Deutsche Filmwoche 2022

Deutsche Filmwoche 2022 © TFN 2022

Fr, 21.01.2022 –
Do, 27.01.2022

Kino Muranów in Warschau

 
Die Deutsche Filmwoche, deren Veranstalter das Nürnberger Haus in Krakau, das Goethe-Institut und das Deutsche Generalkonsulat in Wrocław sind, findet vom 21. Januar bis zum 3. Februar in Kinos und vom 4. bis 10.02.2022 online statt. Das Repertoire zeigen wir in Krakau, Wrocław, Warschau, Katowice, Opole, Poznań, Toruń und Kielce und danach ist es auf der Plattform MOJEeKINO.pl zugänglich.
Medienpatronat:
Wyborcza.pl, Filmweb, Filmawka, Pełna Sala 
 
 
Das Programm der Deutschen Filmwoche entstand auf der Basis der interessantesten Produktionen, die im vergangenen Jahr in deutschen Kinos und bei internationalen Festivals gezeigt wurden. Das Repertoire enthält ebenfalls Filme, die wichtige Themen aufgreifen, für welche sich die in Deutschland wirkenden Regisseure und Regisseurinnen interessieren. Und sie reagieren sehr schnell auf aktuelle Probleme, die nicht nur die Gesellschaft betreffen, in der sie leben, sondern auch globale Fragen, die sich auf unser tägliches Leben auswirken.

Im Rahmen der diesjährigen Filmwoche zeigen wir zwei Filme, die bei der letzten Berlinale uraufgeführt wurden. Die Handlungen beider Filme spielen sich in der deutschen Hauptstadt ab und obzwar eine fast hundertjährige, stürmische und tragische Geschichte zwischen ihnen liegt, sind die Probleme, die vor den Protagonisten stehen, sehr ähnlich. Die bravouröse Verfilmung des 1931 von Erich Kästner verfassten Romans „Fabian. Die Geschichte eines Moralisten“ von Dominik Graf ist eine Erzählung von Menschen, die sich in der sie umgebenden, im Untergang befindlichen Welt nicht zurechtfinden. Daniel Brühl hingegen, der diesmal auf beiden Seiten der Kamera steht, stellt im Film „Nebenan“ nebeneinander wohnende Nachbarn gegenüber, die jedoch auf zwei unterschiedlichen Planeten zu leben scheinen. Darüber, wie politische Systeme auf beiden Seiten des eisernen Vorhangs, der noch vor kurzer Zeit die Welt voneinander trennte, sich auf das Leben der einzelnen Menschen auswirken, erzählen: Franziska Stünkel im Drama „Nahschuss“ und Oliver Rihs in seinem frevlerisch an Aktionsfilme anknüpfenden Bildstreifen „Bis wir tot sind oder frei“. Das sehr aktuelle Problem der Migranten und deren Integration greifen Anne Zohra Berrached in ihrem Film „Copilot“, einer bewegenden Geschichte der Familie eines islamischen Extremisten und Visar Morina in seinem Streifen „Exil“ auf, wo er die Geschichte eines Albaners aus Kosovo erzählt, der nicht mit der für ihn völlig neuen, deutschen Realität zurechtkommen kann. Gentrifizierung, Ausbeutung auf dem Arbeitsmarkt, Rückbildung der sozialen Bande, die der heutige Kapitalismus erzwingt, betreffen nicht nur Entwicklungs- bzw. mit den führenden Wirtschaften der Welt wetteifernde Länder. Es sind ebenfalls Probleme, welchen sich die deutschen Mitarbeiter einer bestimmten kleinen Firma stellen müssen, was Mia Maariel Meyer in ihrem zweiten Spielfilm „Die Saat“ beschreibt. 

Dem Werk der meisten Regisseure und Regisseurinnen werden die polnischen Zuschauer zum ersten Mal begegnen und wir freuen uns, dass die Deutsche Filmwoche ihnen die Gelegenheit gibt, sie kennenzulernen. Die Kinematografie unseres westlichen Nachbarn ist eine Resultante mehrerer Betrachtungsweisen, da sowohl die Abstammung als auch das kulturelle Hinterland der Filmemacher sehr vielfältig sind. Deswegen ist es empfehlenswert, die Welt durch ihre Kamera und mit ihrem scharfen und forschenden Blick zu beobachten.

