Diskussion unPOPelige Lou Andreas-Salomé

Kerstin Decker © Ullstein Verlag

Di, 23.10.2018

Goethe-Institut Krakau

Gespräch mit Kerstin Decker, Autorin der Biografie von Lou Andreas-Salomé

Lou Andreas-Salomé war eine außergewöhnliche Frau in ihrer Zeit: unabhängig, begabt und äußerst intelligent, mit einem starken Charakter, Charisma und Mut, die ihr verhalfen Ziele zu erreichen, die sie sich selbst gesetzt hatte. Als eine der ersten Frauen studierte sie Philosophie und Religionsgeschichte in Zürich. In Rom lernte sie Paul Rée und später Friedrich Nietzsche kennen. Sie überredete beide Herren, die in sie verliebt waren, in einem intellektuellen Dreieck zusammenzuleben – in einer geistigen Dreieinigkeit, wie sie diese Beziehung nannte. 1887 heiratete sie Friedrich Carl Andreas, einen Professor für orientalische Philologie, unter der Bedingung, dass es eine Josephsehe sein würde. Zehn Jahre später lernte sie Rainer Maria Rilke kennen. Sie wurde zu seiner Muse, Vertrauten und Liebhaberin und beeinflusste ihn stark als Dichter. Als Fünfzigjährige begann sie sich für die Psychoanalyse zu interessieren. Seit 1912 wurde sie zu einer vertrauten Diskussionspartnerin für Sigmund Freud. Lou Andreas-Salome war auch mit Gerard und Carl Hauptmann, Frank Wedekind, Arthur Schnitzler und vielen anderen bekannten Künstlern und Intellektuellen ihrer Zeit gut befreundet.
 
Ihr eigenes schriftstellerisches Werk fand in späteren Zeit wenig Beachtung – es verschwand hinter der außergewöhnlichen Geschichte ihres Lebens. Dabei hatte sie ja als renommierte Autorin an der Entwicklung der Positionen der Moderne um 1900 lebhaft mitgewirkt. In Romanen, Erzählungen, Essays, Theaterkritiken, Schriften über Ibsen, Nietzsche, Rilke und Freud, einer Autobiographie, zahlreichen Texten über Philosophie und Psychoanalyse, einem weitläufigen Briefwechsel beteiligte sie sich an den Diskussionen über grundlegende Fragen der Zeit – mit Beiträgen u.a. zur Emanzipation der Frauen, der Reformpädagogik, den Anfängen von Soziologie und Psychoanalyse. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde der Großteil ihrer Arbeiten gesichtet und herausgegeben.
 
Kerstin Decker arbeitet mit den Tageszeitungen „Der Tagesspiegel“ und „taz“ zusammen. Neben der Biographie Lou Andreas-Salomé der veröffentlichte sie Biographien von Heinrich Heine, Paula Modersohn-Becker, Else Lasker-Schüler und die Doppelbiographie über Nietzsche und Wagner.
 
Die Diskussion, die eine Begleitveranstaltung zur Ausstellung NiePOPrawna Lou Andreas-Salomé in der Galerie des Nürnberger Hauses ist, wurde in Zusammenarbeit mit dem Nürnberger Haus im Rahmen des Conrad Festivals vorbereitet.

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