Podiumsdiskussion Koloniale Verpflichtungen: Erblasten und Perspektiven

Staatliche Museen zu Berlin Foto: © Staatliche Museen zu Berlin, Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst/Antje Voigt; Ethnologisches Museum/Martin Franken

22.11.2018, 19:00 Uhr

Goethe-Institut Lissabon

Podiumsdiskussion mit Andreas Eckert und António Sousa Ribeiro

Am 22. November um 19:00 Uhr sprechen der deutsche Historiker und Afrikawissenschaftler Andreas Eckert (derzeit Princeton University) und der portugiesische Germanist und Kulturwissenschaftler António Sousa Ribeiro über Koloniale Verpflichtungen: Erblasten und Perspektiven vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen. Die Moderation übernimmt die Anthropologin Elsa Peralta von der Universidade de Lisboa.

Frantz Fanon als Vordenker der Entkolonialisierung hat Europa zugespitzt als „Kreation der Kolonien“ beschrieben. Tatsächlich sind die ehemaligen Kolonien und Europa so eng miteinander verflochten, dass ihre geschichtliche Entwicklung nicht isoliert betrachtet werden kann. Die europäische Expansion veränderte die Welt und mit ihr Europa. Sie prägte nicht nur die eroberten und kolonisierten Gebiete in Übersee, sondern auch die europäischen Staaten selbst. Experten halten deshalb die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus für eine der Zukunftsfragen Europas.

Diese Aufarbeitung hat sich in den vergangenen Jahren zu einem virulenten Thema entwickelt, das in vielen europäischen Ländern erstmals auch auf politischer Ebene diskutiert wird. In Deutschland hat insbesondere die seit Jahren andauernde Debatte über das geplante „Humboldt-Forum“ im wieder aufgebauten Stadtschloss im Zentrum Berlins zu einer grundsätzlichen gesellschaftlichen Auseinandersetzung geführt. Fragen der Restitution geraubter Artefakte aus Afrika, Asien und Lateinamerika spielen dabei eine ebenso große Rolle wie die Zukunft der Ethnologischen Museen, der Umgang mit Archivmaterial bis hin zu den Residuen der Kolonialzeit in den europäischen Städten. In Portugal wiederum hat die Diskussion über das geplante „Museu dos Descobrimentos“ das Thema stärker in die Öffentlichkeit gebracht. Verlief die Auseinandersetzung mit der kolonialen Vergangenheit in  Deutschland und Portugal wie in vielen europäischen Ländern bislang schleppend, so scheint sie derzeit eine neue Dynamik und Dringlichkeit zu gewinnen.

Die geplante Podiumsdiskussion zum Thema „Koloniales Erbe“ zielt darauf ab, am Beispiel Portugals und Deutschlands die Herausforderungen zu benennen, vor denen die ehemaligen europäischen Kolonialmächte bei der Aufarbeitung des kolonialen Erbes stehen. Das Veranstaltungsthema ist bewusst weit gefasst: Fragen des Umgangs mit geraubten ethnologischen und künstlerischen Artefakten werden dabei ebenso reflektiert wie die Wahrnehmung der „eigenen“ kolonialen Vergangenheit bis hin zur Auseinandersetzung über koloniale Erinnerungsorte. Dabei geht es auch um den Stand der wissenschaftlichen Aufarbeitung und um Fragen des „Wie“ und der „Autorenschaft“ dieser Auseinandersetzung. 

Andreas Eckert ist Historiker und Afrikawissenschaftler. Von 2000 bis 2002 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Afrikawissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin, wo er sich 2002 habilitierte. 2006 war er Directeur d'Etudes an der Maison des Sciences de l'Homme. Von 2002 bis 2007 lehrte er als Professor für Neuere Geschichte mit Schwerpunkt Geschichte Afrikas an der Universität Hamburg. 2007 war er Visiting Professor an der Harvard University. Seit Oktober 2008 ist er Geschäftsführender Direktor des Instituts für Asien- und Afrikawissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er lehrt derzeit am Institute for Advanced Study in Princeton.

António Sousa Ribeiro ist Professor für Germanistik am Institut für Sprachen, Literaturen und Kulturen der Philosophischen Fakultät der Universität von Coimbra. Er war u. a. Präsident des wissenschaftlichen Beirats der Philosophischen Fakultät, Präsident des wissenschaftlichen Beirats des Zentrums für soziale Studien und Direktor der Abteilung für Sprachen, Literaturen und Kulturen der Philosophischen Fakultät. Er publizierte zu den Themen Komparatistik, Literaturtheorie, Kulturwissenschaften und zum Postkolonialismus. 2016 veröffentlichte er das Buch „Geometrien der Erinnerung: Postkoloniale Einstellungen“.

Elsa Peralta ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Komparatistik der Universidade de Lisboa an welcher sie derzeit auch promoviert. Ihre Arbeit basiert auf Querperspektiven aus Anthropologie und Gedächtnisforschung sowie postkolonialen Studien. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt dabei auf der Schnittstelle zwischen privatem und öffentlichem Erinnern historischer Ereignisse, mit besonderem Fokus auf der kolonialen Vergangenheit. Die Ergebnisse ihrer Arbeit veröffentlichte Peralta in zahlreichen Artikeln und Büchern sowie in den Sammelbänden Heritage and Identity: Engagement and Demission in Contemporary Society, Routledge, 2009 und Cidade e Império: Dinâmicas coloniais e reconfigurações pós-coloniais, Edições 70, 2013.


Veranstaltung in Zusammenarbeit mit der Deutschen Botschaft Lissabon. 

 

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