Filmbeschreibungen:

Nebenan
Fabian oder der Gang vor die Hunde
Copilot
Die Saat
Bis wir tot sind oder frei
Exil
Nahschuss
 
Filmvorführungen in Kinos:

21.-27. Januar 2022:
Warszawa / Kino Muranów,
Kraków / Kino pod Baranami,
Wrocław / Kino Nowe Horyzonty,
Opole / Kino Meduza

24.-30. Januar 2022:
Katowice / Kino Światowid

28. Januar - 3. Februar 2022:
Poznań / Kino Muza,
Toruń / Kino Centrum,
Kielce / Kino Moskwa

Online-Vorführungen: 4.-10. Februar 2022:
Plattform Mojeekino.pl
 

Das Programm in Warschau:

21.01.2022
Nebenan
Deutschland, 2021, 94'
Nebenan. Filmstill © 2021 Amusement Park Film GmbH Warner Bros GmbH |Reiner_Bajo Regie: Daniel Brühl
Drehbuch: Daniel Kehlmann
Kamera: Jens Harant
Besetzung: Daniel Brühl, Peter Kurth, Aenne Schwarz, Rike Eckermann
Produktion: Company Amusement Park Film, in Koproduktion mit Erfttal Film & Fernsehproduktion, Gretchenfilm, Warner Bros. Pictures

Teilnahme an Festivals: Berlinale 2021

Daniel, ein international erfolgreicher Schauspieler reist nach London zu einem wichtigen Casting.  Auf dem Weg zum Flughafen macht er einen Abstecher in seine Stammkneipe am Prenzlauer Berg, dem Stadtteil, in dem er wohnt. Mit unendlichen Telefongesprächen beschäftigt, schenkt er den ihn umgebenden Menschen keinerlei Aufmerksamkeit. Die Kneipe wurde, im Gegensatz zu dem Haus mit seiner luxuriösen Loft, nicht geliftet und erinnert sich sehr gut an die Ostberliner Zeiten. Stammgast der Kneipe ist Bruno, der Daniel aufmerksam beobachtet. Bald stellt es sich heraus, dass er sein Nachbar ist. Die Bemerkungen, die er ihm zwischen den Telefonaten zuwirft, bringen den Schauspieler immer mehr aus der Fassung und zwingen ihn schließlich zur Aufnahme eines ernsthaften Gesprächs, das an seiner Überzeugung von der eigenen Herrlichkeit rüttelt und sich auf sein künftiges Leben auswirkt. 
Der Film des deutsch-spanischen Regisseurs, Daniel Brühl, den die polnischen Zuschauer bereits aus dem Lustspielfilm "Good Bye, Lenin" kennen, ist nicht nur eine frevlerische Erzählung von den heute lauernden Gefahren, sondern auch eine humor- und distanzvolle Konfrontation des Regisseurs mit dem eigenen Image. Der mit ausgezeichneten Schauspielern besetzte und auf dem scharfsinnigen Drehbuch von Daniel Kehlmann basierende Film tangiert auch Fragen, die nicht nur in Deutschland wichtig und aktuell sind: Gentrifizierung, unaufhörlicher Konflikt zwischen Ost- und Westdeutschland, die Benachteiligung, die die Ostdeutschen immer noch empfinden, das Gefühl der Westdeutschen, Opfer der Vereinigung zu sein und ihr Überlegenheitsgefühl, wenn sie in den Osten kommen. Die wachsende Frustration fördert den Drang nach Vergeltung. Bruno gelingt sie auf eine sehr subtile und raffinierte Weise.  
Daniel Brühl - Nebenan. Filmstill © 2021 Amusement Park Film GmbH Warner Bros GmbH |Reiner_Bajo Daniel Brühl wurde 1978 in Barcelona, in einer deutsch-spanischen Familie geboren, aufgewachsen ist er in Köln. Mit 15 Jahren debütierte er im Fernsehkrimi „Svens Geheimnis“. Die Hauptrolle im Film „Good Bye Lenin!“ von Wolfgang Becker (2003) brachte ihm zahlreiche Preise, u.a.:  den Bambi, den Bayerischen Filmpreis, den Europäischen Filmpreis und eine enorme Popularität. Für seine Rolle im Melodram „Was nützt die Liebe in Gedanken“ (2004, Regie: Achim von Borries) erhielt er den Preis der Europäischen Filmakademie. Für die Darstellung von Niki Lauda  in der Filmbiografie von Ron Howard „Rush“ (2013) wurde er für den Golden Glob Award und den BAFTA Award nominiert. Für Daniel Brühl ist „Nebenan“ sein Debüt als Filmregisseur.   

