Vorlesungen Wie schaut man Harun Farocki

Faroki Vorlesung

Sa, 18.11.2017

12:00 Uhr – 16:00 Uhr

Moskauer Schule des neuen Films

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Im Rahmen des Filmfestivals „Blick 2017: Harun Farocki. Der analytische Blick!“ veranstaltet das Goethe-Institut Moskau gemeinsam mit dem Zentrum für Dokumentarfilm (ZDK) und der Moskauer Schule des Neuen Kinos am 11. und 18. November eine Vorlesungsreihe zum Thema „Wie schaut man Harun Farocki?“.

Das Bildungsprogramm begleitet die erste große Retrospektive des deutschen Videokünstlers und Regisseurs, Kritikers und Medientheoretikers Harun Farocki.
 
Harun Farocki (1944-2014) ist einer der bedeutendsten Figuren des kritischen Films und der visuellen Kunst der zweiten Hälfte des XX. Jahrhunderts. Er ist Pionier des Video-und Filmessays – einem Genre, das heute nicht mehr aus Kunst, Film oder Internet wegzudenken ist. Die Aufmerksamkeit des deutschen Regisseurs indischer Herkunft galt zeit seines Lebens der Rolle und Funktion visueller Technologien und Medien in Wirtschaft und Industrie. Hierbei beschäftigte er sich vor allem mit Krieg, Mechanismen der Unterdrückung ebenso wie mit Kontrollstrukturen. Farocki arbeitete dabei fast ausschließlich mit fremden Bildern und zielte darauf ab, seine Zuschauer zu schulen, diese Bilder zu analysieren und zu hinterfragen.
 
Programm für den 18. November 2017
 
12:00 —12:45
Alexej Artamonov — Filmkritiker, Autor des Magazins „Seans“, „Afisha“, Redakteur des Internetportals „syg.ma“.
Harun Farocki:  Politik des Scheins / Das unsichtbare Politische
 
12:45 —13:30
Wassilij Korezkij — Chefredakteur der Abteilung „Film“ bei Colta.ru, Dozent der Schule für Kulturjournalismus Pro Arte.
 
Von der Camera Obscura bis zur Überwachungskamera: Eine Analyse der Werke Harun Farockis.
Film und Industrialisierung, die Kamera als Expansionsinstrument – das sind Themen, auf die man oft in der Medientheorie trifft. Hauptthemen in Farockis Filmessays sind Zerstörungstechnologien, Filmtechnik und ihre Videorepräsentation. Farocki spinnt  Dziga Vertovs Metapher von der Kamera als Agent der Geheimen Staatspolizei immer weiter und zeigt seinen Zuschauern diese Entwicklung. Genauer gesagt, die Veränderungen der Optik und des Spektakel: vom Kino-Auge zur Zieloptik, vom Leinwand-Fenster zum Computerbildschirm, vom Spiegel zum Panoptikum.
 
13:30 —14:15
Boris Kljuschnikov — Philosoph und Kunsthistoriker, Dozent der RGGU und des Instituts für Zeitgenössische Kunst „BAZA“.
Harun Farocki im Ausstellungskontext: Wie der Filmessay das Verständnis der zeitgenössischen Kunst verändert.  
 
14:15 —15:00
Maxim Seleznjov — Chefredakteur des Onlinemagazins über den Autorenfilm „Cineticle“.
 
Harun Farocki als Historiker
Farocki wird in erster Linie als Medientheoretiker und Filmessayist / Dokumentarfilmer wahrgenommen. Ich würde aber gerne darüber reden, wie seine Einstellung zum Bild zu einem neuen Verständnis von Geschichte beigetragen hat. Einerseits hat die Logik der europäischen Geschichte vom  17. bis 19. Jahrhundert die Entstehung von Fotografie, Film und den Start der Epoche der technischen Reproduktion gewissermaßen „gefördert“ („Film ist nur möglich, weil Geschichte möglich ist“), andererseits begann die Geschichte selbst sich unter dem Einfluss neuer Medien zu verändern und geriet in ihre Abhängigkeit: Wir sind schon lange gewohnt, dass Geschichte dort ist, wo auch das Objektiv der Kamera drauf zielt.
 
15:00 —15:45
Andrej Silvestrov — Regisseur, Produzent, Präsident des Filmfestival Kansk, Gründer der „Liga für Experimentalfilm“.

Grenzen des Films: Tod oder Unsterblichkeit
Anfang der 2000er setze die „große digitale Revolution“ ein. Die Menschheit verlässt langsam die analoge Wirklichkeit und taucht immer tiefer in die virtuelle Welt ein. An die Stelle von Medienformen mit Anfang und Ende, wie etwa dem Film, treten nun endlose Medien, ohne Schluss und zeitliche Begrenzung. Medien – das sind in erster Linie die Beziehung des Individuums mit der Zeit. Löst sich diese Beziehung auf, taucht das Individuum in die Unendlichkeit und Unsterblichkeit der virtuellen Realität ein. Harun Farocki war einer der „Propheten“ der neuen „Revolution“. Er hat den Film aus seinem gewohnten Rhythmus katapuliert, ihn seinem Herzschlag und dem Willen seines Intellekts angepasst und so die zu seiner Zeit noch typische Opposition Videokunst vs. Filmkunst überwunden. Er hat ein neues individuelles Medium erschaffen und definierte damit als einer der Ersten den Rahmen der Kunst des 21. Jahrhunderts.
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Zielgruppe: Regisseure, Künstler, Kuratoren, Film- und Kunstkritiker und alle, die an zeitgenössischer, visueller Kultur interessiert sind. 

 

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