Die Generation Z im Film
Von der universellen Magie der Jugend

Vom Abenteuer, jung zu sein: „Es war einmal Indianerland“ zeichnet ein Jugendportrait, aber nicht unbedingt ein typisches der Generation Z.
Vom Abenteuer, jung zu sein: „Es war einmal Indianerland“ zeichnet ein Jugendportrait, aber nicht unbedingt ein typisches der Generation Z. | Foto (Zuschnitt): © picture alliance/Camino-film/dpa

Wer sind sie und wie leben sie? Die Werbe- und Medienwelt hat eine neue Zielgruppe entdeckt: Die seit Kindesbeinen an durchdigitalisierte Generation Z erreicht nun das Erwachsenenalter. Im Film repräsentieren sie jedoch (noch) das Leben der Millennials.

Nicht nur Journalisten, Soziologen oder Marketingexperten ist es ein Anliegen, jede Generation durch ihre gemeinsamen Werte und Ziele zu beschreiben. Auch das Kino sucht nach immer neuen Bildern und Geschichten, welche die Lebenswirklichkeit junger Menschen widerspiegeln. Bis vor Kurzem ging es meist um die so genannten Millennials, also alle, die zwischen 1980 und 1995 geboren wurden. Doch jetzt drängen auch ihre Nachfolger auf den Arbeitsmarkt und damit ins öffentliche Bewusstsein: Das deutschsprachige Kino der letzten Jahre beschäftigt sich verstärkt mit der „Generation Z“. Sie reicht von Kindern, die gerade eingeschult werden, bis hin zu jungen Erwachsenen von Anfang 20. Aber was hat das Kino über sie zu erzählen? 

Kaum Smartphones auf der Leinwand

Natürlich hat die Generation Z selbst noch nicht viele Filmemacher hervorgebracht. Nur wenige Menschen bekommen bereits so früh die Chance, bei einer größeren Produktion Regie zu führen. Aktuell gibt es daher also kaum Filme von ihnen zu sehen, dafür aber viele über sie. Darsteller der Generation Z stehen vor der Kamera, aber sie bewegen sich in Bildern der Generation X und Y. 

Marketingstudien beschreiben, dass sich allgemeine gesellschaftliche Trends bei der Generation Z verstärken: Man schreibt ihnen eine besondere Abgeklärtheit zu, weil sie mit Umbrüchen wie der Finanzkrise oder der Klimakatastrophe aufgewachsen sind. Stetige Veränderung sei für sie Normalität, auch und besonders im Umgang mit modernen Medien. Schon die Millennials galten als technologieaffine „Digital Natives“, doch die Generation Z wuchs nicht nur mit dem Internet auf, sondern in einer sozial vernetzen Welt, in der die Trennung zwischen virtuellem und physischem Raum geradezu abwegig erscheint. 

Die Filme über die Generation Z bilden das allerdings nur selten ab. In einem Millennial-Drama wie Rückenwind von vorn werden Smartphones genutzt und Videotelefonie mit Freunden, die auf Weltreise sind, was auf eine globale Perspektive verweist. Doch von der oft beklagten Omnipräsenz der kleinen Taschencomputer ist in Coming-of-Age-Geschichten wie in dem poetischen Drama Luft von Anatol Schuster oder Es war einmal Indianerland von İlker Çatak wenig zu sehen. Auch die düstere Meerjungfrauen-Fantasie Blue My Mind von Lisa Brühlman oder das Pferdeabenteuer Hördur – Zwischen Welten von Ekrem Ergün kommen ohne aus. Es geht eher um eine allgemeine Zustandsbeschreibung von Jugend als um eine spezifische Zeit. Es scheint, als würde Technologie die magische Erfahrung der Jugend im Film stören. Wenn das Internet thematisiert wird, dann nur, wenn es ein zentrales Handlungselement ist. Ein Beispiel hierfür wäre Homevideo, ein Fernsehfilm über Cybermobbing. Dass der alltägliche Umgang mit der digitalen Welt im Film dargestellt wird, bleibt die Ausnahme.

Diese Aussparung ist interessant. Ist sie der Tatsache geschuldet, dass das Kino als nunmehr „altes“ Medium nicht in der Lage ist, die fragmentierte Erfahrungswelt einer jungen Generation darzustellen? Wohl kaum, denn es gibt Gegenbeispiele aus aller Welt. Es handelt sich um eine bewusste ästhetische Entscheidung –  die Filmemacher bringen ihre eigene Jugenderfahrung (ohne Smartphone) auf die Leinwand. Womit sie möglicherweise einen Nerv treffen: Jugendstudien sprechen immer wieder von einer „digitalen Sättigung“. Wer in einer digitalisierten Welt aufgewachsen ist, sucht möglicherweise umso stärker nach einer Alternative. 

Roadmovies und innere Reisen

Genau wie in der Popmusik ist auch im Kino Jugend immer mit Aufbruch und Ausbruch verbunden. Junge Menschen verlassen die enge Heimat, um neue Orte und Denkweisen zu erleben. Das Kino sucht äußere Bilder für innere Prozesse, und so fallen innere Reisen und tatsächliche Reisen zusammen – Hauptsache weit weg von der Welt der Eltern. In Hans Weingartners Liebesgeschichte 303 machen sich Studenten im Wohnwagen auf nach Portugal, in Rückenwind von vorn geht es spontan nach Tschechien. Das Finale von Es war einmal Indianerland spielt auf einem Musikfestival irgendwo an der deutschen Grenze. In Luft und Blue my Mind zieht es Schülerinnen zum Meer. Die letzten beiden Filme verbindet auch, dass sie von LGBTQ-Erfahrungen erzählen. Lange Roadtrips führen hier aus der heteronormativen Gesellschaft hinaus. Die Generation Z wächst in einer Zeit auf, in der viele gesellschaftliche Veränderungen bereits weit fortgeschritten sind, daher wird sie oft als besonders offen und tolerant beschrieben. 

Im Kino werden spezifische Details und allgemeine Tendenzen der Generation Z bislang eher gestreift als offen dargestellt. Wahrscheinlich werden diese erst sichtbar, wenn sie selbst von ihren Jugenderfahrungen erzählen kann – mit Darstellern aus der Generation, die ihnen nachfolgt. Ein Problem ist das nicht, denn die Filme werden dadurch natürlich nicht schlechter. Und die Gefühle der Jugend stellt das Kino auch heute noch präzise und mitreißend dar. Die Sehnsucht nach neuen Erfahrungen und einer eigenständigen Identität ist universell. Der Traum von einer anderen, vielleicht sogar besseren Welt auch. Filme über die Jugend verbinden die Generationen, weil jeder Mensch diese Phase von Sturm und Drang durchleben darf. 
  • Vom Abenteuer, jung zu sein: „Es war einmal Indianerland“ zeichnet ein Jugendportrait, aber nicht unbedingt ein typisches der Generation Z. Foto (Zuschnitt): © picture alliance/Camino-film/dpa
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