22.01.2022
Fabian oder der Gang vor die Hunde
Deutschland, 2021, 186'
Fabian oder der Gang vor die Hunde. Filmstill © Lupa Film |Hanno Lentz Regie: Dominik Graf
Drehbuch: Dominik Graf, Constantin Lieb
Kamera: Hanno Lentz
Besetzung: Tom Schilling, Albrecht Schuch, Saskia Rosendahl, Meret Becker
Produktion: Company Lupa Film, in Koproduktion mit dem ZDF

Teilnahme an Festivals: Berlinale 2021

Preise und Auszeichnungen: Deutscher Filmpreis 2021 Auszeichnung mit der Silbernen Lola in der Kategorie Bester Spielfilm

Der Roman von Erich Kästner „Die Geschichte eines Moralisten“ wurde vor seinem Erscheinen 1931 verändert und gekürzt, denn der junge Kästner hatte in seinem ersten Buch alle Register gezogen. Das machte das Manuskript für den Verlag zu einem Sprengsatz, den das Lektorat mit spitzen Fingern entschärfte. Jetzt liegt der Roman zum ersten Mal so vor, wie ihn Kästner geschrieben und gemeint hat, unter dem Titel, den Kästner ursprünglich vorgesehen hatte: Der Gang vor die Hunde. Vom Kästner-Experten Sven Hanuschek 2013 herausgegeben und Wort für Wort rekonstruiert, wurde es zur Vorlage für das Drehbuch von Dominik Graf. Der Titelheld ist Germanist und arbeitet als Werbetexter für eine Berliner Zigarettenfirma. Seine Freizeit verbringt er in Bars, Cafes, Nachtlokalen, unter gefallenen Frauen, gescheiterten Künstlern und aller Art Outsidern, auf die man in der Weimarer Republik in den goldenen 20gern und 30gern des 20. Jahrhunderts stoßen konnte. Die einzige Ausnahme in diesen Kreisen ist Labude, sein bester Freund, der skrupellos das Vermögen seines Vaters genießt und leidenschaftlich an seiner Habilitationsschrift über Lessing arbeitet. Das Lebensmotto von Fabian lautet: Distanz zur Welt und zu den Menschen, Gleichgültigkeit gegenüber die Versuchung: dem Drang nach dem Erreichen einer hohen sozialen oder gesellschaftlichen Position und nach Wohlhabenheit. Diese dekadente Haltung hat ihre Konsequenzen. 
Fabian oder der Gang vor die Hunde. Filmstill © Lupa Film |Hanno Lentz Der Film von Dominik Graf ist, obzwar er auf der Vorlage eines historischen Romans entstand, kein Kostümfilm, sondern vielmehr ein Abbild der Gegenwart, dessen Protagonisten gern  in Vintage-Shops reinschauen. Es ist eine zeitübergreifende Erzählung über eine sich immer wieder wiederholende Geschichte und über dieselben Emotionen, die unveränderliche gesellschaftliche Prozesse begleiten. Zu sehen ist es ebenfalls an der Form des Films, an den Schwarzweißaufnahmen, am Archivmaterial, an den Ausschnitten aus alten Stummfilmen, an den körnigen 8 mm-Aufnahmen und letztendlich an der modernen HD-Technologie. Der Film von Graf ist auch eine Huldigung an Berlin und sein einzigartiges, immer noch verführerisches, dekadentes Flair. 

