Musiktheater Die Maßnahme

Margarita Breitkreiz © Philipp Arnoldt

Mi, 07.11.2018 –
Do, 08.11.2018

19:00 Uhr

Meyerhold-Zentrum Moskau

Im Rahmen des Festivals „Die Heimat der Avantgarde“

07.11.2918, 20:00 Uhr    öffentliche Probe
08.11.2018, 19:00 Uhr    Premiere


Die Maßnahme ist eine Gemeinschaftsarbeit des Komponisten Hanns Eisler mit Bertolt Brecht, die in Moskau in der Übersetzung des avantgardistischen Schriftstellers Sergej Tretjakow aufgeführt wird.
 
Es gibt in diesem Bühnenwerk keine Zuschauer, nur Teilnehmende. Schauspieler, Musiker, Sänger und Publikum gewinnen alle zusammen die Erfahrung des entschlossenen Handelns mithilfe des Lehrstücks. Gemeinsam betrachten sie folgende Situation: Im Land herrscht Ungerechtigkeit, die Revolution reift heran. Wie sollen wahre Revolutionäre handeln? Einen Leidenden oder alle Erniedrigten retten? Was soll man ihnen geben – Brot oder Waffen? Oder vielleicht den Marxismus? Wenn der Zweck gut gemeint, groß und lebensverändernd ist, heiligt er tatsächlich die Mittel?
 
Die deutsche Regisseurin Fabiane Kemmann nennt Die Maßnahme „eine Übung für kognitive Beständigkeit und kritische Praxis“. In ihrer Inszenierung wird das Stück – wie von Hanns Eisler gedacht – nicht nur von einem professionellen Chor, sondern auch von einem Laienchor aufgeführt, der die Zuschauer mit einschließt.
 
Die Maßnahme hatte kein einfaches Schicksal. Im nationalsozialistischen Deutschland wurde das Stück als kommunistische Propaganda verboten. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wollten die Autoren die Rechte an die Theater nicht abgeben. Später wurde Die Maßnahme von Brechts Erben „versiegelt“.
 
Der russische Dichter Sergej Tretjakow bezeichnete seine Arbeit an der Übersetzung als „Höchststrafe“. „Die Maßnahme“, schreibt Tretjakow in seinem Buch Die Leute am Scheiterhaufen an einem Lagerfeuer, „ist wie ein Gericht aufgebaut, in dem die Hauptpersonen über den erzwungenen Mord an ihrem Kammeraden berichten und sich rechtfertigen und die Kontrollinstanz (Chor), die zugleich auch die Zuschauer vertritt, das Geschehen zusammenfasst und das Urteil spricht.“ Am Ende seines Lebens nannte Brecht die modellhafte Zusammenarbeit mit dem Publikum in diesem Stück „die Theaterform der Zukunft“ und die Gattung „didaktisches Lied“.
 
In Deutschland wurde Die Maßnahme erstmals 1997 wieder inszeniert, am Theater Berliner Ensemble.
 
Ihre große Poesie ist aus den revolutionären Hoffnungen in Russland entstanden. Es handelt sich um eines der bedeutendsten Werke Brechts und Eislers und ist dennoch in der ganzen Welt in Vergessenheit geraten. Im Jahr 2016 wurde Die Maßnahme in der Berliner Philharmonie in ihrer ursprünglichen Form mit 300 Sängern aufgeführt. In der Zeitung Tagesspiegel war anschließend zu lesen: „In Eislers Musik schlagen dazu immer wieder Bachs Passionen durch […]. Starker Tobak, den erst die Nazis verboten und nach dem Krieg Brecht selbst […]. Eislers Kunst [...] gewinnt noch immer eine staunenswerte Gegenwart […]. Dass es dem Autor letztlich nicht gelang, sein eigenes Stück auszulöschen, ist ein befreiendes Signal dieser Wiederaufführung [...]“.

Von den deutschen Schauspielern, die an der Vorstellung 2016 teilnahmen, ist in Moskau Margarita Breitkreiz dabei.

Fabiane Kemmann bringt Die Maßnahme zum ersten Mal nach Russland, in einer der interessantesten Übersetzungen des Stücks durch Sergej Tretjakow.
 
Mit Unterstützung des Goethe-Instituts und der Rosa Luxemburg Stiftung

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