Deutsch lernen in Portugal
Aktivitäten innerhalb und außerhalb des Klassenraums

Deutschlehrertag 2015
Foto: Goethe-Institut / Marc Weber Paulino

Austauschreisen, Stipendien, Aktivitäten wie Theater oder Musik: Deutsch erobert Schüler mit dynamischen Methoden. Zum Deutschlehrertag 2016 sprechen drei Lehrerinnen darüber, wie sie die Sprache in Sekundarschulen in Portugal unterrichten.

Die Zahl der Schüler, die Deutsch als Fremdsprache wählen, hängt sehr davon ab, in welchem Maße die Lehrer – in diesem Fall die Lehrerinnen – an ihrer Schule Werbung für dieses Fach machen. Nach Angaben des Erziehungsministeriums ist die Schülerzahl in den drei letzten Jahren jedoch stetig gestiegen: im Schuljahr 2016/17 gibt es 7242 Schüler in 378 Deutschklassen in den Sekundarschulen des Landes, mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr (3406) und fast dreimal so viele wie vor zwei Jahren (2723).

„Ich stelle seit einiger Zeit eine zunehmende Nachfrage nach dem Erlernen der deutschen Sprache seitens der Schüler fest, aber das hängt sehr von der Werbung ab, die ich in der Schule mache", weiß Maria José Passos von der Schule Escola Secundária Fontes Pereira de Melo in Porto zu berichten.

Arbeitssprache und Kreativität

Diese Auffassung wird von den anderen Lehrerinnen bestätigt, die auch die Werbung erwähnen, die sie für das Fach und weitere schulische Aktivitäten in Zusammenhang mit Deutsch machen. Martina Sousa von der Schule Escola Básica Dr. Francisco Cabrita in Albufeira sagt, dass viele Schüler Deutsch gleich im 7. Schuljahr wählen, was vorher weniger häufig vorkam. Das dürfte mit der Zukunftsperspektive zu tun haben (in der Region „gibt es aufgrund des Tourismus eine große Nachfrage nach Personal mit Deutschkenntnissen"), aber die Gegenwart ist ebenfalls wichtig: „In unsere Schule gibt es viele Aktivitäten, die den Schülern gefallen", sagt die Lehrerin.

Marisa Alves von der Schule Escola Básica Damião de Odemira weist ebenfalls darauf hin, dass die Schüler das Fach Deutsch vor allem auch aufgrund der außerschulischen Aktivitäten wählen, und hebt dabei „die Unterstützung des Goethe-Instituts und der Deutschen Botschaft hervor". Außerdem „werden uns regelmäßig Stipendien zur Verfügung gestellt und diese Information macht auch bei den Schülern die Runde".

Die Bedeutung des Sprechens

Alle diese Lehrerinnen arbeiten an sogenannten Pilotschulen für Deutsch. Derzeit gibt es 36 Schulen dieser Art in Portugal; die Deutschlehrer an diesen Schulen werden durch das Goethe-Institut pädagogisch betreut. Dieses bietet auch außerschulische Aktivitäten an, wie etwa die Schülerzeitung Digitale Klicke (bei der 30 bis 40 Schüler von zehn Schulen mitmachen), das Schultheaterfestival Alemão em Cena in Almada (das hundert Schüler aus rund einem Dutzend Schulen zusammenbringt) oder Austauschprogramme zwischen Portugal und Deutschland (Martina Sousa, die an einer der fünf PASCH-Schulen in Portugal unterrichtet, ist gerade mit fünf Schülern von einer Austauschreise zurückgekommen).

Die neueste Form, Schüler für Deutsch zu motivieren, ist das Projekt Alemão a Caminho. Hier stellt eine junge Projektleiterin in Schulen die Sprache und das Land vor. Das erste Jahr dieses Projekts war überaus erfolgreich, so Susanne Eichenhofer vom Goethe-Institut in Lissabon. Und im November kommt die Band Isolation Berlin nach Portugal, die in Lissabon und Porto Konzerte gibt und Workshops mit den Schülern durchführt.

Alle diese Initiativen außerhalb des Klassenraums haben viel Zulauf: „Es ist schön, wenn die Schüler am Ende der Aktivität sagen, dass sie auch im nächsten Jahr wieder mitmachen wollen", sagt Martina Sousa. Und das kommt sogar bei Schülern vor, die gar keinen Deutschunterricht mehr haben. Susanne Eichenhofer erzählt, dass es eine Gruppe gibt, die seit dem 7. Schuljahr bei Alemão em Cena dabei ist: „Das sind jetzt Schauspieler". Alemão em Cena ist mehr als ein Theaterfestival: denn das dreitägige Projekt bietet neben der Präsentation der Theaterstücke zusätzlich Workshops für Musik, Tanz und Körperausdruck. Die kurzen Stücke werden von den Schülern selbst geschrieben und gespielt. „Das wichtigste Ziel ist, die Schüler zum Sprechen zu bringen", sagt Susanne Eichenhofer.

Die Spannung der Erwartung nähren: Was kommt heute dran?

Denn das Sprechen ist, nach Aussage der Deutschlehrerinnen, eine der größten Schwierigkeiten im Deutschunterricht: sehr große Klassen und Unterrichtseinheiten von 50 Minuten nur zweimal pro Woche bieten wenig Möglichkeiten, sprechen zu üben. Die schönsten Momente des Tages sind für Martina Sousa jene, in denen es ihr gelingt, mit den Schülern einen Dialog auf Deutsch zu führen.

Marisa Alves ist der Meinung, dass der Unterricht am besten ist, wenn die Schüler aktiv miteinander kommunizieren und interagieren – und sich bewegen. Auch Martina Sousa unterstreicht diesen Aspekt. „Die Schüler finden es toll, wenn im Unterricht etwas passiert. Wenn sie in den Klassenraum kommen, sind sie ganz gespannt: Was passiert heute? Es ist wichtig, Aktivitäten nicht nur außerhalb, sondern auch im Unterricht anzubieten."

Lehrer als E.T.?

Die Vorstellung, dass Deutsch eine schwierige Sprache ist, gibt es immer noch. Dabei handelt es sich aber vor allem um eine Befürchtung der Eltern, wie die Lehrerinnen Marisa Alves und Maria José Passos sagen. Tatsächlich, so Martina Sousa, finden die Schüler am Anfang das Fach Deutsch nicht schwierig. Für Marisa Alves ist darüber hinaus „das Artikulieren der Laute in seiner korrekten Form sogar vergleichsweise leichter" als in anderen Sprachen, und Maria José Passos weist darauf hin, dass die Schüler von der Aussprache überrascht sind, weil sie weniger kompliziert ist, als sie gedacht haben.

Zu den häufigsten Schwierigkeiten für die Schüler zählt Marisa Alves, „sich das Geschlecht der Wörter zu merken", was „anstrengend" ist – denn es gibt ein zusätzliches Geschlecht, das Neutrum, und in vielen Fällen ist es genau anders herum als im Portugiesischen, wie im Fall der Sonne und des Mondes.

Vielleicht wird deswegen der Deutschlehrer selbst in der Schule immer noch als jemand gesehen, der etwas anders ist. Die Kollegen machen Scherze über die zwei oder drei Wörter, die sie in der Sprache kennen. Auf die Frage, was es bedeutet, Deutschlehrerin zu sein, antwortet Martina Sousa lachend: „Wir sind ein bisschen wie E.T."