie nach Fukushima aufbrechen wird. Dörrie erzählt vom allgemeinen menschlichen bis hin zum individuellen Problem unserer Protagonistin, die nun in wunderbar unsexualisierender Clown-Verkleidung von Verlustschmerzen gebeutelt in einem Zug nach Fukushima sitzt. Die von Ulrike Haage komponierte, schlichte Klaviermusik und der poetische sanfte Umgang der Menschen miteinander heben „Das Schöne“ in einem Ambiente der Zerstörung hervor. Mein langjähriger Lieblingsfilm „Dead Man“ von Jim Jarmusch mit der puristischen Musik von Neil Jung wurde soeben übertroffen. Danke Doris Dörrie.