Diskussionsrunde Migration, Integration und Bildungsmöglichkeiten

Migration © Goethe-Institut

Do, 23.08.2018

Goethe-Institut Peru

Inwieweit beachten Bibliotheken und Schulen die Migration? Welche Angebote bieten Bibliotheken oder Schulen für Migrantenkinder an? Wie gehen die Lehrer*innen mit der kulturellen Heterogenität um? Was für ein Programm plant die Schulbibliothek in Bezug auf die multikulturelle Integration und Inklusion der Kinder aus Nachbarländern? Welchen institutionellen Rückhalt gibt es?
Um diese Fragen zu beantworten, veranstalten wir eine Diskussionsrunde zum Thema „Migration, Integration und Bildungsmöglichkeiten“, zu der wir folgende Expert*innen eingeladen haben:

Anne Barckow, Beraterin für Interkulturelles/ Bücherhallen Hamburg, Zentralbibliothek
Vortrag: Die Bibliothek als interkultureller Ort

Bibliotheken sind die am stärksten genutzten Kultur- und Bildungseinrichtungen in Deutschland und sie sind Räumen des Lernens, des Austauschs und der Begegnung. Sie erreichen ein breites Publikum und bieten über in der Regel lange Öffnungszeiten vielfach freien Zugang zu Informationen, Medien und Räumen. Bibliotheken bringen damit hervorragende Voraussetzungen mit, um einen wichtigen Beitrag zur kulturellen Bildungsarbeit zu leisten. Sie ergänzen mit ihren vielfachen Aktivitäten die Angebote von Kitas, Schulen und Sprach- und Integrationskursanbietern. Damit dies gelingt, richten Bibliotheken ihre interkulturellen Angebote an vier Zielgruppen: MigrantInnen, MultiplikatorInnen, die Stadtgesellschaft insgesamt und das Bibliothekspersonal. In meinem Beitrag zeige ich am Beispiel der Bücherhallen Hamburg auf, wie die verschiedenen Angebote aussehen, wie sie ineinander greifen und sich ergänzen, und warum sie so wichtig sind. 

Dipl. Elida Elizondo, Diplombibliothekarin Universidad Nacional de Cordoba Argentina
Vortrag: Die Rolle der Schulbibliotheken angesichts der diversen Nationalitäten in den Schulen Córdobas – Argentinien

Der Migrationsprozess Argentiniens der letzten Jahre war ein spürbares soziales, politisches, wirtschaftliches wie kulturelles Phänomen und wird durch seine Rechtsinstrumente die Migrant*innen unterstützt, die neu ins Land kommen, gestützt.

Sowohl die Schulen als auch die Bibliotheken der Institutionen waren nicht auf diese Situation vorbereitet und es war unausweichlich darauf auch durch Veränderungen im Bildungswesen zu reagieren, indem Inklusion sowie die soziale Integration von Kindern mit Migrationshintergrund in den Lern-Bildungsprozess mit einbezogen werden.

Aus diesem Grund hat das Bildungssystem der Provinz seine Umsetzungen überdacht, um Räume des Miteinanders zu erschaffen, die sich an Prinzipien der Inklusion und Teilhabe orientieren. Diese Veränderungen sollen Antworten auf die rechtlich politischen Grundzüge geben, die sich mit der Anerkennung der Diversität und dem Einbezug in der Lehrplangestaltung der Grundschule des Bildungsministeriums der Provinz Córdoba beschäftigen.

Aktuelle Studien zeigen, dass der Wille der Lehrenden und Bibliotheksmitarbeitenden diesen neuen Herausforderungen zu begegnen ungenügend ist und derzeit nicht beabsichtigt wird, die Vielfalt in die Lehrplangestaltung mit einzubeziehen.

Diese bereits angegangenen Bereiche als auch neuste Themen sollen im Kontext dieser Veranstaltung weiter vertieft werden. Erstrebenswert ist es, Alternativen im schulischen Umfeld zu finden, die es sich zum Ziel setzen das Leben der Kinder zu erleichtern, die unabsichtlich in einem anderen Land wohnen.

Hristo Tamayo Gamboa, Anthropologe und Experte der Migrationsanthropologie, Nationalbibliothek Peru
Vortrag: Die peruanischen Bibliotheken und ihre Relevanz in interkulturellen Prozessen der Bevölkerung mit Migrationshintergrund

Das moderne Ideal einer Republik Peru hat sich über einem multikulturellen Gebiet konstruiert und führte dadurch sozioökonomische Schichtenbildungen und kulturelle Hegemonie herbei. Die Zentralisierung von Mitteln und Dienstleistungen, politische Gewalt sowie die Entwicklung neuer Diskurse begünstigte eine spezifische Migration: die Land-Stadt-Migration.

Die Beschaffenheit dieser Migration war Gegenstand von Studien und Praxis der peruanischen Institutionen. Bibliotheken und die Lektüre werden als Elemente kultureller Anpassung verstanden und der Mythos einer Bildung im Sinne der Entwicklung gestärkt. Es wird als ein Recht angesehen, diese soziokulturelle Unterfangen zu unterstützen und in diesem Zuge einen Wissensaustausch der verschiedenen Gemeinschaften zu ermöglichen, ohne dabei eine Kultur über die andere zu stellen. Das Recht auf Lektüre ermöglicht Migrant*innen Anspruch auf ihre Andersartigkeit zu erheben, Zivilrecht zu fordern und die Wirklichkeit zu verändern. Die Große Öffentliche Bibliothek Lima als auch Stadt- und Gemeindebibliotheken eröffnen Räume für die Identitätsforderungen der Migrant*innen. Die BNP unterstützte Räume der Begegnung, die die Fähigkeiten der Dozenten und Bibliothekare bezüglich der inklusiven Kraft der Lektüre in Schulbibliotheken stärken soll.
 
Die aktuelle politische Situation Lateinamerikas sorgte verstärkt für Migrationsströme. Das erste Mal seit mehreren Generationen ist Peru Einwanderungsland dieser Menschen, die die gedachten Grenzen der modernen Staaten überqueren und ihr Kulturgut, das sich von der lokalen Bevölkerung durchaus unterscheiden kann, bei sich tragen und in der Begegnung als konfliktiv wahrgenommen werden kann oder exotisiert wird. Peru hat bisher noch kein bibliothekarisches Angebot, welches die interkulturellen Beziehungen mit der internationalen Bevölkerung mit Migrationshintergrund unterstützt oder sich an diese richtet. Was dem am nächsten kommt ist die Initiative „Bücherkoffer für Strafanstaltseinrichtungen“ der Nationalbibliothek Peru, des Internationen Komitees des Roten Kreuz und der Nationalen Strafvollzugsanstalt Peru. Dieses Programm bietet zudem Aktivitäten zur Inklusion von Ausländer*innen an, die Teil des Zentrums für alternative Grundschulbildung sind und Bibliotheken als auch die Literatur als Elemente für Sozialisierung und Öffnung zum Unterschied verstehen.

Moderation: Irina Burgos
 

Zurück