Dominik Graf wurde 1952 in München geboren. Von 1974 bis 1980 studierte er an der Hochschule für Film und Fernsehen in seiner Heimatstadt. Er debütierte 1980 mit dem Film „Der kostbare Gast“, für den er mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet wurde. Er verfasste auch mehrere Drehbücher. Für den 1988 entstandenen Film „Die Katze“ erhielt er den Deutschen Filmpreis - Filmband in Gold für die beste Regie und 10 Jahre später wurde er für sein gesamtes Filmwerk mit dem Bayerischen Filmpreis geehrt. Er ist Autor zahlreicher Kino- und Fernsehfilme sowie Fernsehserien und mehrerer Drehbücher. 


23.01.2022
Copilot
Deutschland, Frankreich, 2021, 118'
Copilot. Filmstill © Razor Film | Christopher Aoun Regie: Anne Zohra Berrached
Drehbuch: Stefanie Misrahi, Anne Zohra Berrached
Kamera: Christopher Aoun
Besetzung: Canan Kir, Roger Azar, Özay Fecht, Jana Julia Roth, Ceci Chuh, Nicolas Chaoui
Produktion: Razor Film in Koproduktion mit Haut et Court, zero one film, NDR, Arte.

Teilnahme an Festivals: Berlinale 2021

Die junge Türkin Asli studiert in Hamburg Medizin. Ihr Freundes- und Bekanntenkreis besteht sowohl aus Deutschen als auch aus Ausländern. Eines Tages lernt sie den aus dem Libanon stammenden jungen Mann namens Saaed kennen, der ebenfalls Mediziner werden will, sein größter Traum ist es jedoch, Pilot zu werden. Asli hat klare Vorstellungen für die Zukunft, sie will eine Familie gründen und für sie sorgen. Der Beziehung Aslis mit dem jungen Araber setzt sich die Mutter des Mädchens entgegen, dass Paar beschließt jedoch, dieses Hindernis zu überwinden und heiratet heimlich. Bald beginnt Saaed von zuhause zu verschwinden, zunächst für kurze, dann aber für eine immer längere Zeit. Er will sein Verhalten nicht erklären, er fordert von Asli, Vertrauen zu ihm zu haben und beteuert ihr seine Liebe. Als es jedoch zu einem längeren Ausbleiben Saaeds kommt, beschließt die beunruhigte Asli seine Familie im Libanon zu besuchen. Alle treten ihr sehr herzlich und offen gegenüber und ihr Lebensstil weicht kaum von den westlichen Standards ab. Sie wundern sich darüber, dass die Ehefrau Saaeds nicht weiß, wo er sich aufhält. Bald meldet er sich jedoch aus den USA.
Copilot. Filmstill © Razor Film | Christopher Aoun Die Regisseurin, Anne Zohra Berrached erzählt eine Geschichte, die wir aus unzähligen Medienberichten kennen, sie stellt sie jedoch aus einem untypischen Blickpunkt dar und stellt gleichzeitig wichtige und sehr aktuelle Fragen. Inwieweit kennen wir die Menschen, die uns am nächsten stehen? Ist man für Taten der nächsten Familienmitglieder verantwortlich? Wo kann man die Grenze der Loyalität gegenüber den Nächsten ziehen und kann man es überhaupt? Und schließlich: Ist die Verantwortung für die Familie wichtiger als die für die Gesellschaft und die Welt, in der wir leben?

