Vortrag, Diskussion Die Frauen und das Fremde − Wie der Feminismus heute auf die Probe gestellt wird / 16+

Meredith Haaf © Léonie Haaf

Mo, 18.04.2016

DI Telegraph Moskau

Im Rahmen der Vortragsreihe „Kritikmaschine: 50 Jahre Kursbuch“

In der letzten Silvesternacht wurden in mehreren europäischen Städten – darunter Hamburg und Köln – massenhaft Frauen von Gruppen nicht-deutscher Männer angegriffen. Seitdem etabliert sich in Deutschland in beunruhigendem Tempo eine zunehmend feindselige Stimmung gegenüber den zahlreichen Flüchtlingen, die seit vergangenem Jahr dort angekommen sind. Die Frage danach, wie mit den Fremden im eigenen Land umzugehen ist, hat eine ungeahnte Polarisierung in der deutschen Gesellschaft zu Tage gefördert und rechte Kräfte wie der AfD oder den Aktivisten aus der so genannten PeGiDa-Bewegung Aufschwung verliehen. Dabei wird das Thema „Frauenrechte“ gerne als Argument benutzt: Auf einmal könnten sich Frauen in Deutschland nicht mehr frei bewegen, ohne sexueller Belästigung durch Fremde ausgesetzt zu sein.

Auch die feministische Öffentlichkeit wird in der Debatte um „Köln“ auf die Probe gestellt wie schon lange nicht mehr. Während ein Lager die Übergriffe als Manifestation islamischer Frauenfeindlichkeit interpretiert, prangert das andere Lager solche Thesen als rassistisch an. Die Wurzeln des Konfliktes liegen jedoch tiefer. Letztendlich geht es um die Frage, wer eigentlich diejenigen sind, für die man sich als Feministin einsetzen will – und wer diejenigen sind, gegen die man sich wehrt. Feministinnen tun sich mittlerweile schon schwer damit, sich darauf zu einigen, was überhaupt eine Frau ist. Doch wenn sie der Sache der Emanzipation nicht schaden wollen, ist es höchste Zeit, sich politisch klar zu positionieren.

Meredith Haaf, geboren 1983, studierte Geschichte und Philosophie in München. Sie veröffentlichte die Bücher „Wir Alphamädchen. Warum Feminismus das Leben schöner macht“ (2008, gemeinsam mit zwei Co-Autorinnen), sowie „Heult Doch. Über eine Generation und ihre Luxusprobleme“ (2011). Sie ist Mitgründerin des feministischen Blogs maedchenmannschaft.net. Als Journalistin schreibt sie für verschiedene Zeitungen und Magazine. Sie lebt mit ihrer Familie in München.

Anlässlich des 50-jährigen Bestehens Zeitschrift „Kursbuch“, 1965 von Hans-Magnus Enzensberger gegründet, veranstaltet das Goethe-Institut 2016 unter dem Titel „Kritikmaschine“ eine globale Vortragsreihe zu aktuellen gesellschaftlichen Themen, die die Öffentlichkeit in Deutschland und den Gastländern des Goethe-Instituts umtreibt. Den Auftakt macht die freie Autorin Meredith Haaf, die mit ihren unorthodoxen Thesen zum Feminismus die öffentliche Debatte in Deutschland befeuert hat. In Moskau geplant sind Vorträge zu Feminismus, Kritik, Design und Emigration.

Die Moderatorin der Diskussion,Tatjana Wolkowa, studierte Kuratorisches Wissen in Moskau und New-York. Seit 2009 befasst sie sich mit aktivistischer Kunst. Sie gründet und co-moderiert 2011 das internationale „Media Impact“ Festival sowie den „FemClub“ 2015. Sie ist Autorin eines Kurses sowie einer Artikelreihe über Aktivistische Kunst. Eingeladen sind zudem Vertreter/innen des Zentrums für die Unterstützung von Opfern der sexuellen Gewalt „Sjostri“ und Aktivist/innen der Urban-Feminism Initiative.

Debattenreihe „Kritikmaschine“
Dieser Vortrag ist Teil der globalen Debattenreihe „Kritikmaschine“. Veranstalter sind das Goethe-Institut und das Kursbuch, eine der wichtigsten intellektuellen Zeitschriften Deutschlands. Unter anderen spricht die Journalistin Meredith Haaf über den neuen Feminismus, der Autor Wolfgang Bauer über Flüchtlinge, die Historikerin Sabine Donauer über Arbeit in der digitalen Gesellschaft und der Soziologe und Kursbuch-Herausgeber Armin Nassehi über Gesellschaftskritik. Intellektuelle aus dem jeweiligen Gastland antworten auf den Vortrag. Die Veranstaltungsreihe will unterschiedliche  Perspektiven miteinander ins Gespräch bringen, sie will nach neuen Antworten suchen – und nach neuen Fragen.

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