Ausstellung & Symposium Arrival City

Exhibition & Symposium Foto: MMA

8. Juni 2019; 17:30 - 21:00 Uhr

Artist Commune Colony

, das Land oder die Region, wo man geboren wurde oder lebt.
„Heimat” ist ein deutsches Konzept, das sich nicht so einfach in andere Sprachen übersetzen lässt. Weder das englische „home“ oder „home country“ noch das italienische oder spanische „casa“ oder „patria“ umfassen die ganze Bedeutungsbandbreite des Deutschen. Sie beziehen sich eher auf das Vaterland in einem patriotischen Sinn. „Heim“ („das Haus, in das man gehört”) hat dagegen eine enge Entsprechung im Englischen: „home“, so wie „my home is my castle“ (mein Heim ist eine feste Burg) oder „home is where the heart is“ (Zuhause ist wo das Herz ist). Aber was ist mit dem Ort, an dem wir geboren wurden und wo wir uns „daheim fühlten“, der Ort, der uns geformt hat? Er ist viel mehr als nur unser eigenes Heim oder das Haus, in dem wir uns selbst ein „Zuhause“ eingerichtet haben. Heimat ist etwas, das wir in uns tragen können. Es kann sogar die frühere Heimat unserer Eltern oder Großeltern sein, die wir selbst nur durch Geschichten und Bräuche kennen.
Der deutschsprachige Rapper Azad, der im kurdischen Teil des Irans geboren wurde, als Flüchtling mit seiner Familie nach Deutschland kam und nun in Frankfurt am Main lebt, formuliert das so:
Mit schmerzendem Herzen und Tränen auf den Wangen
Von den Problemen gezwungen zu gehen, um ein neues Leben anzufangen
Sonnenaufgang im Exil, seit dem ersten Jahr
Obwohl ich meine Heimat fast nie sah
War immer klar, wo meine Wurzeln waren
Was ist mit einer „zweiten“ oder „neuen“ Heimat? Wo und wie können Menschen, die ihre vertraute Umgebung verlassen haben, sich niederlassen und „zuhause“ sein?
Ein Drittel der Weltbevölkerung zieht in die Städte, oft quer über Kontinente. Sie verlassen ihren Wohnort, um sich anderswo niederzulassen – einige vorübergehend, andere dauerhaft.
Der Titel der Ausstellung Making Heimat, ein zweisprachiger Kunstbegriff, bringt eine neue, aktive Dimension in die Diskussion und fragt: Wie wird Heimat „gemacht“? Es ist ein zweiseitiger Prozess, der sowohl vom Ankunftsland (bis zu den untersten Ebenen des Stadtbezirks) wie auch von den Migranten selbst bewältigt werden muss, die sich den Bedingungen in ihrer neuen Heimat stellen müssen. Wir haben noch einen weiten Weg vor uns, bis Deutschland ein Migrationsland wie die Vereinigten Staaten, Kanada oder Australien wird.
Aus diesem Grund nennen wir es vorerst Germany, Arrival Country (Deutschland, Ankunftsland), da dies etwas ist, was wir angesichts des unvorhersehbaren Ausmaßes der aktuellen Einwanderung nach Deutschland mit Sicherheit sagen können.  
Making Heimat. Germany, Arrival Country basiert auf dem Buch Arrival City (Ankunftsstadt) des kanadischen Journalisten Doug Saunders. In enger Zusammenarbeit mit dem Autor haben wir acht Thesen über Ankunftsstädte entwickelt, die die Grundstruktur von Making Heimat bilden. Ausgehend von diesen Thesen erkunden wir die Frage, welche architektonischen und urbanen Bedingungen in Ankunftsstädten nötig sind, um Einwanderern eine erfolgreiche Integration in Deutschland zu ermöglichen.

  
Karatschi Kapitel
Seeking Home
The Afghan Narrative of Displacement, Identity and Integration (Die afghanische Geschichte von Vertreibung, Identität und Integration)
 

Is shehr mein ashian hai ‘anqa
Dil sakht yahan uljh raha hai
Pagri ki taleb hai ghar ke badle
Pagri mein makan uljh raha hai
 
Es gibt kein Obdach in der Stadt [Karatschi]
Das Herz ist in großem Aufruhr
Wenn unsere dringendste Sorge ist, unsere Würde zu erhalten,
Wie sollen wir es schaffen, ein neues Heim zu finden?
-Pagri (Ehre) Jang, Mai 1948
                                                                                                                                                                                                                                                                                        