Anne Zohra Berrached wurde 1982 in Erfurt, in einer aus Algerien stammenden Familie geboren. Sie absolvierte ein Studium der Sozialpädagogik, sie studierte ebenfalls Regie an der Filmakademie Baden-Württemberg. Ihr Dokument „Heilige und Hure“ (2012) wurde bei über achtzig Filmfestivals in der ganzen Welt gezeigt. Ihr erster abendfüllender Spielfilm, „Zwei Mütter“ (2013), wurde bei den 63. Internationalen Filmfestspielen in Berlin uraufgeführt und der nächste, 24 Wochen (2016) startete im Wettbewerb dieses Festivals. Er war auch im Programm der Deutschen Filmwoche enthalten und wurde in polnischen Kinos gezeigt.

24.01.2011
Die Saat
Deutschland, 2021, 100'
Die Saat. Filmstill © kurhaus production |Hanno Koffler (Rainer) Regie: Mia Maariel Meyer
Drehbuch: Mia Maariel Meyer, Hanno Koffler
Kamera: Falko Lachmund
Besetzung: Hanno Koffler, Anna Blomeier, Lilith Julie Johna, Robert Stadlober
Produktion: Company urhaus production

Teilnahme an Festivals: Berlinale 2021

Rainer und Nadine ziehen mit ihrer 12jährigen Tochter Doreen in ein neues Haus. Ihr letztes Domizil mussten sie verlassen, weil sein Eigentümer andere Pläne dafür hatte. Und das jetzige, auf Kredit gekaufte Haus, ist stark renovierungsbedürftig. Rainer, der in einer kleinen Baufirma arbeitet, will es selbst überholen. Nach vielen Arbeitsjahren wird er endlich befördert und bekleidet jetzt eine leitende Stelle. Leider übersteigen die neuen Aufgaben seine Fähigkeiten, aber nicht etwa die beruflichen, sondern die menschlichen. Er ist nicht imstande, die unredlichen Praktiken zu akzeptieren und will gegenüber seinen Arbeitskollegen loyal sein. Es sind jedoch Eigenschaften, die in einer Welt, wo die kapitalistischen Verhältnisse sich nicht nur auf die Beziehungen zwischen den Arbeitskollegen, sondern auch auf soziale Beziehungen auswirken, nicht besonders gefragt sind. Die berufliche Herabwürdigung Rainers bringt die Fundamente seiner Existenz ins Schwanken. Und das wirkt sich wiederum auf die gegenseitigen Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern aus, insbesondere auf das Verhältnis Rainers und seiner heranwachsenden Tochter. 
Die Saat. Filmstill © kurhaus production |Hanno Koffler (Rainer) Mira Maariel Meyer zeichnet in ihrem Film ein Bild des heutigen, brutalen Kapitalismus, der die sozialen Bande immer mehr zerstört und aufrechte Menschen demoralisiert. Anderen wird es wiederum ermöglicht, ihre privilegierte Position skrupellos auszunutzen. Die Regisseurin tangiert in dem Film auch das immer noch geltende Musterbild eines Mannes als Familienoberhaupt und Alleinversorger, dessen Pflicht es ist, für das Wohl der Familie zu sorgen und der weder eine Niederlage zugeben noch seine Schwächen zeigen darf. Die Frustration und die Verzweiflung führen zu einer misslichen Ernte. Ähnlich, wie die im Titel enthaltene Saat. 

Mira Maariel Meyer wurde 1981 in einer deutsch-finnischen Familie geboren. Sie studierte Filmregie an der University of Goldsmiths in London, die sie 2008 absolvierte. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland begann sie Dokumentarfilme und Reportagen zu drehen. Für den Film 140 Sekunden erhielt sie 2012 den Grimme Online Award. 2014 debütierte sie mit dem Film „Treppe Aufwärts“, und ihr nächster Film „Die Saat“, wurde bei der diesjährigen Berlinale in der Sektion Perspektive Deutsches Kino uraufgeführt.

