Film Donnerstage mit Wim Wenders

Donnerstage mit Wim Wenders. Plakat

Do, 29.07.2021 –
Do, 26.08.2021

Kino Muranów in Warschau

Das Kino Muranów und das Goethe-Institut laden zu Sondervorführungen der drei berühmten Filme von Wim Wenders ein, eines der bedeutendsten Regisseure der Gegenwart. Unsere Zuschauer können die Sommerabende mit Kinoklassikern verbringen, die nicht alltäglich im Kino bzw. auf VOD zu sehen sind.

Die Vorführungen sind eine Zusatzveranstaltung zur Deutschen Filmwoche (8.–15. Juli), während der die neuesten, bei der Berlinale und anderen internationalen Festivals präsentierten Filme gezeigt werden, die sowohl beim deutschen Publikum als auch bei ausländischen Kritikern Anerkennung fanden.   
 
29.07.2021, 20:30 Uhr
Alice in den Städten

1974
Deutschland, 112 Min.
mit polnischen Untertiteln

Alice in den Städten, Regie: Wim Wenders. Filmstill © Goethe-Institut Der erste Teil der der Spielfilm-Trilogie dieses Roadmovies wäre beinahe nicht entstanden. Wim Wenders hat nach Jahren zugegeben, dass Alice in den Städten, der vierte Film in seiner Karriere, entscheiden sollte, ob er weiterhin Regisseur bleiben würde. Mit seinen früheren Versuchen unzufrieden, bei welchen er sich – wie er selbst behauptete – übertrieben von Cassavetes und Hitchcock inspirieren ließ, beschloss er, etwas vollkommen autonomes zu drehen. Kurz vor Beginn der Filmarbeiten war Wenders in den Staaten und hat Paper Moon von Peter Bogdanovich im Kino gesehen. Es stellte sich heraus, dass das von ihm verfasste Drehbuch in Vielem der amerikanischen Produktion ähnelt. Der Regisseur Samuel Fuller konnte ihn jedoch davon überzeugen, an dem Projekt weiterzuarbeiten. Alice in den Städten ist eine bewegende, melancholische Geschichte über die Begegnung zweier Seelen. Der von der beruflichen Reise durch Amerika gelangweilte Fotograf Philip Winter beschließt, nach Europa zurückzukehren. Unerwartet muss er jedoch für die neunjährige Alice sorgen, deren Mutter sie im Hotel alleingelassen hat. Der Mann muss zum ersten Mal seit langer Zeit Verantwortung für jemanden übernehmen. Für Wenders sind die Stadtlandschaften genauso wichtig, wie seine Charaktere – die entfremdeten Vorstädte porträtiert er in vollendeten, kontrastierenden Aufnahmen. Das Verhältnis des Regisseurs zur amerikanischen Popkultur widerspiegelt sich hingegen in der berühmten Szene, in der Philip den Fernseher in seinem Hotelzimmer zerstört.
Mariusz Mikliński
 
05.08.2021, 20:30 Uhr
Der amerikanische Freund

1977
Deutschland, Frankreich, 127‘
mit polnischen Untertiteln

Der amerikanische Freund, Regie: Wim Wenders. Filmstill © Goethe-Institut In diese düstere, kriminelle Erzählung sind drei Personen verwickelt. Die Titelfigur, der geheimnisvolle Amerikaner, vermittelt zwischen einem französischen Gangster, der einen Auftragskiller sucht und dem deutschen Rahmenmacher, der einverstanden ist, den Auftrag zu übernehmen. Er leidet an einer unheilbaren Krankheit und will dadurch seiner Familie das Auskommen sichern. Die Sache verkompliziert sich erheblich, als... na eben, es ist nicht leicht, die Filmhandlung zu verfolgen, da Wim Wenders wichtige Motive ausklammert, um seiner Lieblingsbeschäftigung – dem Studium der Hauptfiguren – nachzugehen.

Im Amerikanischen Freund ist das obsessive Interesse Wenders für das Phänomen der Amerikanisierung des europäischen Kinos zu sehen. Daher schöpft auch die Idee des Gangsterfilms – dem aus Hollywood stammenden Genre – auf der stilistischen Ebene aus dem film noir und aus dem deutschen Expressionismus. Außerdem hat Wenders - zwecks Konfrontierung des Kinos aus zwei Kontinenten - mehrere amerikanische Gäste zum Mitwirken eingeladen, u.a. Nicholas Ray, Sam Fuller und Dennis Hopper.
 
26.08.2021, 20:30 Uhr
Paris, Texas

1984
Frankreich, Deutschland, Großbritannien, 147‘
mit polnischen Untertiteln
 
Paris, Texas, Regie: Wim Wenders. Filmstill © Goethe-Institut Travis, die Hauptfigur des Films, wandert verwahrlost und ziellos durch eine weite texanische Landschaft und fällt schließlich vor Erschöpfung um. Er wird von einem Arzt gefunden und ins Krankenhaus gebracht. Walt, der Bruder des an Amnesie leidenden Travis reist an, um ihn abzuholen. Es stellt sich jedoch heraus, dass dem rätselhaften Verhalten von Travis kein Gedächtnisschwund, sondern die wahnsinnsnahe Verzweiflung zugrunde liegt. Travis hat nämlich vor einigen Jahren alles verloren, was er liebte – sein Zuhause, seine Frau Jane und seinen Sohn. Seitdem wanderte er planlos durch die Welt. Sein kleiner Sohn Hunter wird – seitdem seine Mutter wegging, weil sie sich nicht imstande sah, das Kind nicht allein großzuziehen – von seinem Bruder Walt und dessen Frau betreut. Sie verschwand und die einzige Lebensspur waren die regelmäßigen Geldüberweisungen für den Jungen. Travis und Hunter finden allmählich zueinander und bauen die vor Jahren zerrissene Vater-Sohn-Beziehung wieder auf. Travis beschließt, seine Frau wiederzufinden und begibt sich erneut auf Reisen. Er findet Jane in Houston, wo sie in einer Peepshow arbeitet. Wird es ihm gelingen, sie zur Rückkehr nach Hause zu überreden? 

Paris, Texas – der vierte in den USA von Wim Wenders gedrehte Film – ist ein archetypischer Roadmovie, die Erfüllung der Träume des deutschen Filmemachers und Kinoförderers. Im Drehbuch von Sam Shepard ist nicht die Erzählung selbst wichtig, es zählen vor allem die zwischenmenschlichen Beziehungen in diversen Konstellationen – die Beziehungen zwischen Brüdern, die Vater-Sohn-Beziehung, die Beziehungen zwischen den Eheleuten und zwischen Mann und Frau. Ihre Stärke und Überzeugungskraft ist vor allem der Verdienst der Schauspieler, die Wenders einlud: Harry Dean Stanton, Nastassja Kinski und Dean Stockwell. Aber auch des suggestiven Hintergrunds: Im Gegensatz zu anderen Roadmovie-Autoren fand Wenders Zeit, die Landschat zu betrachten. Er platzierte seine Erzählung mitten im Herzen des „echten“ Amerikas, was die psychologische Wahrscheinlichkeit der auf dem Bildschirm dargestellten Situation garantieren soll. Der Film wurde mit der Goldenen Palme beim Filmfestival in Cannes und u.a. bei den BAFTA Awards für beste Regie ausgezeichnet.
Konrad J. Zarębski
 
 
 

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