Festliche Zeiten, Festliche Orte
Berlin

Eindruck des Kammermusiksaals der Berliner Philharmonie © Imogen Thirlwall

Weihnachtszeit und Musik gehören einfach zusammen. In dieser von Dankbarkeit geprägten Zeit stehen bei musikalischen Aufführungen oft nachdenkliche und feierliche Themen im Vordergrund. Ich hatte die Möglichkeit, bei einem Auftritt im Kammermusiksaal der Berliner Symphoniker das Jahr 2018 zu begrüßen. 

Gospel Gala

Reflektierende Vertäfelungen und verschiedenartige Oberflächen verbessern die Akustik Reflektierende Vertäfelungen und verschiedenartige Oberflächen verbessern die Akustik | © Imogen Thirlwall Bei der Neujahrsgala „Donna Brown and Friends“ sind die Golden Gospel Pearls aufgetreten. In der ersten Hälfte standen Gospel Standards auf dem Plan. In der zweiten Hälfte durfte ich mit dem Soul of Berlin Jazz Orchestra spielen und von Donna Brown angeleitete Sängerinnen und Sänger begleiten.

Auf dem Programm stand auch „The Abyssinian Mass“, ein Jazzgottesdienst aus der Feder des Trompeters und Komponisten Wynton Marsalis aus dem Jahr 2008. Das Stück wurde zum 200. Geburtsag der Abyssinian Baptist Church in Harlem in Auftrag gegeben —mehr dazu in diesem kurzen Video

Mitglieder des Soul Of Berlin Jazz Orchestra Die oft als „Bild des Himmels” beschriebenen reflektierenden Vertäfelungen und verschiedenartigen Oberflächen des Kammermusiksaals kommen der Akustik des Raumes sehr zugute. Im Bild sieht man Mitglieder des Soul of Berlin Jazz Orchestra beim Soundcheck. Die Sitzplätze um die Bühne herum sind terrassenförmig angeordnet, um durch die mittig stattfindende Musikinszenierung mehr Intimität zu erzeugen. | © Imogen Thirlwall Die musikalische Leiterin Donna Brown hat eigens für die Neujahrsgala ein Ensemble aus 20 professionellen Sängerinnen und Sängern zusammengestellt, die mit dem Soul of Berlin Jazz Orchestra sieben Sätze aus dem Gesamtwerk aufführten.

In dieser Live-Kostprobe des Satzes „Recessional: The Glory Train“ spielt das Jazz at Lincoln Center Orchester mit Wynton Marsalis und Chorale Le Chateau.

Mein Leben für den Jazz

Ich habe schon von Kindesbeinen an und auch später an der Universität Trompete gespielt. Also war ich immer mittendrin in der Jazz-Szene in Wellington und stieß irgendwann auch zur Rodger Fox Big Band. Als ich beim NZ-Festival 2016 den Auftritt von Wynton Marsalis mit dem New Zealand Symphony Orchester sah, war das für mich wie eine Offenbarung. Unter anderem spielten vier verschiedene bekannte Orchestren die „Swing Symphony“, eines davon war die Berliner Philharmonie.

Das Konzert hat mich so fasziniert, dass ich mich immer mehr mit Jazzgesang beschäftigte, vor allem mit solchen Vocals, für die viel Hintergrundwissen über Jazz-Stilarten und das stimmliche Repertoire klassisch ausgebildeter Sänger erforderlich ist. Kurz darauf führte ich in Will Todds „Mass in Blue“ in Tauranga und Wellington das Sopransolo auf.


Beispiel einer Gesangspartitur des Satzes Anthem Beispiel einer Gesangspartitur des Satzes Anthem | © Imogen Thirlwall Während meines ersten Monats in Berlin las ich einen Facebook-Post, in dem Musiker für ein Vorspielen einer Marsalis-Komposition gesucht wurden. Die Chance konnte ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Allerdings war mir noch nicht ganz klar, welche kulturelle Bedeutung die Berliner Philharmonie hatte und wie viele unglaubliche Sänger und Musiker ich schon gleich bei der ersten Probe treffen würde.

Dieses Konzert werde ich nie vergessen. Nicht nur, dass ich derart erfüllende und anspruchsvolle Musikstücke spielen durfte, es war auch ein Erlebnis, das meine ersten Monate in einem neuen Land maßgeblich geprägt und mir geholfen hat, hier Fuß zu fassen.

Um es mit einer Textzeile aus der Messe auszudrücken: In this great land of ours, everyone has a place („In diesem unserem großartigen Land hat jeder seinen Platz”). Das erste Weihnachtsfest, das ich fern der Heimat verbracht habe, ist damit eine Erfahrung, für die ich sehr, sehr dankbar bin.