25.01.2022
Bis wir tot sind oder frei
Schweiz, Deutschland, 2020, 118' 
Bis wir tot sind oder frei. Filmstill © Midres Regie: Oliver Rihs
Drehbuch: Ivan Madeo, Dave Tucker, Oliver Rihs, Norbert Maass, Oliver Keidel
Kamera: Felix von Muralt
Besetzung: Marie Leuenberger, Joel Basman, Jella Haase
Produktion: Companies Contrast Film, Port au Prince Film & Kultur Produktion, in Koproduktion mit Niama Film/Stuttgart

Teilnahme an Festivals: PÖFF Black Nights Film Festival, Tallinn 2020; Camerimage 2020, Internationales Filmfestival Peking; 2020, Internationales Filmfestival Moskau, 2020; Berlinale 2021; Avanca Film Festival, 2021.

Preise und Auszeichnungen: Preis für die beste Darstellerin (Marie Leuenberger), PÖFF Black Nights Film Festival, Tallinn 2020; Preis für die beste Darstellerin (Marie Leuenberger), Preis für den besten Film, Preis für die besten Aufnahmen und Don Quijote Award, Avanca Film Festival, 2021.

Walter Stürm, einer der Protagonisten des schweizer-deutschen Films von Oliver Rihs, war eine lebhafte Figur in der Verbrecherwelt und mehrmaliger Insasse von Gefängnissen in der Schweiz, in Italien, Frankreich und Spanien. Obwohl er aus einer vermögenden Industriellenfamilie stammte, widmete er sich mannigfaltiger krimineller Betätigung: angefangen mit Autodiebstahl, über Einbrüche und Diebereien, bis zu Banküberfällen hin. Er wandte niemals Gewalt an und seine spektakulären Fluchten machten ihn zu einem Volksheld, der wie die Filmheros, unbeliebte Polizisten an der Nase führte und sich auf seine Weise gegen das ungerechte, patriarchalische System wandte. Die 80er Jahre, in welchen der Film spielt, waren in der Schweiz eine Zeit der sozialen Unruhen und des Kampfes um die Rechte der Frauen. Eine der Aktivistinnen dieser Bewegung ist die Anwältin, Barbara Hug, die nicht nur für die Entlassung der bei den Protesten verhafteten Demonstrantinnen kämpft, sondern den Gerichtssaal auch als eine politische Bühne nutzt, wo sie ihre freiheitlichen Anschauungen zum Ausdruck bringt. Der Sohn eines Industriellen sucht Rat bei der Anwältin, denn auch er kämpft für die Freiheit und Würde eines jeden Menschen. Nachdem der Kleinkriminelle wieder gefasst wurde, kommt er in Isolationshaft und Walter, der "Ausbrecherkönig",  tritt daraufhin in Hungerstreik. Er wird für die Anwältin zum Symbol des Widerstands. Seine Beliebtheit kann sich beim Erreichen politischer Ziele, für welche sie selbst kämpft, als behilflich erweisen. 
Bis wir tot sind oder frei. Filmstill © Midres Der an Filme über charmante Einbrecher und intelligente Diebe anknüpfende Streifen von Oliver Rihs greift auf die Geschichte der Kämpfe der Schweizerinnen für Gleichberechtigung zurück. Dieses Recht wurde ihnen erst 1990 gewährt. Der Film stellt auch heute überaus wichtige und sehr aktuelle Fragen:  was bedeutet in der heutigen patriarchalischen Welt die Freiheit für den Mann und was für die Frau und ob das Ziel alle Mittel heilt und alle Bündnisse zulässt.  

Oliver Rihs wurde 1971 in Männedorf in der Schweiz geboren. Seine Ausbildung als Grafiker absolvierte er in Zürich. Anschließend arbeitete er als Grafiker sowie Illustrator und sammelte mit künstlerischen Video-Arbeiten für Techno-Partys erste Filmerfahrungen. 1996 begann er Dokumentarfilme für den  Sender SF1-Sendung Quer zu drehen. Zwei Jahre später gewann sein Kurzspielfilm „Lilien“ beim Internationalen Filmfestival Locarno den Preis für den besten Kurzfilm. Sein erster Langspielfilm war das Roadmovie „Brombeerchen“ (2001), für den er auch das Drehbuch verfasste. 2006 drehte er den Film „Schwarze Schafe“.   

