Staub
Staub
Wieder einmal rufe ich mir etwas aus der Kindheit
in Erinnerung. Ich war ein paar Jahre alt,
Mutter gab mich in die Obhut
entfernter Nachbarn. Beide alt,
sie arbeiteten nicht. Ich war ein Zeitvertreib für sie,
meine verstümmelten Wörter, ungelenken Sätze
erregten Gelächter, meine Anwesenheit – Freude. Ich erinnere
mich an ihr morgendliches Werkeln, an den schweren Atem
des Bügeleisens auf der Kleidung, das mit stumpfem Messer
geschnittene Brot, den dampfenden Teekessel
am verrußten, fettigen Kamin.
Und eben dort war es, dass ich die alte,
in schmutzigen Laken liegende Frau sah,
um die sie sich kümmerten. Im engen, von ihrem Körper
ganz ausgefüllten Bett, machte die Krankheit
weiche, sichere Schritte; die Falte zerschnitt die Zeit.
Ich erinnere mich daran, wie sie sie umzogen:
sie fiel so lange mit der ganzen Fülle ihres Körpers
ohnmächtig in die Kissen; ihre nackten,
matten Brüste hingen schwer herab.
Und sie sagten zu mir: Kasi, hau die Oma,
hau sie. Und ich trat hin und schlug sie,
und das weder aus Wut noch aus Zorn.
Diese Schreie dann hinter mir lassend,
die Gesten, die Kleinkriege gegen den Tod,
lief ich nach draußen, wo die Sonne
murmelte, das Vieh durch den Schlamm glitt.
Und das Auge des Himmels drehte sich, wirbelte
und das tut es bis heute – es zerreibt mich langsam
zu Pulver, zu Staub.