Hunderttausende von Menschen erreichten Karatschi aus dem kriegszerrütteten Afghanistan in den 1980ern und nennen Karatschi seither ihr Zuhause. Pakistan war tief in die afghanische Flüchtlingskrise verwickelt, die sich über fast vier Jahrzehnte spannt und fast 1,5 Millionen in Karatschi lebende registrierte Flüchtlinge zählt.
Es gab keinen Zweifel, dass dies Karatschis sozio-politische Landschaft für immer verändern würde, doch die wichtigste Frage ist/war die nach dem Erleben der Flüchtlinge selbst. Nach vier Jahrzehnten nennen neue Generationen von Afghanen Karatschi ihr Zuhause. Die meisten passen nicht in das Bild des „zerlumpten afghanischen Flüchtlings“, sie haben sich dem System angepasst und sind Teil der Stadt geworden. Vielen zufolge hat Karatschi, und Pakistan allgemein, ihnen die größte Gastfreundschaft zuteil werden lassen.
Die meisten haben ihr gesamtes Leben in Pakistan verbracht, ohne dass ihnen der Status eines Pakistanis zuerkannt wird – das gegenwärtige System, wie etwa der Nachweis der Meldebescheinigung, lässt sie im Stich. Ihre ethnische Zugehörigkeit wird seit den Terroranschlägen auf eine Schule in Peschawar mit Misstrauen beäugt, viele von ihnen werden zur Rückkehr gezwungen oder ohne bestehende Anklage in Gewahrsam oder Haft genommen.
Die Komplexität Karatschis als Einwanderungsstadt macht es zu einem eher schwierigen Lebensort, Karatschi hat selbst an seiner Geschichte und Geographie zu tragen, wer hat wirklich einen Anspruch darauf? Afghanen bilden mittlerweile einen beträchtlichen Bevölkerungsanteil der Stadt (einige Daten nennen 20%, andere ungefähr 25%, womit Afghanen zur zweitgrößten ethnischen Gruppierung der Stadt zählen), was Karatschi umso mehr zum umstrittenen Gebiet macht. Seeking Home (Heimat Suchen) versucht, diese Komplexitäten auf geschichtlichen Ebenen, durch Mapping und Storytelling, Geschichten der Flüchtlinge selbst und der sich ständig verändernden Ideen von Heimat und Zugehörigkeit zu verstehen.
 
Was ist Heimat? Es ist anders als andere Orte, ein Ort der Vertrautheit und Sicherheit. Es ermöglicht uns, innerhalb der weiten Welt zu agieren, ist einzigartig und heilig. Wir tragen einen großen Teil unserer Heimat mit uns, es ist unsere Identität.
Seeking Home (Heimat Suchen) unternimmt den Versuch zu verstehen, was es bedeutet, ständig Zuhause und Identität zu wechseln. Das Projekt möchte Heimat durch Erzählungen, Mapping und Geschichte(n) verstehen. Geschichten vom Krieg, Zuflucht und Zugehörigkeit. 
 
 

 
Partner
 
Goethe-Institut, Karatschi
 
Das Goethe-Institut ist das weltweit tätige Kulturinstitut der Bundesrepublik Deutschland. Es fördert die Kenntnis der deutschen Sprache im Ausland und pflegt die internationale kulturelle Zusammenarbeit. Es vermittelt ein umfassendes Deutschlandbild durch Information über das kulturelle, gesellschaftliche und politische. Das Institut bietet Sprachkurse an, organisiert kulturelle Veranstaltungen und hat eine moderne, gut ausgestattete Bibliothek.
 
 
 
Deutsches Architekturmuseum
 
Das Museum befindet sich in Frankfurt in einem Gebäude aus dem 18. Jahrhundert, dessen Innenleben 1984 komplett umgestaltet wurde als „Haus-im-Haus“. Es beheimatet eine Dauerausstellung mit dem Titel „Von der Urhütte zum Wolkenkratzer“, die die Geschichte der architektonischen Entwicklung in Deutschland dokumentiert.
 
Das Museum präsentiert jedes Jahr mehrere Ausstellungen sowie Konferenzen, Symposien und Vorträge. Es hat eine Sammlung von 18000 architektonischen Zeichnungen und 600 Modelle, die Arbeiten von modernen und zeitgenössischen Architekturgrößen wie Erich Mendelsohn, Mies van der Rohe, Archigram und Frank O. Gehry umfassen. Es beinhaltet ebenfalls eine Referenzenbibliothek mit rund 25000 Büchern und Magazinen.
 
 
Marvi Mazhar & Associates | Creative Initiatives
 
Marvi Mazhar & Associates ist ein unabhängiges Architektur- und Designbüro, das sich in Karatschi, Pakistan in den Schatten eines Pisonienbaumes schmiegt. Das Büro folgt den Grundsätzen regionaler Architektur und ist spezialisiert auf die Restauration historischer Gebäude, die Leitung von Gutachterstudien zum Denkmalschutz und die Durchführung sozialer Forschung und Dokumentation. Creative Initiatives (CI) ist eine Initiative innerhalb Marvi Mazhar & Associates und widmet sich der Kuration von Ideen sowie kollektiver Arbeit auf der Basis sozial geteilten Wissens und nimmt aktiv an urbanen Kunstinitiativen, Installationen und visuellem ethnographischen Dialog teil.
 
 
Ausstellungseröffnung: 8. Juni 2019
Symposium: 9. Juni 2019
Ablauf des Symposiums
 
Die Ausstellung läuft bis zum 23. Juni 2019
 
 

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