26.01.2022
Exil
Deutschland, 2020, 121'
Exil. Filmstill © Goethe-Institut Regie und Drehbuch: Visar Morina
Kamera: Matteo Cocco
Besetzung: Mišel Matičević, Sandra Hüller, Rainer Bock, Thomas Mraz
Produktion: Komplizen Film, in Koproduktion mit Frakas Productions, Ikonë Studio, WDR, ARTE, VOO, BeTV

Teilnahme an Festivals: Sundance 2020, Berlinale 2020, Crossing Europe Linz 2020, Taipei 2020, Neuseeland FF 2020, Melbourne 2020, Schanghai 2020, Zürich Film Festival 2020, Sarajewo 2020, Warschauer Filmfestival 2020.

Preise und Auszeichnungen: Preis der deutschen Filmkritik für Mišel Matičević / Bester Schauspieler; Auszeichnung als Bester Film mit dem Heart of Sarajevo, Sarajewo 2020

Der aus Kosovo stammende Xhafer ist Pharmaingenieur und seine Frau Nora ist eine Deutsche und kürzlich zum dritten Mal Mutter geworden. Zwischen den einzelnen Stillgängen versucht sie, ihre Dissertation zu schreiben, um wieder ins Universitätsleben zurückkehren zu können. Mit der Unterstützung ihrer Eltern kann sie nicht rechnen, da sie ihren Mann, einen Ausländer aus Osteuropa nicht akzeptieren können. Xhafer erfährt die Abneigung der Schwiegereltern bei jeder Begegnung und das wirkt sich auf seine Beziehungen zu anderen Menschen, insbesondere zu seinen Arbeitskollegen aus. Zunächst stellt er fest,  dass wichtige E-Mails an alle anderen Mitarbeiter versendet wurden, nicht jedoch an ihn, er entdeckt auch, dass er irregeführt wurde, damit er das Referat, an dem er arbeitete, nicht halten kann, dann wird ihm auch der Zugang zu Forschungsdaten gesperrt. Alle diese Ereignisse sind der Beweis für Mobbing, dessen Ursache - glaubt er - seine Herkunft ist. Als er eines Tages eine tote Ratte an seinem Eingangstor findet, beschließt er zu handeln.
Exil. Filmstill © Goethe-Institut Der herausragende Film von Visar Morina, der ähnlich wie sein Protagonist aus Kosovo stammt, ist eine Erzählung über die Erfahrungen im Exil und über die Gefühle, die den Menschen im Exil zuteil werden: Verlust, Ablehnung, mangelnde Sicherheit, gesellschaftliche Akzeptanz, Entfremdung. Xhafer ist das Gegenteil eines typischen Emigranten: er ist erfolgreich und ein eingelebtes Mitglied der neuen Gesellschaft. Trotzdem wird er in seinem täglichen Dasein von negativen Emotionen begleitet. Der Film stellt die wichtige Frage danach, in welchem Maße die gelungene Integration von den Bedingungen, welche die Sozialpolitik des jeweiligen Staates schafft abhängt und inwiefern sie von den subjektiven Gefühlen und der Sensibilität des Immigranten abhängig ist.

Visar Morina wurde 1979 in Pristina, in Kosovo geboren. Regie hat er an der Kunsthochschule für Medien in Köln studiert. Zwischen 2000 und 2004 beteiligte er sich an der Entstehung von Film- und Theaterprojekten, u.a. an der Volksbühne Berlin. Seine Arbeit als Regisseur begann er mit Kurzfilmen. Er debütierte mit dem Film „Babai“, der bei zahlreichen internationalen Festivals gewürdigt wurde, er wurde von Kosovo für den Oskar nominiert. Das Drehbuch zu „Exil“ wurde 2018 mit dem Deutschen Drehbuchpreis ausgezeichnet. 

