Mittwochskino im Auditorium Paris - kein Tag ohne Dich

Paris kein Tag ohne Dich Foto: MADE IN GERMANY Filmproduktion GmbH

Mi, 17.08.2022

19:00 Uhr

Goethe-Institut Peru

Regie: Ulrike Schaz 2020, Farbe, 107 min

1975 in Paris: Auf einer Party werden die deutsche Kunststudentin Ulrike Schaz und ihr französischer Freund aus dem Nichts verhaftet. Drei Menschen, unter ihnen zwei Beamte des französischen Geheimdienstes, wurden unweit der Feier erschossen.

Ulrike ist zur falschen Zeit am falschen Ort und gerät ins Visier der internationalen Terrorabwehr. Sie gilt als Terroristin und als Komplizin - in manchen Presseberichten gar Freundin - von Carlos, dem „Schakal“, denn wie kann man, so die hanebüchene Logik des Staatsschutzes, in diesen Zeiten Ulrike heißen und nicht Mitglied der ‚Baader-Meinhof-Bande‘ sein.

In der Stadt ihrer Träume erlebt sie den Alptraum ihres Lebens. Sie wird aus Frankreich ausgewiesen, von deutschen Beamten schikaniert und gilt fortan, selbst nach aufwändiger und langwieriger juristischer Klärung und offizieller Löschung ihrer Daten, bei jedem neuerlichen Grenzübertritt als verdächtige Person, die genauester Prüfung zu unterziehen ist.

Mit PARIS – KEIN TAG OHNE DICH versucht sich Ulrike Schaz an einer poetischen Inventarisierung der eigenen Existenz. Sie kehrt nach Paris zurück und trifft zahlreiche Freund*innen von damals. Neben ausführlichen Unterhaltungen mit diesen ehemaligen Wegbegleiter*innen, baut sie ein Schattenriss-Theater, arbeitet mit gezeichneten Erinnerungen um bestimmte Ereignisse nachzustellen und verwendet abstrakte Ton-Bild-Collagen, um die Spuren einer Zeit zu bergen, die sie als Subjekt und Objekt durchlebt, durchliebt, durchlitten hat. Eine kontinuierliche Doppelbewegung durchzieht den Film: die selbst- und fremdbestimmten Bestandteile der eigenen Biografie werden aus der historischen Verankerung herausgelöst, also isoliert und analysiert um sie dann, gewissermaßen angereichert, zurück ins große Ganze der Zeitläufte zu synthetisieren.

PARIS – KEIN TAG OHNE DICH eröffnet einen komplexen Blick auf Zeiten, da Staaten und Geheimdienste gerade begannen, mittels Rasterfahndung Daten zu speichern um darüber den internationalen Terrorismus zu bekämpfen.


Kritiken, Empfehlungen, Presseschau

„Ulrike Schaz, heute Künstlerin und Filmemacherin, blickt auf ihre Geschichte ohne eine Spur von Selbstmitleid zurück. Selbst die Demütigungen, mehrere Stunden nach ihrer Festnahme nackt in einer Zelle zu verbringen, permanent beobachtet und obendrein, während eines Gangs auf die Toilette, auch noch von einem Polizisten belästigt zu werden, schildert sie souverän und detailreich. Und auch der Müll, den die damalige Presse über sie und ihre Bemühungen gedruckt hat, die unzulässig über sie gespeicherten Daten wieder zu löschen, konnte sie nicht kleinkriegen. (…)

PARIS – KEIN TAG OHNE DICH ist ein intimes Selbstportrait und zugleich das Zeugnis einer Zeit, die von den meisten längst vergessen wurde, für diejenigen aber, die darin verstrickt waren, unauslöschlicher Teil ihres Lebens bleiben wird.“ (Nick Holdsworth in Modern Times Review, Winter 2020/21)

Von Ralph Eue, 19.04.2021
 

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