Stummfilmvorführung Faust
Interview mit Erika Grant

Mephisto und Faust
©Wellington Film Society

Faust – Eine deutsche Volkssage von Friedrich W. Murnau gilt als Klassiker der deutschen Stummfilmära. Am 10. Oktober zeigt die Wellington Film Society den Stummfilm in Partnerschaft mit dem Goethe-Institut Neuseeland und dem Wellington City Council. Das Highlight wird hierbei die musikalische Live-Begleitung von vier lokalen Musiker*innen: Erika Grant, Rosie Langabeer, Isaak Smith und Neil Feather. Sie wurden von der WFS beauftragt, die Musik für den Film eigens zu komponieren.

Wir hatten die Freude mit Erika Grant über das Projekt zu sprechen. Die neuseeländische Musikerin und Musiklehrerin gab uns dabei Einblicke in die Herausforderungen und Besonderheiten der Stummfilmkomposition.

Erika, wie kam dieses Projekt zustande?

Die Wellington Film Society kam auf mich zu, um die Musik für den Film zu komponieren. Das war glaube ich bereits 2019, aber ich erinnere mich nicht mehr genau. Im Rückblick sind die letzten Jahre etwas verschwommen. Ich hatte bereits an der Vertonung von drei vorherigen Wellington Film Society Vorführungen mitgewirkt und immer viel Spaß daran. Ich habe also nicht lange gezögert, vor allem als auch meine drei guten Freund*innen Isaac, Rosie und Neil an Bord waren.

Was hat dein Interesse geweckt, die Musik für Faust zu komponieren? Kanntest du die Handlung des Films im Vorfeld?

Die  Handlung von Faust war mir im Voraus kaum bekannt, jedoch war mir das Konzept des "Faustischen Paktes" bereits ein Begriff. Im Grunde hatte ich dem Projekt schon zugestimmt, bevor ich überhaupt den ausgewählten Film kannte, weil es immer eine spannende und interessante Aufgabe ist, eine Live-Vertonung zu entwickeln. Seitdem habe ich den Film mehrmals gesehen und mich in so viele Elemente verliebt: die Spezialeffekte, die Schauspielerei, die Kostüme und die Charaktere.

Filmszene aus dem Stummfilm Faust © © Wellington Film Society Friedrich Wilhelm Murnau, Faust - Eine deutsch Volkssage, 1926, Filmstill © Wellington Film Society
Wie entstanden die kompositorischen Ideen für den Stummfilm? Hast du dich von vorangegangenen Tonbegleitungen zu Faust, wie z. B. der Original-Komposition von Werner Richard Heyman, inspirieren lassen?

Nein, ich habe mich von keiner anderen Vertonung inspirieren lassen, sondern mir vielmehr überlegt mit wem ich gerne zusammen arbeiten möchte und welche Art von Musik sie machen. Ich habe außerdem auf bestimmte Komponisten zurückgegriffen, die ich bewundere und deren Energie ich in die Musik einfließen lassen wollte, wie z. B. Moondog und Harry Partch. Viele der Ideen gehen von den Instrumenten aus, die wir verwenden, insbesondere Neil Feathers selbst geschaffene Instrumente.

Ich habe mir den Film tatsächlich kein einziges Mal mit Ton angeschaut, weil ich mich überhaupt nicht davon beeinflussen lassen wollte. Ich lasse mich vielmehr von der Bildsprache des Films inspirieren und richte danach Stimmungen und Klänge aus. Letztendlich muss man einfach viel ausprobieren, mit verschiedenen Klängen und Konzepten arbeiten und schauen, ob sie den richtigen Charakter oder die richtige Stimmung für die Szene erzeugen.
 


(Diese Demoaufnahme für Faust enthält ein von Neil Feather erfundenes Instrument. Es handelt sich um einen sogenannten Rotozither sowie einige synthetische Klänge und Perkussioninstrumente. Eine Rotozither ist ein Instrument mit einer runden oder zylindrischen Zither oder Harfe, die sich an magnetischen Tonabnehmern vorbei dreht, um eine Melodie zu erzeugen.)

Was waren die Herausforderungen beim Komponieren?


Eine große Herausforderung war, dass die Hälfte unserer Gruppe nach Auckland gezogen ist, nachdem wir den Auftrag für die Filmmusik angenommen hatten. Da wir nicht mehr alle in der gleichen Stadt wohnten, mussten wir Proben über Zoom organisieren und viele Ideen virtuell austauschen.

Außerdem war es nicht einfach für uns, dass die Filmvorführung wegen Corona einige Male verschoben werden musste. Man macht sich jedes Mal bereit und dann findet es doch wieder nicht statt. Selbst jetzt, wo wir wussten das es sicher statt finden wird, war es manchmal schwierig die Energie aufzubringen, sich endlich auf die Veranstaltung vorzubereiten.

Wenn ich mich an die Zeit des Komponierens zurückerinnere, musste ich viele endgültige Entscheidungen bezüglich der Instrumentation und den Stimmungen treffen! Es gibt so viele Möglichkeiten und Kombinationen, dass man sich in der Auswahl einschränken muss, damit einem in der Hälfte des Films nicht die Luft ausgeht. Die musikalische Begleitung für einen Stummfilm zu entwickeln ist wirklich eine gute Übung in Sachen Zurückhaltung und Kontrolle.
 
  • Portrait Erika Grant © Erika Grant

    Erika Grant

  • Portrait Neil Feather © Neil Feather

    Neil Feather

  • Portrait Isaac Smith © Isaac Smith

    Isaac Smith

  • Portrait Rosie Langabeer ©Rosie Langabeer

    Rosie Langabeer

Die Filmvorführung findet am 10. Oktober 2022 um 18.15 Uhr im Embassy Theater, Wellington statt. Der Eintritt ist frei, Koha ist erwünscht. Weitere Informationen finden Sie hier
 

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