Ausstellung und Gespräch Tonio Kröner

Tonio Kröner Foto: © Tonio Kröner

09.11.2019 - 02.02.2020
Gespräch: 25.01.2020, 17:00 Uhr

Lissabon

Im Rahmen des internationalen Residenzprogramms der Maumaus

Im Rahmen des internationalen Residenzprogrammes der Maumaus ist der Künstler Tonio Kröner zu Gast in Lissabon. Am 9. November um 18:00 Uhr eröffnet er seine Ausstellung in der Galerie Lumiar Cité, die bis zum 2. Februar zu sehen ist. Außerdem gibt es am 25. Januar 2020 um 17:00 Uhr eine Gesprächsrunde mit dem Künstler.
 
Der lange Titel der Ausstellung wirkt provokativ. Medien könnten den Titel – eine Übersetzung des 1924 veröffentlichten Gedichts „Halfway Down“ von Alan Alexander Milnes –, beliebig nutzen, so wie es das Layout vorgibt. Trägt diese „offene“ Nutzung eines Titels durch die Medien zur Sinnstiftung einer Ausstellung bei? Der deutsche Künstler Tonio Kröner (geb. 1984) versteht das Evozieren solcher Situationen als Teil seiner künstlerischen Arbeit – Provokationen, die sich nicht nur auf die täglichen Routine von Medien und Kunstkritikern, sondern auch auf gewohnte Abläufe des Produktionsteams von Maumaus/Lumiar Cité beziehen (auf der Website von Maumaus/Lumiar Cité wird übrigens der vollständige Titel genannt).
 
Kröner übernimmt die Verantwortung für die Gestaltung des Raumes, in dem kuratorische Entscheidungen und das Schaffen der Kunstwerke an sich eins werden. Der Ausstellungstitel, der Saalzettel und die Werkliste werden auf dem Briefpapier der Galerie zu einem Poster zusammengeführt, das auch als Vorlage für die gedruckte und für den Versand gefaltete Einladung dient. Ein Tisch mit Stühlen wurde vom Künstler für den Arbeitsplatz der Leiterin der Galerie ausgewählt: ein dichtes Vorspiel für das, was das Publikum als Ausstellung wahrnehmen wird und was sich aus einer Übersetzung einer Epoche in eine andere und eine damit einhergehende Interpretation von Techniken konstituiert.
 
Im Ausstellungsraum werden mehrere großformatige Bilder präsentiert, die sich auf bestehende Werke aus der jüngeren Vergangenheit eines „anderen“ Malers beziehen. Aber die Aneignung eines gestischen Expressionismus verwandelt sich in Kröners Übersetzung in „verspannte“ Gemälde auf unkonventionellen Juteleinwänden. In den Bildern dominieren verschiedene Rottöne, die mit der Farbe der unverputzten Ziegelwände der Galerie korrespondieren. Das Format der „Originale“ wurde korrigiert, um sich dem Raum anzupassen.
 
Der viel zu lange Titel der Ausstellung kann als Leitmotiv für Kröners Verhandlungen über Ausstellungsstrategien, Malerei, Skulptur und Innenräume verstanden werden.
 
Die Übersetzung des gestischen Expressionismus in eine (diskrete) Konzeptkunst suggeriert einen Zwischenraum, eine unbequeme Mitte, wie ein Tisch in der Mitte eines Restaurants, an dem niemand sitzen will. Das scheinbare Fehlen eines freien Flusses von Gesten und Tiefen in Kröners „Expressionismus“ erlaubt ihm, das Problem der Authentizität zu umgehen und seine Perspektive auf die konkrete Zeit Ende der 1970er-, Anfang der 1980er-Jahre zu beziehen, in der eine von männlichen Künstlern geschaffene großformatige Malerei dominierte und "Die Muppets Show" als ein an Erwachsene gerichtetes Kinderprogramm ausgestrahlt wurde. Zwei Puppen bilden die Referenz zu dieser Fernsehsendung. Es sind „Statisten“, nicht berühmt wie Kermit oder Miss Piggy. Eine dieser Puppen findet sich in der Ausstellung in Alta de Lisboa, die andere im Büro von Maumaus, in der Innenstadt von Lissabon (Campo dos Mártires da Pátria, 100, 1 esq, montags bis freitags von 10 bis 13 Uhr und von 15 bis 19 Uhr).
 
Kröner, der nach dem Ende der 1970er-Jahre geboren wurde, kennt diese Epoche nur durch Recherche und aus Berichten. Er versteht sie aus seiner heutigen Perspektive als eine Zeit des Übergangs von einer Generation zur anderen, mit den noch heute gelebten psychologischen Resonanzen dieses Übergangs.
 
Unabhängig von diesen suggestiven Elementen sucht die Ausstellung nicht nach sinnlicher Höhe oder hermetischer Tiefe: Die allegorischen Referenzen sind für den Künstler vor allem Spiel- und Arbeitsmaterial, denen er ästhetische Erlebnisweisen abgewinnt.
 
Tonio Kröner (geb. 1984) lebt und arbeitet in Berlin. Zu seinen jüngsten Einzel- und Gruppenausstellungen gehören: "Tonio Kröner (ed.). Silhouettes (With text contributions by Vanessa Place, Simon Thompson and Keaton Ventura), Wien: Westphalie, 2017, Englisch, 17 x 12 cm, 68 pages, 3 spot color double-spreads, 580 ex., ISBN 978-3-903216-00-6. €9, free coffee, Nousmoules, (Wien, 2018); Is it language that they’re after? (keine*r antwortete), Kunsthalle Exnergasse (Wien, 2018); Something Stronger Than Me*, WIELS (Brüssel, 2017); Emulate & Imitate (mit Niklas Lichti), Ve.sch, (Wien, 2015); I Hate my Village, M1 Arthur Boskamp-Stiftung, (Hohenlockstedt, 2014); Vienna Complex, Austrian Cultural Forum New York (New York, 2014) und Bubbletearz, WCW-Gallery, (Hamburg, 2013).

Die Ausstellung wird vom Goethe-Institut Portugal und von der Bartholomäus-Brüderschaft der Deutschen in Lissabon unterstützt.
 

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