27.01.2022
Nahschuss
Deutschland, 2021, 116'
Nahschuß. Filmstill © Goethe-Institut Regie und Drehbuch: Franziska Stünkel
Kamera: Nicolai von Graevenitz
Besetzung: Cast Lars Eidinger, Devid Striesow, Luise Heyer, Peter Benedict
Produktion: Companies Network Movie, Franks Filmproduktion, C-Films in Koproduktion mit dem ZDF und ARTE

Teilnahme an Festivals: Berlinale 2021, München 2021, Internationales Filmfestival Chicago 2021.
Preise und Auszeichnungen: One-Future-Preis für Franziska Stünkel, Filmfest, München 2021

Zweite Hälfte der 70er Jahre. Der in Ostberlin lebende Franz Walter hat soeben an der Humboldt-Universität promoviert. Der Auslandsnachrichtendienst der DDR bietet ihm einen Job und die Nominierung zum Professor sowie eine seiner künftigen Position angemessene Wohnung an, deren Standard weit über den Möglichkeiten eines Durchschnittsbürgers steht. Der darauf stolze junge Wissenschaftler lädt seine Verlobte in die Wohnung ein. Diese sagenhafte Aussicht auf ein neues Leben und auf erfolgreichen beruflichen Werdegang wird lediglich durch ein vermeintlich kleines Detail beeinträchtigt. Im Gegentausch für die gewährleisteten Begünstigungen erwartet der Staat von ihm, dass er ein Jahr lang mit dem Ministerium für Staatssicherheit, also mit der STASI zusammenarbeitet. Für einen loyalen Staatsbürger, wie Franz Walter, ist es kein größeres Problem, die Verpflichtung zur Zusammenarbeit unterschreibt er beinahe im Fluge. Die erste Aufgabe, die er bekommt, besteht darin, einen ehemaligen DDR-Fußballspieler, dem die Republikflucht gelungen ist und der jetzt in einem Hamburger Fußballklub spielt, zur Rückkehr in die DDR zu bewegen. Die Methoden, deren sich seine Dienstkameraden bedienen, sind Maßnahmen, die auch heute sehr gut bekannt sind: Provokationen, falsche Anschuldigungen, Einmischung ins Privatleben. Als das Leben des Fußballspielers auf dem Spiel steht, entschließt sich Walter auszusteigen. 
Lars Eidinger - Nahschuß. Filmstill © Goethe-Institut Die Regisseurin verrät nicht, was den Filmhelden dazu bewegt hat, mit der STASI zusammenzuarbeiten: der berufliche Werdegang, die bequeme und für die DDR-Verhältnisse recht luxuriöse Wohnung, oder der Glaube an die Richtigkeit der Politik seines Staates. Vielleicht wirkten sich alle drei Elemente auf seine Entscheidung aus. Das Drehbuch basiert auf der wahren Begebenheit: der in der DDR lebende Ingenieur Werner Teske wurde 1981 wegen Spionage zum Tode verurteilt, er war das letzte Opfer des autokratischen Regimes. Franziska Stünkel hat nicht nur einen weiteren Film realisiert, der sich auf die kürzliche deutsche Geschichte bezieht, sondern auch ein bewegendes Drama über die Verwicklung des Individuums in die verbrecherischen Machenschaften des Staates und über die daraus resultierenden Konsequenzen gezeichnet.

Franziska Stünkel wurde 1973 in Göttingen geboren. Seit 1994 studierte sie an der Hochschule für Bildende Kunst in Kassel, wo sie ihre Ausbildung zur Drehbuchautorin und Filmregisseurin absolvierte, danach studierte sie Filmwissenschaften in Hildesheim. 1999 nahm sie ein Filmstudium an der Fachhochschule Hannover auf. Bereits als Studentin drehte sie mehrere Kurzfilme, die zahlreiche Preise bei internationalen Festivals erhielten. Sie debütierte mit dem Spielfilm „Vineta“ (2006), einer Verfilmung des Theaterstücks von Moritz Rinke, wofür sie den Otto-Sprenger-Preis  für den besten Debütfilm erhielt. Sie ist ebenfalls Kunstfotografin, ihre Arbeiten wurden in zahlreichen Galerien und Museen gezeigt und gewürdigt. Der „Nahschuss“ ist ihr zweiter abendfüllender Film.

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